Drei Frauen, eine Meinung: Das neue Rosenviertel soll eine Mischung aus hochwertigen Geschäften und individueller Gastronomie werden, finden die Geschäftsfrauen Nora (l.) und Lena (M.) Dümer und Jaqueline Suchanek vom Stadtplanungs-Büro "Stadt + Handel". Die Kleppingstraße soll eine zentrale Achse des neuen Quartiers werden.

Drei Frauen, eine Meinung: Das neue Rosenviertel soll eine Mischung aus hochwertigen Geschäften und individueller Gastronomie werden, finden die Geschäftsfrauen Nora (l.) und Lena (M.) Dümer und Jaqueline Suchanek vom Stadtplanungs-Büro "Stadt + Handel". Die Kleppingstraße soll eine zentrale Achse des neuen Quartiers werden. © Thomas Thiel

Stadt und Geschäftsleute wollen Ex-Party-Viertel in Shopping-Quartier verwandeln

rnSerie: City-Quartiere

Dortmunds City steht vor einem Wandel. Wie soll der aussehen? Dazu haben Dortmunder und Stadtplaner Ideen für neun Quartiere entwickelt. Wir stellen sie vor. Dieses Mal: das Rosenviertel.

Dortmund

, 07.08.2022, 17:45 Uhr / Lesedauer: 3 min

Einst war der nordöstliche Teil der Dortmunder City ein Publikumsmagnet weit über die Stadtgrenzen hinaus: Tausende Menschen aus der ganzen Region strömten in den 80er- und 90er-Jahren ins Ostwallviertel, das legendäre Ausgehquartier mit seinen zahlreichen Bars und Kneipen.

Wäre Dortmunds Bermudadreieck rund um die Jahrtausendwende nicht in einer Flut von Lärmbeschwerden von Anwohnern untergegangen, während die Stadt unbeteiligt zusah - die Chancen stünden nicht schlecht, dass es jetzt ein Vorzeigequartier für Jaqueline Suchanek wäre.

Stadtplanungs-Büro will Dortmunds City neu erfinden

Die Raumplanerin gehört zum Team des Stadtplanungs-Büros „Stadt + Handel“, das im Auftrag der Stadt die Dortmunder City neu erfinden soll. Suchanek und ihre Kolleginnen und Kollegen haben in den vergangenen Monaten nichts Geringeres versucht, als die einzelnen Quartiere des Stadtzentrums neu zu erfinden.

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Dabei ging es darum, zusammen mit Anwohnern und örtlichen Gewerbetreibenden das Unverwechselbare, das Besondere der einzelnen Viertel herauszuarbeiten. Im Juni stellte „Stadt + Handel“ nach einem knappen Jahr Arbeit ein erstes Zwischenkonzept vor. Es unterteilt die City in neun Quartiere, die unterschiedliche Bedürfnisse der City-Besucher bedienen sollen.

In diesem Konzept heißt das Gebiet des ehemaligen Ostwallviertels jetzt Rosenviertel. Den Namen, für den wohl die quer durchs Quartier laufende Straße „Rosental“ Pate stand, gibt es schon länger: Er kam nach dem Verschwinden der Ausgehszene auf und geht auf die örtlichen Geschäftsleute zurück.

Das Einrichtungs-Geschäft "Neue Bude" an der Viktoriastraße in Dortmund

Ein weiteres Beispiel für die Art von inhabergeführten Läden, die sich laut dem neuen Konzept verstärkt im Rosenquartier ansiedeln sollen: das Einrichtungs-Geschäft „Neue Bude“ an der Viktoriastraße. © Thomas Thiel

Statt für ausgelassene Feiernächte soll das Quartier zukünftig für hochwertige, inhabergeführte Geschäfte und individuelle kleine Cafés und Restaurants stehen. „Die Basis“ im Quartier, wie es Suchanek beim Rundgang nennt, sei schon da: „Im Vergleich zu anderen Quartieren ist das Rosenviertel schon weit.“

Die Kleppingstraße, die eine der Hauptachsen des neuen Rosenviertels sein soll, entwickele sich zu einer Gastro-Meile. Auch abseits von ihr finde man kleine Cafés und Restaurants, etwa an der Olpe und im Rosental. Und bei den Einzelhandelsgeschäften gebe es ebenfalls schon viele tolle Läden.

Das Geschäft „Hofius“ ist ein Traum für Stadtplaner

Wenn sich Suchanek ein ideales Rosenviertel-Geschäft erträumen müsste, es würde wahrscheinlich so aussehen wie das von Nora (33) und Lena (40) Dümer. Die beiden Schwestern leiten zusammen „Hofius“, ein familienbetriebener Klamotten- und Kindersachen-Laden an der Olpe. Sie beteiligten sich auch an den Anwohner- und Anlieger-Workshops, aus denen „Stadt + Handel“ das neue Konzept entwickelte.

In ihrem Laden "Hofius" verkaufen Nora und Lena Dümer Mode für alle Generationen und Kinder-Spielzeug.

In ihrem Laden „Hofius“ verkaufen Nora und Lena Dümer Mode für alle Generationen und Kinder-Spielzeug. © Thomas Thiel

„Bei uns im Viertel kann man was anderes finden als auf dem Westenhellweg“, sagt Nora Dümer. „Wir bieten hier etwas Persönliches an, wir haben Spaß an Beratung, bei uns kann man Neues entdecken und Stöbern“, findet Lena Dümer.

Das Problem sei nur: Die Menschen, die in die City kommen, wissen von all dem nichts, glaubt Nora Dümer: „Die Leute müssen einen Stoß bekommen, um die Ecke zu gehen“ - heißt: über den Westenhellweg hinaus, die Kleppingstraße hoch und hinein ins Rosenviertel.

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Um die Sichtbarkeit zu verbessern, soll die Rose zum Markenzeichen des Quartiers werden und Gäste offensiv anlocken. Auch Anwohner sollen die Blumen auf Balkonen und an Hauseingängen anpflanzen. Generell soll das dicht bebaute Rosenviertel grüner werden, sei es durch Hochbeete vor den Geschäften oder begrünte Fassaden.

Eine zentrale Rolle bei der Belebung des Quartiers soll dem Ostwallpark zukommen, der aktuell ziemlich unspektakulär daherkommt. „Nach dem Stadtgarten ist das die zweitgrößte Grünfläche der City“, sagt Suchanek, „doch da passiert noch zu wenig. Der Park geht ein bisschen unter.“

Ostwallpark soll zu einer Oase werden

Geht es nach den Stadtplanern, soll der Ostwallpark mit einer kleinen Gastronomie neu belebt werden und als Ort für Quartiersfeste genutzt werden. „Der Park könnte eine tolle Oase sein, ein echter Bürgerpark!“, meint auch Geschäftsfrau Lena Dümer. Suchanek schweben Lichterketten vor, die dem Park eine besondere Stimmung geben könnten: „Man kann hier mit ganz wenig ganz viel machen!“

Durch den neuen Park könnte auch der Zusammenhalt unter den Rosenviertel-Anwohnern weiter gestärkt werden, denkt Lena Dümer, die selbst im Quartier wohnt: „Das ist hier eine alteingesessene Nachbarschaft.“ Das Wohnen soll auch im neuen Viertel eine zentrale Rolle einnehmen, heißt es im „Stadt + Handel“-Konzept.

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Eine Rückkehr des legendären Ostwallviertels wollen weder die Dümers noch Suchanek: Die Bevölkerungsstruktur und der Besatz an Geschäften, den es mittlerweile im Viertel gebe, würden mit einem Ausgeh- und Partyviertel nicht mehr zusammenpassen. Das sei auch nicht schlimm: „Die City wandelt sich nun einmal permanent“, sagt Suchanek.

Und Wandel ist etwas Gutes, findet Nora Dümer. Sie hat es im eigenen Laden erlebt. Als die Stammkundschaft von Hofius vor einigen Jahren immer älter wurde, nahmen die Schwestern versuchsweise Kinderartikel mit ins Sortiment auf. Es klappte: Das Publikum habe sich verjüngt, mittlerweile sei Hofius ein Geschäft für alle Generationen, sagt Nora Dümer: „Man muss sich mal was trauen und sich neu erfinden.“

Zur Sache

Das Projekt

  • Das Büro „Stadt + Handel“ wurde von der Stadt Dortmund beauftragt, für eine Stärkung der City die konzeptionellen Grundlagen für ein Citymanagement zu erarbeiten. Das Projekt wird mit 100.000 Euro vom Land NRW gefördert. Das Büro begann im Juni 2021 seine Arbeit.
  • Die Experten definierten neun Quartiere innerhalb des Walls, die unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen. In vielen Werkstattgesprächen mit den Akteuren in den Quartieren wurden jeweils Zukunftsideen entwickelt. Diese wurden jetzt in einem Zwischenbericht dargelegt.
  • Der Rat der Stadt erhält am Ende dieses Jahres einen Abschlussbericht als Diskussionsgrundlage. Letztlich soll dann ein „Regiebuch“ beschlossen werden, das von einem Citymanagement für die Dortmunder City umgesetzt wird.
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