Seit geraumer Zeit ringen die Ratsfraktionen um die Frage, wie stark die Grundsteuerlast vornehmlich für Hausbesitzer und Mieter künftig steigen soll. Geht es nach der Stadtverwaltung, soll der Hebesatz für Wohn- und Geschäftsgrundstücke einheitlich bleiben und von 610 auf 795 Prozent angehoben werden. In dem Fall würden vor allem Eigentümer von Einfamilienhäusern deutlich mehr Steuerlast tragen müssen. Auch Besitzer von vielen Mietwohngrundstücken müssten sich im Schnitt auf deutlich höhere Steuern einstellen.
Allerdings hat das Land NRW den Kommunen freigestellt, den Hebesatz zu splitten und dabei zwischen Wohn- und Geschäftsgrundstücken zu unterscheiden. Für Dortmund wurde im Falle einer Splittung empfohlen, den Hebesatz für Wohngrundstücke auf lediglich 621 Prozent zu erhöhen und den für Grundstücke mit Geschäfts- bzw. Gewerbebauten auf dann 1.252 Prozent.
Die Stadtverwaltung um OB Westphal lehnt diese Variante mit Hinweis auf rechtliche Risiken ab: Im Falle von Klagen könnte die Stadt bei dem Modell unter Umständen bis zu 28,5 Mio. Euro zurückzahlen müssen, rechnet die Verwaltung vor. Allerdings gibt es auch ein Gutachten, das zu der gegenteiligen Ansicht kommt und keine rechtlichen Risiken sieht.
Welches Risiko trägt die Stadt?
Die drei großen Ratsfraktionen lassen sich von den Risiken nur mäßig beeindrucken. Sie hatten früh deutlich gemacht, den Hebesatz wohl splitten zu wollen, um die größten Belastungen besonders für Wohneigentümer und Mieter abzufedern. Inzwischen sind SPD, Grüne und CDU in einen Abstimmungsmarathon gegangen, der eigentlich am Donnerstag (28.11.) im Finanzausschuss beendet sein sollte. Was sich bislang bei allen drei Fraktionen herausschält, ist ein gesplitteter Hebesatz, der unter der 700-Prozent-Marke liegen soll.
„Wir haben das Ziel, auf einen Nenner zu kommen und einen gemeinsamen Antrag vorzulegen“, hieß es noch am Mittwoch (27.11.) vonseiten der Politik. Als Basis dienen den Fraktionen weitere interne Berechnungen der Verwaltung, wie sich gesplittete Hebesätze auswirken. Zudem gibt es zu allen Berechnungen Zahlen, wie hoch das Rückzahlungs-Risiko der Stadt im Falle von Klagen wäre.
Insgesamt sieben Varianten hat die Verwaltung vorgelegt: In sechs der sieben Varianten werden die Hebesätze gesplittet; die Beispiele für Wohngrundstücke reichen von 621 Prozent bis zu 764 Prozent. Hinzu kommt das Modell eines einheitlichen Hebesatzes von 795 Prozent - das die Politik aber ablehnt.
Grundsätzlich gilt: Je stärker der Hebesatz zwischen Wohn- und Geschäftsgrundstücken gesplittet wird, desto weniger steigt die durchschnittliche Steuerlast für viele Mietwohngrundstücke. Die Belastung für Gewerbegrundstücke würde zudem kaum steigen, denn diese Grundstücke haben eine enorme Abwertung erfahren, sodass die Grundsteuerlast für Gewerbe ohnehin eher sinkt.
Diesem Prinzip folgend, kapriziert sich die SPD in den Fraktionsverhandlungen auf einen Hebesatz für Wohngrundstücke, der„knapp unter 700 Prozent liegt“, wie SPD-Finanzsprecher Fabian Erstfeld formuliert. „Wir wollen die Belastung für Eigentümer und Mieter so weit wie möglich abfedern.“
Fraktionen noch uneins
Gleichzeitig will die SPD auch das finanzielle Risiko der Stadt im Auge behalten. Bei einem Hebesatz von 695 Prozent für Wohngrundstücke etwa läge das mutmaßliche Risiko der Stadt im Falle einer Klage bei rund 16,5 Mio. Euro. Insgesamt pendelt das finanzielle Risiko zwischen 28,5 Millionen Euro und null Euro, je nach Variante.
Dabei gilt: je niedriger der Hebesatz für Wohngrundstücke, desto höher das finanzielle Risiko auf Seiten der Stadt. Die Gretchenfrage: Was steht für die Ratsfraktionen im Vordergrund? Die möglichen finanziellen Risiken der Stadt kleinzuhalten - oder die Belastung für möglichst viele Eigentümer und Mieter zu begrenzen?
Auch die Grünen wollen einen gesplitteten Hebesatz. „Uns wäre eine Größenordnung zwischen 621 und 695 Prozent am liebsten“, sagt Fraktionssprecherin Katrin Lögering. „Wichtig ist uns aber in jedem Fall eine gemeinsame Lösung“, betont Lögering. Mit welchem Vorschlag die CDU um die Ecke kommt, blieb erstmal offen. „Ja, es scheint gewisse finanzielle Risiken zu geben“, sagt CDU-Fraktionsvize Uwe Waßmann. Das werde man nicht außer Acht lassen. „Unser Hauptaugenmerk aber liegt zunächst darauf, die Belastung der Bürger so gering wie möglich zu halten.“
Eine Prozentzahl ließ sich Waßmann noch nicht entlocken. Er gehe nicht davon aus, dass in Kürze eine Einigung zu erzielen sei, sagte Waßmann. Es werde wohl auf die Finanzausschuss-Sitzung am Donnerstag (5.12.) hinauslaufen. Die Neuberechnung der Grundstücke soll für die Kommune „aufkommensneutral“ sein. Das heißt, dass auch nach einer Erhöhung der Hebesätze rund 130 Millionen Euro Grundsteuereinnahmen in die Stadtkasse fließen sollen.