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Entwurf für neues Infektionsschutzgesetz: „Dringend verbesserungsbedürftig“
Dortmunder Politiker
Die Bundesregierung will ein neues Infektionsschutzgesetz auf den Weg bringen, das harte Anti-Corona-Maßnahmen vorsieht. Einige Dortmunder Politiker sehen das positiv - andere äußern harsche Kritik.
Ausgangssperren, Geschäfte wieder dicht, weitere Kontaktbeschränkungen - das neue Infektionsschutzgesetz, dass der Bund plant, hat es in sich. Wenn es nach dem aktuellen Entwurf beschlossen wird, steht auch Dortmund wohl wieder ein wesentlich härterer Lockdown bevor. Derzeit laufen allerdings noch heftige politische Diskussionen um die Maßnahmen, viele Politiker und Parteien sind mit dem Plan überhaupt nicht einverstanden.
Auch Dortmunder Politiker beteiligen sich an der Diskussion, wie eine kurze Umfrage dieser Redaktion zeigt. Um 11 Uhr am Vormittag schickten wir einen entsprechende Blitzumfrage raus. Bis zum Einsendeschluss um 16 Uhr kamen folgende Reaktionen.
Kauch: Maßnahmen verdrängen Menschenin die Innenräume
„Ausgerechnet die Bundesregierung, die beim Impfen und Testen versagt hat, will jetzt den Lockdown zentralisieren“, kritisiert Michael Kauch, Kreisvorsitzender der FDP den Plan des Bundes, die Maßnahmen nicht länger in Länderhand zu lassen, sondern ein bundesweites Infektionsschutzgesetz auf den Weg zu bringen. „Wenn wir mehr impfen und testen, ist die alleinige Ausrichtung der Maßnahmen an der Inzidenz nicht sachgerecht“, findet er.
Auch befürchtet er, dass Ausgangssperren und geschlossene Außengastronomien die Menschen in die Innenräume verdrängen - was gemessen an den wissenschaftlichen Einwänden der Gesellschaft für Aerosolforschung kontraproduktiv wäre.
Außerdem, so fügt Kauch hinzu: „Die komplette Schließung des Einzelhandels zerstört einen wichtigen Anreiz zum so wichtigen Testen.“

Michael Kauch, Kreisvorsitzender der FDP, befürchtet, dass die neuen Maßnahmen die Menschen mehr in die Innenräume verdrängen, wo die Ansteckungsgefahr höher ist. © Sascha Menge (Archiv)
Poschmann: „Wir müssen alle an einem Strang ziehen“
SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Poschmann hält es hingegen für richtig, wenn der Bund einheitliche Vorgaben beschließt. „Dann müssen wir alle an einem Strang ziehen, sonst bekommen wir die Pandemie nicht in den Griff“, sagt sie. Bei geringeren Inzidenzen würden Länder und Kommunen immer noch ihre Spielräume behalten und könnten regional unterschiedlich handeln.
Doch Poschmann hat auch Anmerkungen zum Gesetz: „Wichtig ist mir, dass es eine deutliche Verlängerung der Kinderkrankentage und eine Testpflicht für Unternehmen gibt.“ Außerdem fordert sie, dass Modellprojekte wissenschaftlich begleitet werden, „um daraus eine Perspektive für geschlossene Branchen zu entwickeln.“

Sabine Poschmann, SPD-Bundestagsabgeordnete für Dortmund, hält den neuen Weg der Bundesregierung grundsätzlich für richtig. „Wir müssen alle an einem Strang ziehen“, sagt sie. © picture alliance / dpa
Kurth fordert mehr Infektionsschutz in der Arbeitswelt
Wenn es nach Markus Kurth, Bundestagsmitglied der Grünen, geht, soll das neue Gesetz insbesondere in Bezug auf den Infektionsschutz in der Arbeitswelt angepasst werden. „Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen inzidenzunabhängig verpflichtet werden, die Testpflicht und das Tragen von Masken einzuführen, sowie Möglichkeiten zum Homeoffice wirklich auszuschöpfen“, fordert er.
Auch sei es nicht länger hinzunehmen, dass Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen in ihren Zimmern isoliert werden. „In Pflegeheimen, in denen alle Bewohnerinnen und Bewohner sowie das ganze Pflegepersonal bereits geimpft ist, ist das nicht nachvollziehbar.“

Markus Kurth (Grüne) ist Mitglied im Bundestag. Er hält den Gesetzesentwurf der Bundesregierung für „dringend verbesserungsbedürftig“. © Stephan Schütze (Archiv)
Davon abgesehen hält auch Kurth es für richtig, die Corona-Vorgaben bundesweit zu regeln. Das könne auch das Vertrauen in die Politik wieder stärken. „Deswegen muss die Bundesregierung sicherstellen, dass die getroffenen Regelungen verfassungsfest sind und nicht – wie eine allgemeine Ausgangssperre zuletzt von mehreren Oberverwaltungsgerichten – direkt wieder für nichtig erklärt werden.“
Er sieht noch viel Arbeit vor sich, bis aus dem Gesetzesentwurf ein nachhaltiger Plan gegen die Pandemie wird: „Statt eines umfassenden Maßnahmenplans für ein kohärentes und rechtssicheres Vorgehen legt die Bundesregierung dem Bundestag leider nunmehr einen dringend verbesserungsbedürftig Änderungsentwurf vor“, moniert er.
Von CDU, AfD und Linke erreichten uns keine Stellungnahmen.
In Lippstadt aufgewachsen, zum Studieren nach Hessen ausgeflogen, seit 2018 zurück in der (erweiterten) Heimat bei den Ruhr Nachrichten.
