Diesel-Skandal bringt Dortmunds Autoverkäufer in Erklärungsnot

Zu hohe Stickoxid-Werte

Wie hälst du's mit der Stickoxid-Belastung? Der Diesel-Skandal bringt diese Frage wieder in die Schlagzeilen. Auch in Dortmund misst das Landesamt für Umwelt NRW fast täglich Überschreitungen der erlaubten Stickoxid-Grenzwerte. Ein Fahrverbot steht zwar offenbar noch nicht zur Debatte, die Autohändler geraten aber immer weiter unter Druck. Fragen und Antworten zum Thema.

DORTMUND

von Florian Forth

, 02.08.2017, 02:37 Uhr / Lesedauer: 3 min
An der Messstation Brackeler Straße werden fast täglich zu hohe Stickstoffdioxidwerte gemessen.

An der Messstation Brackeler Straße werden fast täglich zu hohe Stickstoffdioxidwerte gemessen.

Wie hoch ist die Belastung?

Am Dienstag (1.8.) um 15 Uhr wurde an der Brackeler Straße ein Wert von 90 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft gemessen. Das ist – trotz stetig sinkender Werte – deutlich zu viel. Im laufenden Jahr liegen die vorläufigen Messwerte im Durchschnitt bei rund 54 Mikrogramm pro Tag.

Die Station ist eine von bundesweit 513 Messstationen für Luftqualität. Das Landesamt für Umwelt NRW erhebt dort seit 2005 stündlich den Stickstoffdioxid-Gehalt in der Luft. An weiteren Stationen in Eving und der Steinstraße liegen die Werte meist darunter.

Das städtische Umweltamt misst außerdem die Belastung an verschiedenen Straßen in Dortmund. Danach ist die Stickstoffdioxid-Belastung unter anderem an der Ruhrallee, der Märkischen Straße und an der  B 1 besonders hoch. Diese Erkenntnisse seien generell auf viel befahrene Innenstadt-Straßen übertragbar, sagen die Experten.

Wie hoch sind die Grenzwerte?

Laut EU-Verordnung darf der Jahresmittelwert 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreiten. Das entspricht umgerechnet etwa dem Gewicht eines Viertel Sandkorns verteilt in 1000 Litern Luft. Klingt wenig, doch laut Landesumweltamt sei die Belastung etwa für Asthmatiker schon bei geringen Konzentrationen spürbar. Auch Pflanzen können demnach bereits ab 30 Mikrogramm geschädigt werden.

Um die Gesundheit der Bürger zu schützen, darf ein Wert von 200 Mikrogramm zudem nur an höchstens 18 Tagen im Jahr überschritten werden. Dieser sogenannte Ein-Stunden-Grenzwert wird in Dortmund jedoch nur selten erreicht – zuletzt am 28. März (208 Mikrogramm).

Was sagt die Stadt Dortmund?

Beim Thema Luftreinhaltung verweist Stadtsprecher Maximilian Löchter an die Bezirksregierung. Die Grünen im Rat verweisen dagegen auf ein Schreiben der Bezirksregierung von Mitte Juli. Nachdem der Rat die Aufsichtsbehörde aufgefordert hatte, „den Luftreinhalteplan um weitere Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des NOx-Grenzwertes zu ergänzen“.

In ihrem Antwortschreiben teilt die Bezirksregierung mit, dass die Stadt Dortmund prüfen solle, welche kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen „planunabhängig“ ergriffen werden können. „Enttäuschend und „wenig hilfreich“ finden das die Grünen im Rat. „Es bleibt das Gefühl, dass hier der Schwarze Peter lediglich von einem zum anderen geschoben wird“, kritisiert die Sprecherin der Grünen-Ratsfraktion Ingrid Reuter. 

Drohen jetzt auch in Dortmund Fahrverbote?

Anders als in Stuttgart und München drohen den Autofahrern in Dortmund zunächst wohl keine Konsequenzen. Das sagt Benjamin Hahn, Pressesprecher der Bezirksregierung Arnsberg. Sie ist zuständig für die Einhaltung des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet Ost – und damit auch für ein mögliches Fahrverbot.

Ganze Innenstädte für Dieselfahrzeuge sperren würde man nur ungern, sagt Hahn. Man warte diesbezüglich auf eine einheitliche Bundesgesetzgebung. Bundesregierung und Autoindustrie wollen sich heute zum Diesel-Gipfel treffen und über die Konsequenzen aus dem Skandal beraten.

Was sagen die Autohändler in Dortmund?

Die Autohändler in Dortmund sorgen sich zunehmend. Von den großen Autohäusern ein Statement zu den Folgen des Skandals einzuholen, ist allerdings kaum möglich. Ob bei Mercedes, BMW oder der Hülpert-Gruppe (unter anderem VW und Audi): Überall wurde man seit Montag weiterverbunden und vertröstet. Stellung nehmen möchte aktuell offenbar kaum jemand aus der Branche. Der Kia-Autohändler Jörg Gerth aus Aplerbeck sagt aber ganz klar: „Im Moment verkaufen wir fast keine Diesel-Fahrzeuge.“

Ganz so weit geht Michael Lahr nicht. Er verkauft Autos zahlreicher europäischer Marken in Eving – darunter auch weiterhin Dieselfahrzeuge. „Ich würde mir nach wie vor einen Diesel zulegen“, sagt Lahr. Er nimmt die Konzerne jedoch in die Pflicht: „Die Hersteller sind jetzt gefordert, klare Kante zu zeigen.“ Er sieht sie durch den immensen Druck in einer Situation, in der sie die Autos der Kunden kostenlos nachrüsten müssten. Denn die Käufer seien schließlich die Leidtragenden.

Aktuell einen Diesel an den Mann zu bringen, sei hingegen nicht einfach: „Wir sind ständig in Erklärungsnot“, berichtet der Geschäftsführer des Autohauses. Viele Kunden überlegten, sich einen Benziner statt eines Diesels zu kaufen.

Dabei gebe es derzeit auf Langstrecken noch keine Alternative dazu, wenn man auch die Kosten im Blick behalten möchte. Elektroautos seien bisher kaum erschwinglich, die Batterien noch nicht leistungsstark genug. Lahr sieht Elektroautos frühestens in fünf Jahren als Konkurrenz zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Und selbst die werde es darüber hinaus noch lange geben, ist er sich sicher.

Schlagworte:

Dortmund am Abend

Täglich um 18:30 Uhr berichten unsere Redakteure für Sie im Newsletter Über die wichtigsten Ereignisse des Tages.

Lesen Sie jetzt