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Digitalunterricht: „Lehrer haben dank Digitalisierung gar nicht mehr frei“
Schul-Umfrage
Lehrer in Dortmund halten die Digitalisierung der Schulen für wichtig, ganz unabhängig von Corona. Von der Politik fühlen sie sich dabei im Stich gelassen. So schätzen sie ihr eigenes Handeln ein.
Wie läuft es mit der Digitalisierung der Schulen? Fühlen sich die Lehrer ausreichend für den digitalen Unterricht ausgebildet? Das sind zentrale Fragen, auf die wir in unserer Antworten finden wollten.
In einer großen nicht repräsentativen Umfrage fragten wir Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler, die über 16 Jahre sind, nach ihrer Meinung rund um das Thema. 548 Dortmunder nahmen an der Umfrage teil, davon 176 Lehrerinnen und Lehrer. Ein Viertel von ihnen, 44 Lehrer, unterrichtet an Gymnasien. 19 Gesamtschul-Lehrer haben mitgemacht, 18 Realschul- und 28 Hauptschul-Lehrer. 12 unterrichten an Förderschulen, 37 Lehrkräfte an Grundschulen und 17 an Berufsschulen.
Digitaler Unterricht ist kein adäquater Ersatz für Präsenzunterricht
Die Lehrer geben sich selbst im Schnitt ein recht gutes Zeugnis, was den eigenen digitalen Unterricht während der Corona-Pandemie angeht. Auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (hervorragend) geben sich die 141 Lehrer, die die Frage beantwortet haben, eine 7, was in etwa ein „befriedigend plus“ bedeutet, wenn man es in Schulnoten ausdrücken will.
Fragt man sie aber danach, ob der digitale Unterricht ein vollwertiger Ersatz für normalen Unterricht sein könne, geben die 134 Lehrer, die diese Frage beantwortet haben, im Schnitt 5 Punkte, also ein „ausreichend“.
Dortmunds Schüler und Eltern bewerten den Unterricht im Schnitt schlechter. Die 55 Schüler, die die entsprechende Frage beantworten, geben eine 6, (in etwa „befriedigend minus“). Die 241 Eltern bewerten den digitalen Unterricht am schlechtesten: Im Schnitt geben sie nur eine 5, also „ausreichend“.
Viele Lehrer haben sich den Umgang mit digitalen Hilfsmitteln selbst erarbeitet
Grundbaustein für einen guten digitalen Unterricht ist neben dem Equipment, wie Endgerät, Software und stabilem Internet das technische Know-how der Lehrer. Deshalb haben wir gefragt, wie gut sich die Lehrer für den digitalen Unterricht ausgebildet fühlen. 141 Lehrer haben die Frage beantwortet.
Erschreckend ist, dass 50 von ihnen, also mehr als ein Drittel der Lehrer, sagen, dass sie sich alles selbst erarbeitet haben. Ein Lehrer schreibt anonym im Rahmen der Möglichkeit zu individuellen Äußerungen, die wir in der Umfrage angeboten haben: „Die Fortbildung der Lehrer ist rudimentär. Plattformen werden aus dem Boden gestampft, ihre Nutzung muss sich zum großen Teil selbst beigebracht werden, ehe es eine Fortbildung gibt. Lehrer haben dank Digitalisierung gar nicht mehr frei.“
Obwohl sich ein Großteil offenbar alleingelassen fühlt, geben immerhin zusammengerechnet gut 43 Prozent der Lehrer an, sich voll und ganz (13,5 Prozent) beziehungsweise eigentlich genügend (29,8 Prozent) ausgebildet zu fühlen. Aber: Rund 20 Prozent sagen, dass sie sich nicht wirklich ausgebildet fühlen.
Fortbildungen sind an Gymnasien üblich, an Grund- und Förderschulen nicht
Wir wollten außerdem wissen, ob Schulen Fortbildungen für ihre Lehrkräfte anbieten. 98 von 141 Lehrern bejahten diese Frage, das sind fast 70 Prozent.
Ein Blick auf die jeweilige Schulform offenbart aber Unterschiede: Während 80 Prozent der befragten Gymnasial-Lehrer von Fortbildungen profitieren können, sind es nur 40 Prozent der Grund- und Förderschul-Lehrkräfte.
Lehrer fordern mehr Einsatz der Politik
Über 90 Prozent der Befragten sind sich einig, dass die Digitalisierung der Schulen unabhängig von der Pandemie wichtig oder sehr wichtig ist.
Deshalb haben wir die Lehrer um eine Einschätzung gebeten und gefragt, wie gut digitale Kompetenzen an der Schule vermittelt werden.
Im Schnitt bewerten 134 Lehrer, die hier antworten, die Vermittlung mit einer 5 und damit der Schulnote „ausreichend“, und das, obwohl gut drei Viertel von ihnen findet, dass ihre Schule genug oder eher genug tue, um guten digitalen Unterricht zu ermöglichen. Der Politik stellen sie hingegen ein Armutszeugnis aus: Über 80 Prozent sagen, dass die Politik zu wenig oder eher zu wenig tue.
Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
