Wenn er nicht längst im Ausland ist, dann dürfte es für Friedrich-Wilhelm Göbel schwer werden, Deutschland zu verlassen. Der Dortmunder Unternehmer, der sich im Frühjahr selbst als Retter des Karstadt-Hauses am Westenhellweg ins Spiel brachte, wird per Haftbefehl gesucht. Das heißt, so ein Sprecher des Amtsgerichts Hagen, die Fahndungsmaßnahmen sind eingeleitet, Göbel ist in jedem Fahndungscomputer der Polizei vermerkt und die Behörden an den Flughäfen sind informiert.
Das Amtsgericht Hagen hatte den Haftbefehl gegen den 60-Jährigen am Donnerstag (2.11.) erlassen, nachdem er zu einer Verhandlung nicht erschienen war. Seit „Bild“ darüber als erstes berichtete, sind vor allem die Beschäftigten und Lieferanten der Anfang 2022 von Göbel gegründeten Modehaus-Kette „Aachener“ beunruhigt.
Am Montagmorgen (6.11.) ist nun eine persönliche Mail aufgetaucht, in der sich der verschwundene Aachener-Chef an seine Führungskräfte wendet. Göbel entschuldigt sich darin für die „Sorgen, Unannehmlichkeiten und zusätzlichen Belastungen“, die durch die „Geschehnisse“ um seine Personen entstanden seien - macht gleichzeitig aber auch klar, dass es mit seiner noch jungen Modehaus-Kette weitergehen soll.
Falsche Erklärung abgegeben
„Ich hatte gehofft, meine privaten Dinge so lange stabilisieren zu können, bis die neuen Standorte eröffnet sind und unser Unternehmen sich stabil weiterentwickeln kann. Die Planung ist sichtbar für Alle nicht aufgegangen. Somit trage ich diese Schuld auf meinen Schultern“, heißt es in der Mail, über die zuerst das Fachmagazin „Textilwirtschaft“ berichtete und die auch unserer Redaktion vorliegt.

Friedrich-Wilhelm Göbel gilt in der Textilbranche als schillernde Figur, ja als „Paradiesvogel“. Er war früher für das Modehaus Sinn tätig, lebt in Dortmund und seine jüngste Unternehmensgründung war 2021 die TEH Textilhandel GmbH mit Sitz in einem Einfamilienhaus in Aplerbeck. Mit der TEH betreibt Göbel die Modekette „Aachener“. In sechs früheren Galeria-Häusern, darunter auch an der Zeil in Frankfurt, wollte er in diesem Herbst eröffnen. „Doch das Projekt stockt nach wie vor“, so die „Textilwirtschaft“.
Bei dem Gerichtstermin, zu dem Göbel in Hagen nicht erschienen ist, handelte es sich um ein Verfahren, in dem ihm vorgeworfen wird, 2020 eine falsche eidesstattliche Erklärung gegenüber einem Gerichtsvollzieher abgegeben und ein falsches Einkommen angegeben zu haben. Zudem habe er es verneint, so „Bild“, seiner damaligen Frau Isabella Göbel eine Villa in Kitzbühel für 4,7 Millionen Euro überschrieben zu haben.
„Wir sind handlungsfähig“
Von Isabella Göbel, der die traditionsreiche Hagener Modekette Sinn gehört, ist Friedrich-Wilhelm Göbel inzwischen geschieden. Bei Sinn war er im August 2021 von seiner Ex-Frau entlassen worden. Daraufhin brachte er mit Aachener seine eigene Modekette an den Start, die derzeit rund ein halbes Dutzend Filialen betreibt.
Seit Göbel abgetaucht ist, ist die Unruhe bei Geschäftspartnern und Beschäftigten sehr groß, wie das Fachmagazin „Textilwirtschaft“ berichtet. „Was soll ich denn jetzt machen, soll ich meine gelieferte Ware zurückrufen“, fragte ein Hersteller im Gespräch mit den Branchenexperten der „Textilwirtschaft“.
Das erweiterte Management-Team und Vertreter der Kapitalgeber der Aachener Gruppe versuchten angesichts der nach der „Bild“-Schlagzeile „Karstadt-Retter Göbel per Haftbefehl gesucht“ aufgekommenen Verunsicherung schon am Freitag zu beruhigen. Die „Textilwirtschaft“ zitiert exklusiv aus einem kurzen Statement, in dem die Kernbotschaft lautete: „Wir sind als Unternehmen handlungsfähig.“
Outlet läuft weiter
In Dortmund sind Friedrich-Wilhelm Göbel und seine „Aachener“ mit einem Fahrrad- und Sportartikel-Outlet im früheren Kaufhof am Westenhellweg vertreten. Nach Informationen unserer Redaktion soll das im August eröffnete Geschäft weiter geöffnet bleiben und der Ein-Jahres-Vertrag eingehalten werden. Der Geschäftsbetrieb laufe uneingeschränkt weiter, wird versichert. Man plane sogar, so heißt es, gegebenenfalls langfristig mit diesem Outlet in Dortmund zu bleiben.

In der Mail an seine führenden Mitarbeiter schreibt Friedrich-Wilhelm Göbel: „Zu keiner Zeit war unser Geschäftsmodell Teil der Diskussionen am Wochenende.“ Das Geschäftsmodell habe Erfolg. „Ich werde in den nächsten Tagen und auch darüber hinaus alles tun, um den weiteren Erfolg der Aachener Gruppe zu unterstützen.“
Bald soll Klarheit bestehen
Nach Einschätzung der „Textilwirtschaft“ soll die Mail vom Montag den Eindruck erwecken, dass das Geschäft bei der Aachener trotz allem weiterlaufen werde. Es heißt darin unter anderem: „Das erweiterte Management-Team, Herr Altenscheidt, Frau Staus, Herr Beyersdorff, unser Finanzierungspartner und ich haben in den letzten drei Tagen die Maßnahmen diskutiert, die umgesetzt werden müssen, damit die Aachener Gruppe ihre Entwicklung weiter vorantreiben kann. An der Umsetzung dieser Maßnahmen wird bereits gearbeitet und es ist davon auszugehen, dass bis Mitte dieser Woche Klarheit besteht, wie es weitergeht.“
Laut „Textilwirtschaft“ ist Susanne Staus die Einkaufschefin, Erich Beyersdorff Vertriebsleiter und Torsten Altenscheidt kümmert sich unter anderem um die Finanzplanung.
Alle drei arbeiteten schon bei Sinn mit Göbel zusammen. Der ist aber alleiniger Geschäftsführer der Muttergesellschaft von Aachener, der TEH Textilhandel GmbH in Aplerbeck. „Dass das nach dem Haftbefehl so bleibt, scheint eher unwahrscheinlich“, so die Einschätzung der „Textilwirtschaft“.
Dieser Artikel ist erstmals am 6.11.2023 erschienen.
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