Gabriele Krösche (l.) kennt sich im Viertel aus seit vielen Jahren. Planerin Katharina Ruhr hat Ideen für die weitere Entwicklung der Innenstadt.

Gabriele Krösche (l.) kennt sich im Viertel aus seit vielen Jahren. Planerin Katharina Ruhr hat Ideen für die weitere Entwicklung der Innenstadt. © Björn Althoff

Gabriele Krösche gibt einem neuen City-Quartier in Dortmund den Namen

rnInnenstadt-Quartiere

Dortmunds City steht vor einem Wandel. Wie soll der aussehen? Jetzt gibt es Ideen für neun Quartiere. Wir stellen sie vor. Diesmal: ein Viertel mit viel Geschichte, das aber keinen Namen hatte.

Dortmund

, 31.07.2022, 05:51 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein bisschen stolz ist Gabriele Krösche ja schon auf ihre Idee. Fast habe sie sich nicht getraut, den Vorschlag zu äußern. Jetzt aber hat sie dem Viertel, in dem sie schon als kleines Mädchen auf der Straße spielen konnte, einen Namen gegeben. Und der ist fast offiziell.

Neun Innenstadt-Quartiere hat das Büro „Stadt + Handel“ ausgemacht, im Auftrag der Stadt und zur Vorbereitung eines Citymanagements. Mit den meisten Begriffen verbindet man als Dortmunder direkt einen Ort: mit dem Brückviertel, dem Osten- und Westenhellweg, der Kampstraße, mit der „grünen Stadtbühne“ um den Stadtgarten. Ja, selbst dass mit dem Katharinenviertel der Bereich um die gleichnamige Treppe gemeint ist, also das City-Entree am Hauptbahnhof – auch das klingt einleuchtend.

Erinnerungen an die Zeit nach dem Krieg

Das Problem der Planer aber: Aber wie sollte man das Innenstadt-Quartier mit der Nummer 1 bezeichnen?

Gabriele Krösche wusste eine Antwort: Klosterviertel. Sie kennt den Bereich zwischen Wall, Kuckelke und Brüderweg noch aus der Zeit nach dem Krieg, als fast alle Häuser weggebombt waren – und viele Bauprojekte späterer Jahre noch in ferner Zukunft lagen.

Das große Parkhaus Kuckelke etwa. „Früher war da nur ein Wall, über den wir rübergeklettert sind“, erinnert sie sich. Wo heute Handyläden, Kioske und eben das große graue Parkhaus sind, habe es früher ganz andere Geschäfte gegeben – unter anderem einen großen Feinkostladen.

Heute gibt es zwar auch einige Geschäfte in diesem Teil der Dortmunder Innenstadt. Die Awo hat dort ihren Sitz, das Reinoldinum der evangelischen Kirche liegt dort. Aber der größte Teil der Gebäude besteht aus Wohnungen.

Vor vielen Jahrhunderten ein wichtiger Ort

„Als wir angefangen haben, uns mit der Dortmunder City auseinanderzusetzen, ist uns aufgefallen, dass dieser Bereich immer hintenübergefallen ist“, sagt Planerin Katharina Ruhr von „Stadt + Handel“. 2000 Menschen hätten an einer Online-Befragung teilgenommen: „Und dieses Viertel ist weder positiv noch negativ erwähnt worden. Das ist bezeichnend.“

Dabei war dieser Teil Dortmunds vor vielen Jahrhunderten schon wichtig. Das wurde zuletzt sichtbar Anfang Juni 2022. Bei Bauarbeiten für die neuen Fernwärmeleitungen von DEW21 fand man Skelette, die 700 bis 900 Jahre alt sind.

Im 13. Jahrhundert ließen sich Franziskanermönche in Dortmund nieder. Bis 1805 stand hier ihr Kloster, an dem auch viele weltliche Bürger der Stadt ihre letzte Ruhestätte fanden. Heute befinden sich hier die Klosterstraße, der Mönchsgang, der Beginenhof, die Stiftstraße sowie der Brüderweg, wie die Verlängerung der Kampstraße östlich der Reinoldikirche heißt.

Noela Madrigal gehört zu den Archäologen, die bei Bauarbeiten Skelette und Knochen von 16 verschiedenen Menschen in einem langen ausgehobenen Schacht gefunden haben

Noela Madrigal gehört zu den Archäologen, die bei Bauarbeiten Skelette und Knochen von 16 verschiedenen Menschen in einem langen ausgehobenen Schacht gefunden haben © Dortmund-Agentur / Roland Gorecki

Die Wünsche: mehr Grün, weniger Verkehr, ein Straßenfest

Ist genau das heute ein Quartier ohne Namen, ohne Identität? Ja und nein, unterstreicht Ruhr. Denn der Ist-Zustand und eine Wunsch-Entwicklung für die Zukunft stehen ja trotzdem im Konzept.

„Wir sprechen von einem lebenswerten Wohnquartier, was wir hier perspektivisch ganz klar sehen“, blickt Ruhr voraus. Aber wer heute durch die Straßen gehe, dem falle auf: Es fehlt an Grün – für die Optik, aber auch für ein besseres Klima, für weniger Hitze im Sommer.

Gabrieke Krösche stimmt zu. Weniger Autos, idealerweise die Straßen nur freigegeben für die Anlieger, das wäre es doch. Auch der zweite Vorschlag der Planer gefällt ihr.

Viel Wohnraum, kein Grün, stattdessen noch Baustellen – und dennoch soll das Klosterviertel "das lebenswerte Wohnviertel für Innenstadtfans" werden.

Viel Wohnraum, kein Grün, stattdessen noch Baustellen – und dennoch soll das Klosterviertel "das lebenswerte Wohnviertel für Innenstadtfans" werden. © Björn Althoff

Irgendwann „so bekannt wie das Kaiserstraßenviertel“?

„Das Gemeinschaftsgefühl wird durch kleine Straßenfeste und Aktionen gestärkt“, stellt man sich vor. „Es geht hier ganz klar darum, die Lebensqualität für die Wohnbevölkerung zu erhöhen“, verdeutlicht Katharina Ruhr.

„Ich fänd es super, wenn das Klosterviertel irgendwann so bekannt sein würde wie das Kaiserstraßenviertel oder das Kreuzviertel“, schiebt sie hinterher: „Und dass die Dortmunder mit diesem Begriff etwas anfangen können.

Neun Innenstadt-Quartiere

Grundlage für ein Citymanagement

  • Das Büro Stadt + Handel wurde von der Stadt Dortmund beauftragt, für eine Stärkung der City die konzeptionellen Grundlagen für ein Citymanagement zu erarbeiten.
  • Das Projekt wird mit 100.000 Euro vom Land NRW gefördert und das Büro begann im Juni 2021 seine Arbeit.
  • Die Experten definierten neun Quartiere innerhalb des Walls, die unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen. In vielen Werkstattgesprächen mit den Akteuren in den Quartieren wurden jeweils Zukunftsideen entwickelt. Diese wurden jetzt in einem Zwischenbericht dargelegt.
  • Der Rat der Stadt erhält am Ende dieses Jahres einen Abschlussbericht als Diskussionsgrundlage. Letztlich soll dann ein „Regiebuch“ beschlossen werden, das von einem Citymanagement für die Dortmunder City umgesetzt wird.
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