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Dortmunder Mediziner: So viele Corona-Antikörper bieten guten Schutz
Antikörper-Analyse
Das Klinikum Dortmund analysiert Blutspenden auf Corona-Antikörper. Der Leiter des zuständigen Instituts erklärt, welche Werte gut sind und warum er aktuell keine große Sorge vor Omikron hat.
Das Team der Blutspende am Klinikum Dortmund wertet für alle Spender im Dezember aus, wie viele Corona-Antikörper sie haben. Geimpfte können so sehen, wie hoch ihr Impfschutz vor oder nach dem Booster ist – und Ungeimpfte können erfahren, ob sie womöglich unwissend bereits infiziert gewesen sind.
Redakteur Kevin Kindel hat sein Blut im Rahmen dieser Aktion untersuchen lassen und auf Nachfrage eine Konzentration von 446 BAU pro Milliliter erfahren. BAU steht für Binding Antibody Units, also die Zahl der Antikörper-Einheiten.
Stand der Wissenschaft ändert sich ständig
„Damit haben Sie einen Impfschutz“, sagt Institutsleiter Dr. Uwe Cassens vom Klinikum. Aber wie gut ist er? Schließlich ist die Probe fast genau fünf Monate nach der Zweitimpfung (zweimal Biontech) und vor dem Booster-Termin genommen worden. Mit zunehmender Zeit lässt die Schutzwirkung der Impfung nach.
„Jede Woche ändert sich dazu etwas“, sagt Cassens. Ständig gebe es neue Erkenntnisse durch neue Studien. Schließlich ist auch die Beobachtung noch jung, dass der Impfschutz nach einem halben Jahr aufgefrischt werden muss. „Erste Studien zeigen aber, dass der Wert schon im Bereich von mehreren Hundert liegen sollte“, sagt der Mediziner.
Cassens zitiert aus einer französischen Studie mit rund 8000 Menschen zwischen 20 und 60 Jahren, die im Gesundheitswesen arbeiten. Bei einem BAU-Wert bis 141 gehe man von einem nur 10-prozentigen Schutz aus. Dann träten die meisten Impfdurchbrüche auf.
Bei Zahlen zwischen 142 und 1700, wo auch unser Redakteur lag, sehen die Forscher einen 90-prozentigen Schutz. Diejenigen Studienteilnehmer, die mehr als 1700 BAU pro Milliliter hatten, hatten keinerlei Impfdurchbrüche.
Deutliche Steigerung nach dem Booster
Nach der Probenentnahme hat die Dortmunder Testperson inzwischen ihre Booster-Impfung erhalten. Bis deren Wirkung nachweisbar ist, müsse man zwei bis vier Wochen warten, so Cassens. Dann dürften erfahrungsgemäß aber etwa 2000 bis 6000 BAU pro Milliliter Blut vorhanden sein.
Wichtig ist dem Institutsleiter aber: Jeder Mensch reagiert anders und auch der Stand der Wissenschaft verändert sich in der Pandemie schnell. Bei neuen Virus-Mutationen kann eine andere Zahl an Antikörpern nötig sein als bei vorherigen.
Was Cassens in der Diskussion um Omikron zu kurz kommt: „Viren sind nicht blöd. Jedes Virus mutiert immer.“ Viren passen sich schließlich ständig an, um zu überleben. Ob eine Mutation wirklich gefährlich ist, könne man aus seiner Sicht erst nach Monaten einschätzen. Womit er auch nicht sagen will, dass die Variante ungefährlich wäre.
Aber: „Ein Virus hat nur zwei Möglichkeiten zu überleben“, so der Transfusionsmediziner: „Entweder ist es hoch ansteckend, dann ist es in der Regel aber nicht so gefährlich. Oder es ist gefährlich, dafür aber nicht so ansteckend.“ Ansonsten würde das Virus auf die eigene schnelle Ausrottung zusteuern.
Unterschied zwischen Antikörpern und Zellreaktion
Das Immunsystem ist komplex, nicht nur die Zahl der Antikörper ist wichtig. „Es gibt seltene Fälle, wo jemand Antikörper, aber eine schlechte zelluläre Reaktion hat“, so Cassens: „Das ist aber die absolute Ausnahme.“ Von 1000 Personen, die gut Antikörper bilden, sei bei 999 auch die Antwort der Zellen auf die Infektion gut.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
