Erste Hilfe für die verletzte Seele kommt in lilafarbenen Jacken

Notfallseelsorge in Dortmund stellt sich vor

Zuhören und da sein, wenn andere Menschen Hilfe brauchen. Oft geht es um Unfall, Tod oder Gewaltverbrechen. Dann sind die Leute der Notfallseelsorge in den lilafarbenen Jacken zur Stelle – und erleben so einiges

Dortmund

, 11.03.2018, 05:50 Uhr / Lesedauer: 3 min
Pfarrer Meinhard Elmer ist Dekanatsbeauftragter für die Notfallseelsorge der katholischen Kirche in Dortmund.

Pfarrer Meinhard Elmer ist Dekanatsbeauftragter für die Notfallseelsorge der katholischen Kirche in Dortmund. © Jörg Bauerfeld

Der Tod kommt ganz plötzlich, aus heiterem Himmel. Wie im Hörder Parkhaus, als ein 15-jähriges Mädchen an einer Stichverletzung starb. Dann werden, neben Polizei und Notarzt, auch die Notfallseelsorger gerufen. Eine ökumenische Organisation der beiden großen christlichen Kirchen.

Sie überbringen den Angehörigen die Todesnachricht oder helfen denen, die das Geschehene nur schwer verarbeiten können. Einer dieser Männer und Frauen in den lila Jacken ist Pfarrer Meinhard Elmer. Eigentlich Leiter des Pastoralverbunds Dortmund-Südwest. Als Ehrenamtler leitet er zusammen mit dem evangelischen Feuerwehrseelsorger Hendrik Münz das Team der ehrenamtlichen ökumenischen Notfallseesorge in Dortmund.

Krankheit, Sterben, Trauerbegleitung

Aber wie kommt man dazu, ein Notfallseelsorger zu werden? „Ich habe in meinem Beruf als Priester so manches erlebt rund um Krankheit, Sterben, Trauerbegleitung. Und da war so der Klassiker, der Piepser oder später das Notfallhandy, wenn im Krankenhaus jemand sterbend war“, sagt Pfarrer Meinhard Elmer. Aus dieses System der Bereitschaft entwickelte sich dann irgendwann das Notfallseelsorgersystem, was wir heute auch hier in Dortmund haben.

Die Formen der seelsorgerischen Begleitung sind dabei vielfältig. „In der ersten Phase, wo es für Hinterbliebenen darum geht, den ersten Schock zu überwinden, sind wir da, um zu stärken und zuzuhören“, sagt Meinhard Elmer.

Wenn der Mensch wieder einigermaßen „funktioniert“, verlassen die Notfallseelsorger den Einsatzort wieder. „Manchmal kann das auch mehrere Stunden dauern“, sagt Elmer. Alarmiert werden die Notfallseelsorger zumeist über die Feuerwehrleitstelle der Stadt Dortmund. Hier wird entschieden, ob diese Form der Betreuung an einem Unglücksort nötig ist. Sonst sind üblicherweise die Seelsorger der örtlichen Kirchengemeinden gefragt, wenn es um das Kümmern von Angehörigen von Verstorbenen geht.

Über 10 Jahre Polizeiseelsorger

Für Meinhard Elmer ist die Station Notfallseelsorge zurzeit mehr ein „Bürojob“ als der Dienst auf der Straße. Elmer koordiniert zusammen mit Pfarrer Münz die Einsätze der Ehrenamtler. Er macht Dienstpläne und betreut die Helfer. Koordinierende Arbeit eben. Die Ausbildung der Ehrenamtlichen kommt auch noch hinzu. durchgeführt. Bei großen Lagen ist aber auch Meinhard Elmer noch vor Ort.

Der 52-Jährige ist, was den Seelsorgedienst angeht, ein alter Hase. Seit 2003 war er Polizeiseelsorger im Bereich des Polizeipräsidiums Dortmund. Als Polizeiseelsorger gab es auch das bisher einschneidendste Erlebnis für ihn. Den Tod eines jungen Polizisten beim G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm. „Ich hatte noch am selben Tag mit ihm gesprochen. Als wir unserer Sachen packten und wieder nach Hause fahren wollten, kam die Nachricht von seinem Tod“, sagt Elmer. Plötzlich war er wieder als Seelsorger gefordert, musste zuhören und Menschen Halt geben, die durch den Vorfall auf einmal keinen Halt mehr hatten.

Eine gute Ausbildung muss sein

Wer aber gibt den Seelsorgern Halt? „Die Aufarbeitung der Vorfälle, mit denen wir konfrontiert werden, ist außerordentlich wichtig“, sagt Meinhard Elmer. „Wir müssen dafür sorgen, dass jemand, der alarmiert worden ist, auch gut aus dem Fall wieder herauskommt.“ Zudem sind die Ehrenamtler sehr gut geschult im Umgang mit dem Schmerz und der Trauer anderer Menschen. 20 Ausbildungsabende sind zu absolvieren. „Da geht es von der Theorie eines Einsatzes über die ganzen Sonderfälle. Wenn Kinder versterben oder Trauer im interreligiösen Bereich“, sagt Meinhard Elmer. „Dazu kommt, dass Trauer bei einem Christen ganz anders aussieht wie bei einem Moslem. Wir sind da viel leiser“. Die Ehrenamtler müssten wissen, wie man damit umgeht.

Aber was muss man mitbringen, um ein Notfallseelsorger zu sein? „Eine gute seelische Gesundheit und der Umgang damit. Die Nachsorge und das Wissen, wie fahre ich selber wieder runter“, sagt Meinhard Elmer. Zudem sollte man „im christlichen Glauben verankert und bereit sind, sich spezifisch für die Mitarbeit in der Notfallseelsorge aus- und fortbilden zu lassen“, so steht es auf der Internetseite der Notfallseelsorge. Für Meinhard Elmer ist klar, dass er da ist, wenn er gebraucht wird. Wenn die Seele kippt, wenn der Tod aus dem Nichts kommt.

Die aus 200 Personen bestehende Mitarbeitendenschaft der Notfallseelsorge Dortmund setzt sich zusammen aus rund 160 evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrern so wie gut 50 ehrenamtlichen Mitarbeitenden aus der evangelischen und der katholische Kirche. Es befindet sich im Team ein ehrenamtlicher muslimischer Notfallbegleiter im Aufbau.

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