Die Stadt Dortmund plant, den Grundsteuerhebesatz zu erhöhen. Von derzeit 610 Prozent soll er auf 795 Prozent steigen. Die Stadtverwaltung um Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) schlägt vor, dass der Grundsteuerhebesatz einheitlich bleiben soll. Das Land NRW hat Kommunen freigestellt, ob sie den Hebesatz zwischen Wohngebäuden und Nicht-Wohngebäuden unterscheiden.
Über den Vorschlag entscheidet der Stadtrat Dortmund im Dezember. Entscheidet der sich für eine Differenzierung, würden die Hebesätze für Wohngebäude bei 621 Prozent liegen und für Gewerbe bei 1252 Prozent. Die Stadtverwaltung will wegen rechtlicher Bedenken aber nicht unterscheiden und schlägt einen einheitlichen Hebesatz von 795 Prozent vor. Für Einfamilien- und Zweifamilienhausbesitzer würde das bedeuten, dass ihre Grundsteuer erheblich steigen würde.
Einige Eigentümer von Mietshäusern, aber vor allem die von Gewerbeimmobilien könnten profitieren. Gewerbeimmobilien und große Mietshäuser haben grundsätzlich bereits an Grundsteuerwert verloren, während Ein- und Zweifamilienhäuser wertvoller geworden sind. Ab Januar 2025 würden so Eigentümer und Mieter in Ein- oder Zweifamilienhäusern stärker belastet, was bereits jetzt für viel Unmut sorgt.
Was bedeuten die Pläne - für Eigentümer und für Mieter? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Grundsteuer: Eigentümer müssen zahlen
Markus Neuhaus, Amtsleiter der Stadtkasse und des Steueramtes in Dortmund, hat für die Stadtverwaltung beispielhaft berechnet, welche Auswirkungen, der mögliche neue Hebesatz haben könnte. Diese Beispielrechnungen sagen aber wenig über das jeweilige Grundstück jedes Eigentümers aus. Es handelt sich um Durchschnittswerte, die die neue Steuerlast veranschaulichen sollen.
Der Wert eines Grundstücks ist immer individuell. Die Steuerbescheide für diesen Wert sind vielen Eigentümern bereits zugegangen. Der Grundstückswert wird mit der vom Land NRW vorgegebenen Grundsteuermesszahl berechnet. Daraus entsteht der Grundsteuermessbetrag. Und mit diesem Betrag wird der Hebesatz multipliziert, über den der Stadtrat im Dezember entscheidet. Das Ergebnis dieser Rechnung ist die Grundsteuer.
Insgesamt konnte die Kommune vergleichbare Daten von 142.000 Grundstücken, aufgeteilt auf neun Grundstücksarten, nutzen. Die Berechnung hat Amtsleiter Neuhaus Ende Oktober 2024 vorgenommen: „Damit sind unsere Zahlen hochaktuell“, sagt Neuhaus. Der Amtsleiter weist aber auch daraufhin, dass die Rechnung nur ein Beispiel ist: „Grundstückswerte sind immer individuell zu berechnen. Die Berechnung der Stadt kann also nur eine Tendenz darstellen.“
Grundsteuer: Mieter könnten entlastet werden
Für die Einfamilienhäuser wurden 65 Prozent von rund 42.000 Grundstücken in die Rechnung einbezogen. Das Steueramt hat die Veränderungen vom alten zum neuen Grundsteuermessbetrag ausgewertet und sieben unterschiedlichen Belastungsniveaus zugeordnet. Für die beiden häufigsten Niveaustufen wurde die durchschnittliche Veränderung errechnet.
Die meisten Eigentümer von Einfamilienhäusern haben einen veränderten Grundsteuermessbetrag von 30 Prozent weniger oder 30 Prozent mehr. Durch den Hebesatz von 795 Prozent würden die Eigentümer dann bis zu 69 Prozent mehr zahlen. 35 Prozent der Einfamilienhausbesitzer, und damit die besonders hohen Ausschläge, sind in der Rechnung nicht abgebildet.
Ähnlich verhält sich das für Mietgrundstücke. Datengrundlage sind hier 58 Prozent von rund 25.000 Grundstücken ab Dreifamilienhäusern. Ein- oder Zweifamilienhäuser werden separat ausgewiesen. Von der Entscheidung zum Hebesatz sind die Nebenkosten von Mietern betroffen, die durch eine höhere Grundsteuer steigen oder sinken würden. Denn Eigentümer können die Steuer voll auf Mieter umlegen.
Trotz höherem Hebesatz könnten nun viele Eigentümer von Mietshäusern ab drei Parteien entlastet werden. Grund dafür ist ein oft geringerer Grundstückswert. Würde die Stadt Dortmund einen differenzierten Hebesatz beschließen, könnten sogar noch viel mehr Mieter entlastet werden. Gleichzeitig sinken Entlastung und Belastung, je mehr Parteien in einem Mietshaus wohnen.
Grundsteuer: Ratsfraktionen überrascht
Markus Roeser, wohnungspolitischer Sprecher vom Mieterverein Dortmund, sagte unserer Redaktion: „Ich bin überrascht, dass es bei den Mieterhaushalten, sofern sie keine Einfamilien- oder Zweifamilienhäuser anmieten, eine rückläufige bis leicht ansteigende Tendenz gibt.“ Allerdings gilt auch hier: Die berechnete Tendenz beinhaltet nur 58 Prozent der Mietshäuser. Fast die Hälfte ist also gar nicht abgebildet. Roeser warnt: „In diesen 42 Prozent könnten noch Kostenexplosionen enthalten sein.“
Auch Thomas Bach, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund in Dortmund, warnt: „Der Vorschlag der Stadt Dortmund, den einheitlichen Hebesatz für die Grundsteuer beizubehalten, führt zu einer ungleichen finanziellen Belastung zwischen reinen Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden. Die städtische Stellungnahme zeigt, dass die Neubewertung insbesondere die Belastung bei Ein- und Zweifamilienhäusern erhöht, während Nichtwohngebäude entlastet werden könnten.“
Auch die Ratsfraktionen in Dortmund hatten sich bislang für eine solche Differenzierung ausgesprochen. Davon ist bislang auch keine Partei abgerückt. Einige Ratsfraktionen sprechen sich auch weiterhin dafür aus, die Hebesätze zu differenzieren. Zudem gibt es Kritik am Vorgehen des Oberbürgermeisters Thomas Westphal bei der Grundsteuer. Ob der Vorschlag der Stadt vom Rat der Stadt angenommen wird, ist also noch nicht entschieden.
„Wohnen ist teuer genug“
Mieterverein Dortmund und Haus & Grund sprechen sich für einen differenzierten Hebesatz aus. Markus Roeser sagt: „Wohnen ist schon teuer genug. Da braucht es dringend eine Entlastung für die Menschen.“ Haus & Grund Hauptgeschäftsführer Bach erklärt: „Es wäre angebracht, dass der Rat der Stadt den Vorschlag zur Einführung einheitlicher Hebesätze noch einmal überdenkt, um eine gerechtere Verteilung der Grundsteuerlast zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden sicherzustellen.“

Die Stadt hingegen hat so große rechtliche Bedenken, dass sie nun vergangene Woche einen einheitlichen Hebesatz empfohlen hat. Der würde Gewerbeimmobilien teilweise um 10.000 Euro entlasten, während Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern eine deutlich höhere Steuerlast hätten, und teilweise auch Eigentümer von Mietshäusern. Das würde auch für Mieter in solchen Häusern Konsequenzen nach sich ziehen.
Tatsächlich liegt der Rechtsauffassung der Stadt ein Gutachten des Städtetags NRW zu Grunde. Gleichzeitig geht ein im Auftrag des Finanzministeriums NRWs erstelltes Gutachten davon aus, dass die Differenzierung der Hebesätze rechtlich zulässig ist. Thomas Bach von Haus & Grund sagt: „Das von der Landesregierung eingeholte Rechtsgutachten zeigt, dass eine vergleichbare Rechtsunsicherheit auch bei der Einführung eines einheitlichen Hebesatzes besteht.“