
Die Kampstraße als "Laufsteg" - darauf setzen Jaqueline Suchanek vom Büro Stadt+Handel und Axel Schroeder von der Aktionsgemeinschaft Kampstraße. © Oliver Volmerich
Gastronomie und mehr: Wie die Kampstraße (jetzt wirklich) „Laufsteg der City“ werden soll
City-Konzept
Dortmunds City steht vor einem Wandel. Wie soll der aussehen? Dazu haben Dortmunder und Stadtplaner Ideen für neun Quartiere entwickelt. Wir stellen sie vor. Dieses Mal: die Kampstraße.
Der Anfang ist immerhin gemacht: Unmittelbar vor dem frisch eröffneten Basecamp sind erstmals auch im zentralen Abschnitt der Kampstraße die seit 14 Jahren ungenutzten Straßenbahnschienen verschwunden. Ein kleiner Fortschritt auf dem langen Weg zum „Boulevard“.
Das Ziel ist klar: Als „Laufsteg der City“ sehen die Expertinnen und Experten vom Büro Stadt+Handel die Kampstraße. Die haben sie in ihrem City-Konzept als eins von neun City-Quartieren identifiziert - in diesem Falle ein sehr schmales und langgezogenes. Abseits des Trubels von Westen- und Ostenhellweg soll man hier erholsam flanieren können, sagt Jaqueline Suchanek von Stadt+Handel. Sie spricht von einem „Wohlfühl-Boulevard.“
Axel Schroeder, Inhaber der Postergalerie an der Kampstraße, kann damit gut etwas anfangen. „Laufsteg hört sich erst einmal gut an“, sagt der Geschäftsmann. Er sieht die Kampstraße vor allem als Boulevard der guten Fachgeschäfte und der Gastronomie. Als Vorstandsmitglied der von ihm mitbegründeten Aktionsgemeinschaft Kampstraße macht er immer wieder darauf aufmerksam, dass der 1200 Meter lange Straßenzug auch jetzt schon viel zu bieten hat.

Als Boulevard der Fachgeschäfte sieht Axel Schroeder die Kampstraße schon jetzt. © Oliver Volmerich
Schroeder nennt das als Beispiele das alteingesessene Foto-Fachgeschäft Kosfeld, den Fahrrad-Handel „das Rad“ oder Apple-Händler „Gravis“ - und natürlich das traditionsreiche Café Kleimann, das im Westen der Kampstraße an der neugestalteten Westentor-Allee inzwischen viele neue gastronomische Nachbarn hat. Belebend seien auch das Basecamp und Sporthändler Decathlon.
Boulevard-Pläne von 1998
„Der Mix stimmt“, sagt Schroeder. „Was noch nicht stimmt, ist die bauliche Ausgestaltung.“ In der Tat ist der Ärger über die Umsetzung der Boulevard-Pläne (nicht nur) bei den Anliegern inzwischen groß.
Zur Erinnerung: Ende der 1990er Jahre veranstaltete die Stadt Dortmund einen Planungswettbewerb für die Neugestaltung der Kampstraße. Man wollte mit Blick auf das bevorstehende Verschwinden der Straßenbahn aus der Kampstraße die City fit machen gegen die erwartete Konkurrenz durch das damals geplante Ufo-Einkaufszentrum über dem Hauptbahnhof.
Das Ufo und sein Nachfolge-Projekt „3do“ sind längst Geschichte. Der Online-Handel ist der neue starke Konkurrent, gegen den sich die City behaupten muss. Ein schicker Boulevard könnte da helfen.

Am Brüderweg und an der Westentor-Allee ist die Umgestaltung mit viel Grün und breiten Gehwegen schon abgeschlossen. © Oliver Volmerich
Die Frage ist, ob der damals siegreiche Entwurf noch passend ist. 1998 setzte sich in dem Gestaltungswettbewerb das Düsseldorfer Architekturbüro Fritschi, Stahl und Baum durch - mit der Idee für einen breiten autofreien Boulevard, in dessen Mittelpunkt ein Lichtband mit Wasserlauf stehen sollte. „Es war ein stringentes Gesamtkonzept - mit Glaskubus vor der Petrikirche, überdachten Veranstaltungsflächen und Wasserlauf“, erinnert sich Axel Schroeder.
Bauzeitplan reicht jetzt bis 2029
Vieles davon ist allerdings aus dem aktuellen Konzept verschwunden - wie der Wasserlauf. Zu teuer und baulich wegen des darunterliegendes U-Bahn-Tunnels nur teilweise zu realisieren, stellte man nun fest. „Perfekte Planung sieht anders aus“, merkt Axel Schroeder an.

Bauzeit 12 Monate verkündet das Bauschild für die Arbeiten am Pylon. Doch zurzeit herrscht dort Baustopp. © Oliver Volmerich
Vor allem aber kommt es mit der Realisierung der Pläne nur extrem langsam voran. Seit 2008 hat die Straßenbahn an der Oberfläche ausgedient.
Kurz darauf wurde an den Rändern mit dem Umbau begonnen - mit der Westentor-Allee und dem Brüderweg. Hier wurde der Straßenraum mit Mittelfahrbahnen, breiten Gehwegen, Bäumen, Bänken und Spielpunkten umgestaltet.
Was fehlt, ist der zentrale Abschnitt zwischen Petri- und Reinoldikriche. 2016 sollte er fertig sein. Als er Zweifel an der Zeitplanung geäußert habe, sei er dafür von der Stadtspitze heftig kritisiert worden, erinnert sich Schroeder. Doch er sollte leider recht behalten.

Die Kampstraße wird noch für viele Jahre eine Baustelle bleiben. © Oliver Volmerich
Jahr um Jahr wurde der Baustart verschoben. Als es Herbst 2021 am Reinoldipylon endlich weiterging, gab es kurze Zeit später einen Baustopp, der bis heute anhält. Im Bereich Platz von Leeds werden jetzt immerhin Kanäle und Versorgungsleitungen erneuert. Die Erneuerung der jetzt schienenlosen Oberfläche vor dem Basecamp ist allerdings nur provisorisch.

Decathlon und Basecamp sorgen für neues Leben an der Kampstraße. © Oliver Volmerich
Weitergehen soll es nach dem aktuellen Bauzeitenplan in mehreren kleinen Bauabschnitten - bis ins Jahr 2029. Die Hauptarbeiten finden ab 2025 statt, weil 2024 wegen der Fußball-Europameisterschaft mit Spielen in Dortmund eine Baupause einlegen will. Warum man dafür ein ganzes Jahr braucht - auf diese Frage, gab es von der Verwaltung bislang keine Antwort. Man wolle sich den Zeitplan noch einmal anschauen, versprach Baudezernent Arnulf Rybicki.
Die betroffenen Anwohner und Geschäftsleute sehen das langsame Vorankommen der Boulevard-Pläne zunehmend mit Verärgerung und „Verzweiflung“, wie Axel Schroeder feststellt. Es sei eine schwere Zeit des Wartens, die die Betroffenen viel Zeit und viel Geld koste. „Wir hoffen sehr, dass es nun wirklich vorangeht“, sagt Axel Schroeder.
Für die Übergangszeit kündigt die Verwaltung „Zwischennutzungen“ an. Aufhübschen könnte man den unfertigen Boulevard mit mobilem Grün, deutet Jaqueline Suchanek an - vielleicht ergänzt um Wartebänke.
DAS PROJEKT
- Das Büro Stadt + Handel wurde von der Stadt Dortmund beauftragt, für eine Stärkung der City die konzeptionellen Grundlagen für ein Citymanagement zu erarbeiten. Das Projekt wird mit 100.000 Euro vom Land NRW gefördert und das Büro begann im Juni 2021 seine Arbeit.
- Die Experten definierten neun Quartiere innerhalb des Walls, die unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen. In vielen Werkstattgesprächen mit den Akteuren in den Quartieren wurden jeweils Zukunftsideen entwickelt. Diese wurden jetzt in einem Zwischenbericht dargelegt.
- Der Rat der Stadt erhält am Ende dieses Jahres einen Abschlussbericht als Diskussionsgrundlage. Letztlich soll dann ein „Regiebuch“ beschlossen werden, das von einem Citymanagement für die Dortmunder City umgesetzt wird.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
