
© Uwe von Schirp
AfD-Werbung am Denkmal in Dortmund: Meinungsfreiheit am Privateigentum
Landtagswahl 2022
Wahlwerbung an einem denkmalgeschützten Gebäude: Ein AfD-Politiker spannt ein Transparent in luftiger Höhe. Bürger stoßen sich daran. Doch laut Stadt Dortmund hat hier alles seine Ordnung..
Auf der einen Straßenseite hängen Plakate von größeren und kleineren Parteien an Straßenleuchten. Nichts Besonderes, denn es ist Wahlkampf für die Landtagswahl am 15. Mai. Ein Plakat der Alternative für Deutschland (AfD) hängt an den Laternen nicht.
Gegenüber allerdings ist ein rund neun Meter langes Transparent in luftiger Höhe am Geländer des Malakowturms verspannt. Der Turm über Schacht 1 der ehemaligen Zeche Westhausen wurde 1873 erbaut – ein Industriedenkmal und eine Landmarke in Dortmund-Bodelschwingh.
„Freie Bürger statt Untertanen“ steht in weißen Lettern auf hellem Blau neben dem Logo der AfD. Wahlwerbung an einem historisch wertvollen Gebäude. „Darf das sein?“, meldeten sich ein Leser in der Redaktion. Nicht zum ersten Mal bei einer Wahl.
Denkmal in Privatbesitz
Der Malakowturm befindet sich in Privatbesitz. Peter Lipa ist der Eigentümer. Nach letzten Informationen dieser Redaktion ist er AfD-Vorsitzender in Castrop-Rauxel. Die Internetseite des Landesverbandes der Partei führt ihn als „Leiter (bis April 2022)“ des Landesfachausschusses Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen.
In Castrop-Rauxel ist er zuletzt kaum noch öffentlich in Erscheinung getreten. Die AfD trat zur Kommunalwahl vor zwei Jahren für den Stadtrat in Castrop-Rauxel gar nicht erst an. Für die Bundestagswahl im vergangenen Jahr und die bevorstehende Landtagswahl kommen die Kandidaten noch nicht einmal aus dem Wahlkreis der Nachbarstadt.
2019 hing zum ersten Mal AfD-Werbung am Malakowturm: Plakate auf halber Höhe vor der Stahltür unter dem Lagerkran-Ausleger. Damals, vor der Europawahl, fehlte die denkmalrechtliche Erlaubnis. Folgen hatte das nicht. Das Denkmalamt beließ es bei einer Aufklärung Lipas über seine Rechte und Pflichten.
Für den Wiederholungsfall forderte die Stadt ihn auf, eine Erlaubnis zu beantragen. Die gab es bereits im Folgejahr zur Kommunalwahl. Peter Lipa hatte fristgemäß den Platz des Transparents (ebenfalls am Geländer), Art und Dauer der Anbringung sowie den Inhalt der Wahlwerbung benannt.
Kein Eingriff in Gebäudesubstanz
„Die denkmalrechtliche Erlaubnis zu dem Vorhaben wurde erteilt, da die Anbringung ohne Substanzeingriffe erfolgt, das Gebäude also keinen Schaden nimmt, und das Maß der Beeinträchtigung für das Erscheinungsbild aufgrund der temporären Anbringung als geringfügig bewertet wurde“, schrieb Stadtsprecher Christian Schön im Spätsommer 2020 auf Anfrage dieser Redaktion.

1873 erbaut, ist der Malakowturm das markanteste Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Westhausen. Eigentümer ist der AfD-Politiker Peter Lipa. © Uwe von Schirp
Die Inhalte der Plakate würden bei der denkmalpflegerischen Bewertung keine Rolle spielen und könnten entsprechend auch kein Grund sein, eine denkmalpflegerische Erlaubnis zu verweigern, so der Stadtsprecher damals.
Auch anderen rechtlichen Bestimmungen stehe die Wahlwerbung nicht entgegen.
Etwa hinsichtlich der Bauaufsicht: Die Landesbauordnung nehme Wahlwerbung von den gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Werbeanlagen an Gebäuden aus. Dies gelte für die Wahlen zum Europaparlament, zum Bundes- und Landtag sowie für die Kommunalwahlen gleichermaßen.
Ausdruck der Meinungsfreiheit
Aus Sicht des Ordnungsamtes gebe es ebenfalls keine Einwände. Das Banner sei am Absperrgitter am Dach des Malakowturms angebracht, die öffentliche Wegefläche werde also nicht benutzt. Demzufolge gebe es keine Berührungen zum Straßen- oder Sondernutzungsrecht.
„Das Anbringen von Wahlplakaten auf einem privaten Grundstück ist Ausdruck der allgemeinen Meinungsfreiheit“, schreibt Christian Schön. „Wenn auf dem Plakat verbotene oder strafrechtlich relevante Inhalte gezeigt würden, wäre das wiederum anders.“
Die Kunden auf den Discounter-Parkplätzen vor dem Turm schauen bei einem Besuch am Donnerstag (21.4.) eher auf den Parkverkehr als nach oben zum Turm. Von Schulterzucken bis Vorbeieilen reichen ihre Reaktionen.
Geboren 1964. Dortmunder. Interessiert an Politik, Sport, Kultur, Lokalgeschichte. Nach Wanderjahren verwurzelt im Nordwesten. Schätzt die Menschen, ihre Geschichten und ihre klare Sprache. Erreichbar unter uwe.von-schirp@ruhrnachrichten.de.
