Entscheidung in Dortmund gefallen Grundsteuer-Hebesatz für Wohnen steigt auf 625 Prozent

Grundsteuer-Hebesatz für Wohnen steigt auf 625 Prozent
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Mieter und Hausbesitzer in Dortmund können ab dem Jahr 2025 mit einem Grundsteuer-Hebesatz von 625 Prozent rechnen. Das ist das Ergebnis von Beratungen der drei größten Fraktionen im Stadtrat, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU, wie unsere Redaktion exklusiv erfuhr. Der Grundsteuerhebesatz für Gewerbe wird auf 1245 Prozent steigen. Bislang lag der Hebesatz einheitlich für alle Grundstücke bei 610 Prozent.

Die Fraktionen haben sich nun auf einen gesplitteten Hebesatz geeinigt. Über die Einigung müssen die Ratsmitglieder am 12. Dezember noch entscheiden. Dass sich die drei größten Fraktionen vorab auf einen differenzierten Hebesatz geeinigt haben und dieser nur um 15 Prozentpunkte steigt, könnte viele Mieter und Hausbesitzer beruhigen. Die Verwaltung der Stadt Dortmund um Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) hatte aufgrund rechtlicher Bedenken einen einheitlichen Hebesatz von 795 Prozent vorgeschlagen.

Die Entscheidung der drei Fraktionen fällt mitten in einem polarisierten Bundestagswahlkampf. Zudem wurde bereits seit dem Sommer hitzig über den Grundsteuerhebesatz in Dortmund diskutiert. Einige Hauseigentümer und Mieter müssen wegen der Reform der Grundsteuer bereits mit erheblichen Steuererhöhungen rechnen. Denn viele Wohngrundstücke haben an Wert gewonnen, während Gewerbeimmobilien abgewertet wurden.

Grundsteuer: Was das für Hausbesitzer heißt

Wie genau sich der differenzierte Hebesatz auf die Steuern von Hauseigentümern und damit Mietern auswirken wird, wird noch berechnet. Grob allerdings dürften mit dem neuen Hebesatz rund 50 Prozent aller Hausbesitzer nicht mehr zahlen als zuvor, weil die Erhöhung um 15 Prozentpunkte für Wohngebäude nur eine kleine Veränderung wäre. Oberbürgermeister Westphal hatte im September erklärt: „Wir haben nicht vor, daran zu verdienen.“ Die Stadt hält sich an das Versprechen der sogenannten Aufkommensneutralität, denn die Steuereinnahmen bleiben bei 130 Millionen Euro jährlich.

Für Gewerbeimmobilien heißt der neue Hebesatz von 1245 Prozent, dass die Belastung für etwas unter die Hälfte aller Nicht-Wohngebäude steigen wird. Dennoch würde ein überwiegender Teil der Grundsteuer dann weiter von Hausbesitzern und Mietern gezahlt, deutlich weniger von den Nicht-Wohngrundstücken, also etwa Unternehmen, die Geschäftsgrundstücke haben.

Luftbild eines Wohngebiets am Phoenix-See in Dortmund-Hörde.
Luftbild vom Phoenix See: Ein Wohngebiet mit Einfamilienhäusern am See in Dortmund-Hörde. © Hans Blossey

Die drei Ratsfraktionen hatten tagelang um eine Einigung gerungen. Hintergrund ist, dass auch die Kommune eine verlässliche Finanzplanung braucht. Im Rahmen der Beratungen zum Doppelhaushalt liegen derzeit zwei Rechtsgutachten mit gegenteiligen Einschätzungen vor. Das eine Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass ein gesplitteter Hebesatz keine rechtlichen Bedenken sieht, während ein anderes vor den Folgen einer Klagewelle warnt.

Grundsteuer: Ratsfraktionen rangen um Einigung

Die Stadtverwaltung Dortmund hatte eine Risikoanalyse vorgelegt. In dieser wurden verschiedene Hebesätze kalkuliert und das Risiko von Klagen für die Finanzen der Kommune kalkuliert, genauso wie die Belastungsverteilungen der Steuer für die Bürgerinnen und Bürger in Dortmund. Mit der neuerlichen Entscheidung von SPD, Grünen und CDU gehen die drei Fraktionen das größtmögliche Risiko für die Finanzen der Kommune ein.

Von den 130 Millionen Euro, die Dortmund jedes Jahr mit der Grundsteuer einnimmt, könnten rund 27 Millionen Euro wegfallen. Voraussetzung dafür wäre, dass es viele Klagen gegen einen gesplitteten Hebesatz gibt und dass diese dann auch vor Gericht im Sinne der Kläger entschieden werden. Das allerdings ist umstritten, da die beiden existenten Gutachten unterschiedliche Rechtsauffassungen beinhalten.

Gleichzeitig sind Stadtratspolitiker und die Stadtverwaltung um Thomas Westphal (SPD) in einer schwierigen Situation. Denn besonders Städte wie Dortmund sind hoch verschuldet und auf verlässliche Steuereinnahmen angewiesen. Dass das Land NRW es den Kommunen freistellt, den Hebesatz zu splitten, hat die Diskussion erschwert. Nun gehen die Ratsfraktionen das größtmögliche Risiko ein, um die Bürger beim Grundsteuer-Hebesatz nicht noch stärker zu belasten.

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