Morde von Niels Högel: 4 Top-Juristen kämpfen für Ex-Klinikchef Rudolf Mintrop

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Morde von Niels Högel: 4 Top-Juristen kämpfen für Ex-Klinikchef Rudolf Mintrop

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Serienmörder Niels Högel trägt als Zeuge im Prozess gegen Ex-Klinikchef Mintrop eine schusssichere Weste. Die hat Mintrop nicht, dafür vier Anwälte, auch einen sehr berühmten Verteidiger.

Dortmund; Oldenburg

, 02.03.2022, 15:58 Uhr / Lesedauer: 2 min

Rudolf Mintrop, der Ex-Chef des Dortmunder Klinikums, ist vor dem Landgericht Oldenburg nicht alleine. In diesem Prozess muss sich Mintrop wegen der Beihilfe zur Tötung durch Unterlassung verantworten. Es geht um drei Menschen, die der Serienmörder Niels Högel im November 2001 im Klinikum Oldenburg getötet hat, als Mintrop dort Geschäftsführer war.

Vier Rechtsanwälte verteidigen Mintrop, der morgens mit dem Fahrrad zum Prozess in der Weser-Ems-Halle radelt, wohin das Landgericht aus Platzgründen ausgewichen ist. Und es sind alles andere als Durchschnitts-Juristen, die Mintrop da verpflichtet hat, im Gegenteil. Zwei sitzen übrigens rechts und links neben Mintrop, zwei hinter ihm.

Erst Carsten Maschmeyer und Ferdinand Piëch, jetzt Rudolf Mintrop

Angeführt wird die Verteidigertruppe des Rudolf Mintrop – alle anderen Angeklagten in diesem Verfahren haben weniger Anwälte – von einem der profiliertesten Strafverteidiger Deutschlands, von Dr. Gerhard Strate. Der 72-Jährige vertrat Carsten Maschmeyer ebenso wie Ferdinand Piëch und Gustl Mollath. Und er vertritt auch Alice Weidel, die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, in der Spendenaffäre.

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Aber auch die drei anderen Juristen an Mintrops Seite sind keine 08/15-Anwälte. Die Namen: Alexander S.K. Gruner, Fachanwalt für Medizinrecht aus Frankfurt. Dr. Fréderic Schneider, Strafverteidiger aus Hamburg. Leon Steinbacher, Strafverteidiger aus Frankfurt.

Während Mintrop in seinem grauen Anzug und dem grauen Hemd mit verschränkten Armen eher gelassen und ungerührt die Aussagen des Serienmörders Niels Högel verfolgt, sind die Juristen an seiner Seite auch bei kleinsten Details elektrisiert.

Högels Interview-Vertrag mit einem Privatsender

Da spielt am Mittwoch beispielsweise der Vertrag eine Rolle, den Niels Högel 2021 mit einem Privatsender geschlossen hat. Der wurde am Dienstagabend bei einer Durchsuchung der Zelle von Niels Högel im Oldenburger Gefängnis sichergestellt. Högel hat behauptet, dass er kein Geld für ein Interview erhalten hat, das er im Juni 2021 mit dem Privatsender aus der Haft heraus geführt hat. Aber hat seine Familie Geld bekommen oder ein Freund?

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Noch ist unklar, ob der Vertrag darüber Hinweise gibt. Hinter dieser Frage steckt die Frage: Wie glaubwürdig ist Högel? Dabei ist schon gerichtsbekannt, dass Högel notorisch lügt. Lügt er auch jetzt?

Und dann geht es um einen Laptop, der Niels Högel im Mai 2014 vom LKA, von der „Soko Cardio“, zur Verfügung gestellt worden ist. Darauf die Patientendaten, Krankenakten und weitere Angaben zu mehr als 100 Verdachtsfällen, die die Sonderkommission als mutmaßliche Opfer Högels seinerzeit identifiziert hatte.

Erinnerung oder Rekonstruktion oder beides?

Sie sollten Högel bei der „Rekonstruktion“ als Erinnerungshilfe dienen. Das Problem: Dieser Laptop wurde Högel zur Verfügung gestellt, noch bevor er das erste Mal überhaupt polizeilich zu diesen Fällen vernommen wurde. Fußt also sein Geständnis auf tatsächlichen Erinnerungen oder nicht?

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Am Mittwoch kann sich Högel jedenfalls an keinen einzigen der drei Menschen erinnern, die er im November 2001 im Klinikum Oldenburg getötet hat und deretwegen Mintrop jetzt vor Gericht steht: nicht an Hermann K., nicht an Franz H. und auch nicht an Maria T. Seine stets gleiche Antwort auf entsprechende Fragen des Vorsitzenden Richters Sebastian Bührmann: „Da habe ich keine Erinnerung.“

Die flehentliche Frage der Ex-Pflegedirektorin

Emotional wird es, als sich die jetzt ebenfalls angeklagte ehemalige Pflegedirektorin O. zu Wort meldet, die vor mehr als 20 Jahren das Bewerbungsgespräch mit Niels Högel am Klinikum Oldenburg geführt hatte. Högel hatte sie in seiner Aussage zuvor als „nett und aufgeschlossen“ beschrieben.

Daraufhin meldete sich O. zu Wort und fragt fast flehentlich, warum er mit seinen Sorgen und Nöten nicht einfach zu ihr gekommen sei, wenn er sie schon so vertrauensvoll erlebt habe. „In der Klinik wusste man doch: Diese Oberin ist die Schwester für die Schwestern.“

Der Prozess wird fortgesetzt