Der Hafenspaziergang im Foto-Überblick
Ein Viertel im Wandel
Zwischen Containern, Kneipen und Kunst hat sich das Dortmunder Hafen-Quartier am Samstag von seiner besten Seite gezeigt. Doch der diesjährige Dortmunder Hafenspaziergang fällt auch in eine Zeit der Veränderungen, von denen nicht jeder ganz überzeugt ist. Wir haben Fotos gemacht und mit den Anwohnern gesprochen.

Beim Hafenspaziergang konnte sich die Nordstadt von ihrer besten Seite zeigen. Erstmals verband eine Pontonbrücke die Ufer des Hafenbeckens. © digital
Der Dortmunder Hafen ist im Wandel, könnte zum neuen Szeneviertel werden. Beim Hafenspaziergang am Samstag war das nur allzu gut zu sehen: An der Speicherstraße ist das Kopfsteinpflaster aufgerissen. Ein paar Meter weiter – am „Herr Walter“ – stehen Foodtrucks. Es gibt Essen aus Eritrea, aus Pakistan, schwarze Burger und Kanelbullar, Zimtschnecken aus Schweden. Nur eine Currywurst sucht man vergebens.
In den kommenden Jahren wird am Hafen einiges passieren: Mehr Grünflächen und eine Uferpromenade, die sich am Wasser entlang zieht, wird es geben. Der Platz am Kai der „Santa Monika“ soll zu einem Ort für Veranstaltungen werden. Aber auch ein Büroneubau ist dort geplant. Unter dem Titel „Heimathafen“ soll in einem der Gebäude an der Speicherstraße ein Bildungs- und Begegnungszentrum entstehen. Es ist ein Großprojekt, das das Viertel wandeln wird.
Mit dem Beginn dieses Wandels fällt der diesjährige Hafenspaziergang zusammen. Führungen durch drei Kirchen im Viertel, Kunstprojekte und Konzerte zeigen das Quartier von seiner besten Seite. Das THW baut eine Pontonbrücke über das Hafenbecken auf. Einer der zentralen Punkte ist das alte Hafenamt. In den Räumen des Dortmunder Wahrzeichens sitzt unter anderem die Kommunikationsagentur „Der Kraken“. Während die Containerkräne stillstehen, können Besucher bei ihnen T-Shirts gestalten und Riesenseifenblasen blasen.
Ulrich Weber arbeitet beim„Kraken“. Auf die Frage, ob der Hafen das neue Kreativviertel sei, hat er eine eher skeptische Antwort: „Das soll er mal werden, ist er aber noch nicht.“ Der Standort sei attraktiv und einige Kreative hätten sich dort schon niedergelassen. Große Teile des Geländes seien aber immer noch der Industrie vorbehalten – auch wenn Geschäftsräume neu vergeben werden. Das Hafenamt und die „Tyde Studios“ in dessen Schatten seien Beispiele für Ausnahmen.
Das ist eben auch der Dortmunder Hafen: Szenelokale existieren auf wenigen hundert Metern neben einem Lkw-Fahrer, der sich mittags im Schatten seines Anhängers den Bart schneidet.
„Jeder nach seiner Facon“
Sprung über die Mallinckrodtstraße. Die Hauptschlagader der nördlichen Innenstadt trennt das Industriegebiet am Hafen vom Wohnviertel. Viele der Aktionen des Hafenspazierganges finden auch hier statt.
Auf der Yorkstraße trägt ein mittelalter Mann eine offenbar schwere Plastiktüte nach Hause – oder irgendwo anders hin. Seine Jogginghose wirkt, als wäre sie einem klischeehaften Ruhrpott-Bildband entnommen. Zwei Minuten und eine Querstraße weiter: Eine junge Frau mit stylischem grauen Mantel und kurzen blonden Haaren geht mit einem Freund in Richtung Hafen. In Ohren und Nase hat sie Piercings.
„Lass doch jeden nach seiner Facon seelig werden“, kommentiert Erika Kötter dieses Zusammenleben. Seit 45 Jahren wohnt sie im Hafen-Quartier. Der Kiosk an der Scharnhorststraße, den sie zusammen mit ihrem Mann betreibt, ist ein Anlaufpunkt im Viertel.
„Ich lebe gern hier“
Sie erzählt gern von ihrem Viertel. Die Frage, ob der Hafen das neue Kreuzviertel werde, stimmt Erika Kötter schließlich jedoch nachdenklich. „Hier wohnen nicht die Reichen der Reichen“, sagt sie, „und einige kleine Wohnungen wurden jetzt schon zu größeren zusammengelegt.“ Auch diese Form von Wandel könnte dem Hafen-Quartier möglicherweise bevorstehen.
Beim Erkunden zwischen Hauptbahnhof und Wasserkante lassen sich dafür schon erste Anzeichen erkennen: Viele Kreativinseln, wie zum Beispiel der „Rekorder“ laden die Hafenspaziergänger zum Reinstöbern ein. In der schicken Szenekneipe „Sissikingkong“ ganz im Südwesten des Viertels wird es am Abend eine Abschlussparty geben. Im Blücherpark gegenüber des „Subrosa“ werden bereits am Mittag die Bühnen für ein kleines Festival aufgebaut.
Das Viertel unmittelbar an der Innenstadt ist attraktiv, nicht nur wegen seiner Lage. Viele der geplanten Veränderungen versprechen, dass es noch attraktiver wird. „Ich leben gern hier“, sagt Erika Kötter. Und in Zukunft? „Ich bin ja mal gespannt.“