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Digital-Unterricht: Wie eine Schule ihre Lehrer besser macht
Digitale Lehrer-Fortbildung
Etliche Lehrer fühlen sich laut unserer Umfrage nicht genügend für den digitalen Unterricht ausgebildet. Eine Gesamtschule geht das Defizit mit einem besonderen, corona-konformen Angebot an.
Für Lehrerinnen und Lehrer hat sich mit dem ersten Lockdown der Unterrichtsalltag von einem auf den anderen Tag komplett verändert. In unserer nicht repräsentativen Umfrage zum Stand der Digitalisierung an Dortmunds Schulen gaben rund 20 Prozent von 141 Dortmunder Lehrern an, sich nicht genügend für den digitalen Unterricht ausgebildet zu fühlen. Und immerhin 10 Prozent sagten, vor der Pandemie nie mit digitalen Hilfsmitteln gearbeitet zu haben.
„Wir sind alle Digitalos“
Die Gesamtschule Scharnhorst will ihre rund 100 Lehrer „mitnehmen“, wie der Didaktische Leiter Sebastian Opitz es ausdrückt. Deshalb stand der Pädagogische Tag, den die Schule unlängst ausgerichtet hat, unter dem Motto „Wir sind alle Digitalos“.
Denn nicht allein das sechsköpfige Digitalo-Team der Schule, das anderswo wohl als IT-Team bezeichnet werden würde, kaut an dem Tag den anderen Lehrern etwas vor, sondern Lehrer aller Fächer dürfen Apps und Methoden zum digitalen Lernen vorstellen.

Die Gesamtschule Scharnhorst ist leer am Pädagogischen Tag, denn die Lehrer sitzen größtenteils im Homeoffice und nehmen dort an der Fortbildung auf Distanz teil. © Schaper
„Auf Distanz haben wir bisher noch nie einen pädagogischen Tag begangen“, sagt Sebastian Opitz im Vorfeld des „Wir sind alle Digitalos“-Tages. Erwachsen ist das Digitalo-Team aus dem ersten Lockdown.
Vor knapp einem Jahr, als die Schulen das erste Mal schließen mussten, fragte die Gesamtschule bei den Schülern ab, wie sie zuhause technisch ausgestattet sind. Die damaligen Lehrer, die diese Abfrage ausgewertet haben, sind heute das Digitalo-Team.
Viele Workshops zur Wahl auf dem virtuellen Marktplatz
Sebastian Opitz ist einer von ihnen, und er hat für den Pädagogischen Tag den virtuellen Marktplatz erstellt, auf dem sich an jenem Freitag die Lehrer tummeln.
Über das Videokonferenztool Teams hat er verschiedene Kanäle erstellt: Es gibt das digitale Klassenzimmer, die Kanäle Lern- und Quizanwendungen, Methodisches, Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern, Fachspezifisches und den offenen Austausch.
Katja Thies, die eigentlich Biologie und Deutsch unterrichtet, gibt am Vormittag eine einstündige Einführung in die vom Land NRW bereitgestellte Lernplattform Logineo für ihre Kollegen.

Wiebke Lueg und Katja Thies sind Lehrerinnen der Gesamtschule Scharnhorst und sie haben als Workshopleiterinnen an der ersten digitalen Fortbildung der Schule teilgenommen. © Heuser, Lydia
Auf den ersten Blick das recht verwirrend. Anhand ihrer Klasse 11, wo Katja Thies Beratungslehrerin ist, führt sie durch die einzelnen Funktionen.
Die Startseite der einzelnen Klassen zum Beispiel können die Lehrer individuell gestalten. Die beispielhafte 11. Jahrgangsstufe sieht auf dem Startbildschirm die Ferientage, den Stundenplan, wann die nächsten Klausuren anstehen - und wer in diesem und nächsten Monat Geburtstag hat.
PDF können alle öffnen, Word-Dateien können die Schüler besser bearbeiten
Über den Button „Aktivitäten und Materialien anlegen“ können die Lehrer Aufgaben anlegen, entscheiden, wann die Schüler diese Aufgaben sehen sollen, bis wann sie sie bearbeitet haben müssen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um den Schülern Aufgaben zu stellen.

Hinter dem Button "Aktivitäten und Materialien anlegen" verbergen sich bei Logineo viele verschiedene Aufgabenvarianten für Schüler. © Heuser, Lydia
Hausaufgaben über das Dienst-Tablet korrigieren
Die eingereichten Hausaufgaben, die die Schüler oft händisch machen und dann als Foto in Logineo hochladen, können die Lehrer über die Plattform mit ihrem Dienst-iPad korrigieren. „Das braucht etwas Eingewöhnung“, gibt Katja Thies zu.
Einige Teilnehmer sehen das ähnlich. Sie berichten etwa von Problemen beim heranzoomen oder Löschen von Markierungen.
Aber es hilft alles nichts: „Es lohnt sich, sich da einzuarbeiten. Wir werden Logineo auch im Präsenzunterricht verwenden“, gibt Katja Thies ihren Kollegen mit auf den Weg.
Neues für den Methodenkoffer
In einem zweiten Workshop am Nachmittag stellt Sportlehrerin Wiebke Lueg ein digitales Methoden-Werkzeug vor. Das webbasierte Programm „oncoo“ lässt sich einfach im Browser öffnen, ohne, dass Schüler oder Lehrer eine App runterladen müssen. Mithilfe eines Teilnahme-Codes können sie sich online beteiligen und ihren Beitrag zur Lösung einer gemeinsamen Klassen-Aufgabe leisten.

Wiebke Lueg stellte ihren Kollegen ein neues digitales Methoden-Tool vor. © Lydia Heuser
Fünf Methoden stehen zur Wahl. Mit der so genannten Kartenabfrage zum Beispiel können Gruppen zu einem Thema gemeinsam brainstormen und dann auf einer virtuellen Tafel die Gedanken gliedern und in Beziehung setzen. Das Tafelbild für den virtuellen Klassenraum, sozusagen.
Und jetzt werden die Lehrer zu Schülern.
„Welche App benutzt Ihr derzeit im Distanzunterricht?“, lautet die Frage, die die Sportlehrerin an ihre Klasse - in diesem Fall ihre Kollegen, stellt. Code generieren, an die Teilnehmer schicken, die den Code bei www.oncoo.de eingeben und loslegen.
Zügig trudeln die ersten Antworten der Lehrer ein. Und die Erkenntnis wächst: Das Programm ist wirklich spielend leicht und intuitiv zu bedienen.

Beim virtuellen Workshop konnten die Teilnehmer gleich selbst "oncoo" ausprobieren und am Brainstorming zum Thema "Welche Apps benutzt Ihr derzeit in Distanzunterricht?" teilnehmen. © Heuser, Lydia
Dem Digitalo-Team ist es wichtig, dass auch ihre Kollegen mit den neuen digitalen Werkzeugen zurecht kommen. „Wir müssen Angebote schaffen, die die Lehrer abholen“, sagt Sebastian Opitz. Beim Fortbildungstag wird es deshalb nicht bleiben. Beim wöchentlichen Logineo-Café sollen Fragen und Probleme geklärt werden können.
Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
