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Was, wenn Wizz-Air geht? Politik diskutiert das Scheitern des Flughafens
Dortmunder Airport
Neue Diskussionen um Dortmunds Flughafen: Die Politik will gewappnet sein, falls der Airport dauerhaft in schwere Turbulenzen geraten sollte. Ein Gutachter soll Alternativ-Szenarien entwerfen.
CDU und Grüne hatten mit dem damaligen OB-Kandidaten Andreas Hollstein vor Monaten ein Grundsatzpapier für ihre Zusammenarbeit im Rat vorgestellt. Ein Eckpfeiler: der Dortmunder Flughafen. In ihrem Papier schwören CDU und Grüne nicht nur einem Ausbau ab.
Sie gehen noch einen Schritt weiter: Sollte es der Flughafen nicht schaffen, sein Betriebsergebnis nach EU-Vorgaben Ende 2023 ausgeglichen zu gestalten, soll „ein Ideenfindungsprozess“ gestartet werden, um „Nachfolgeszenarien für die Wertschöpfung auf der Fläche des Dortmunder Flughafens zu identifizieren“. So heißt es im Papier.
CDU, Grüne und Linke Plus machen nun Nägel mit Köpfen: In der Ratssitzung am 17.12. wollen alle drei Fraktionen dazu einen gemeinsamen Antrag vorlegen. Die Chance, dass er vom Rat verabschiedet wird, ist groß: Mit 49 Stimmen verfügen Grüne, CDU und Linke Plus über die notwendige Mehrheit.
Corona hat den Wachstumskurs jäh gebremst
Stoßrichtung des Antrags: Der Rat soll einen Gutachter mit einem Alternativ-Szenario beauftragen, falls sich der Platzhirsch Wizz Air eines Tages verabschiedet. Wizz Air ist die größte Airline am Airport. Von insgesamt 2,72 Millionen Passagieren 2019 sind allein 1,8 Millionen in die Maschinen der ungarischen Gesellschaft gestiegen. Vor allem die Grünen betonen die „hohe Abhängigkeit“ von Wizz Air.
Ebenso erwartet die Politik ein Szenario für den Fall, dass der Airport es nicht schafft, bis Ende 2023 im Betriebsergebnis mindestens eine "schwarze Null" zu schreiben. So, wie es die EU in ihren Leitlinien vorgegeben hat. Die Politik jedenfalls will gerüstet sein. „Wir müssen endlich anfangen, in Alternativen zu denken“, sagt CDU-Fraktionschef Jendrik Suck.
Dabei befand sich der Flughafen über Jahre auf Wachstumskurs. Allein 2019 gab es ein Passagier-Plus von 19,1 Prozent. Das Gesamtdefizit war auf 10,4 Millionen Euro heruntergefahren. Und das für die EU wichtige Betriebsergebnis landete bei einem Minus von 400.000 Euro.
Pandemie türmt wieder hohe Verluste auf
Das war von der "schwarzen Null" nicht mehr weit entfernt. Doch Corona hat auch Dortmunds Airport empfindlich zurückgeworfen: Passagierzahlen und Erlöse sind deutlich eingebrochen.
Tatsächlich rechnet man 2020 mit maximal 1,5 Millionen Passagieren – halb so viel wie zuletzt geplant (2,95 Millionen). Am Ende des Corona-Jahres könnte sich laut Prognose erneut ein Gesamtdefizit von minus 23 Millionen Euro auftürmen. Beim EU-Betriebsergebnis richtet sich auf der Airport aktuell auf ein Minus von rund 13 Millionen ein – weit weg vom EU-Ziel. Ohne Finanzhilfen ist die "schwarze Null" unter diesen Vorzeichen nicht mehr zu schaffen.
Dabei ruhen die Hoffnungen weniger auf die Flughafen-Mutter DSW21. Stärkeres Augenmerk richtet Flughafen-Chef Ludger van Bebber auf den Bund - und auf den Flughafengipfel, bei dem Bundesverkehrsminister Scheuer vor Wochen staatliche Hilfen zumindest in Aussicht gestellt hat.
Airport will bis zu 20 Millionen Euro Beihilfen absegnen lassen
Die Corona-Schäden über Kredite wettzumachen, ist für van Bebber nicht die erste Wahl: „Wir brauchen eine Zuschusskulisse.“ Dabei könnte es um Beihilfen bis zu 20 Millionen Euro gehen. Eine Größenordnung, die sich der Flughafen aktuell von der EU genehmigen lassen möchte.
Unklar ist, ob die EU trotz der Pandemie an ihren Vorgaben für die defizitären Airports festhält. Die EU habe bereits vor der Pandemie verkündet, die Leitlinien überarbeiten zu wollen, sagt van Bebber. Der Airport-Chef geht davon aus, dass der Flughafen nach dem Auslaufen der Pandemie „2023/2024 wieder an den Aufwärtstrend vor Corona anknüpfen kann.“ Unterdessen wiederholte OB Thomas Westphal am Dienstag (1.12.) seine Idee eines "westfälischen Flughafensystems" mit einer Kooperation der drei Airports Dortmund, Münster und Paderborn.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.