
Der „Asi-Park“: Die große Liebe in der Großraumdisko
Legenden des Dortmunder Nachtlebens
Früher als „Asi-Park“ verschrien, heute als „Rush Hour“ von Tausenden gefeiert: Die Halle an der Straße Am Spähenfelde, hat eine über 30-jährige Tanzkultur-Geschichte. Für unseren Autoren hat sie große persönliche Bedeutung.
Ohne den „Asi-Park“ wäre ich nicht der, der ich heute bin. Die ehemalige Eissporthalle mit langer Diskotheken-Geschichte vom „Central Park“ bis zur heutigen „Rush Hour“, hat mein Leben verändert, damals am 15. Januar 2000.
Ich schleppe mich nach einem langen Tag als freier Zeitungsschreiber bei der Dortmunder Hallenfußball-Stadtmeisterschaft für die Aussicht auf ein bisschen Metal, Nu-Rock, Grunge und günstiges Bier ins „Big Island“, wie die Disko damals heißt. Und finde die Liebe meines Lebens.
Wir hatten uns einige Wochen vorher schon einmal kurz dort gesehen, jetzt also wieder. In meiner Erinnerung hat sich damals die Tanzfläche wie das ägyptische Meer aufgeteilt, als stünde funky Moses persönlich am DJ-Pult. Ich habe unter Hunderten nur noch dieses Mädchen gesehen, das heute meine Frau, meine Familie, ist.
Limp Bizkit und die Liebe
Blickkontakt, Gespräche gegen die Lärmwand von Limp Bizkits „Nookie“, dann in eine ruhigeren Ecke besser kennengelernt. Telefonnummern müssen wir damals noch im Kopf behalten. Die gesamte Taxifahrt nach Hause sage ich innerlich die sechs Zahlen der Huckarder Nummer auf, um sie dann zuhause schnell auf einen Zettel zu schreiben.
Der Rest ist Liebe. „Hier haben sich Mama und Papa kennengelernt“, lautet heute die Legende bei der Fahrt über die Straße „Im Spähenfelde“ Richtung Borsigplatz – und Sohnemann macht große Augen.
Partytempel hatte seit 1986 viele Namen
Seine Schicksalsorte im Leben kann man sich nicht aussuchen. Meiner ist dieser Hallen-Bau mit dem Dach in Wellenform, der schon so viele Namen hatte. „Central Parc“ (ab 1986) „Musik-Zirkus (ab 1989)“, „Ruhr-Rock-Hallen“ (1993-1999), „Big Island“ (1999-2003) und „Rush Hour“ (seit 2004) – an der Straße Am Spähenfelde steht einer der stabilsten Dortmunder Party-Tempel.
Hier blüht die Großraumdisko ab den späten 80er-Jahren. Der wenig schmeichelhafte Beiname „Asi-Park“ stammt aus den Anfangsjahren, er entsteht vermutlich, weil hier zeitweise ein eher einfach gestricktes und trinkfestes Publikum verkehrt.
Er trägt sich von Feier-Generation zu Feier-Generation fort, ohne dass er die Realität widerspiegelt. Er verliert aber mit den Jahren seine abwertenden Bedeutung, sondern erleichtert vielmehr die Orientierung für Ortsfremde. „Big Island? Ach, zum Asi-Park, meinsse. Immer die Straße runner“ – ein typischer Dialog dieser Zeit zwischen Nachtschwärmer und Nachbar.
„Musik-Zirkus“ bietet alle Möglichkeiten
Das Konzept des „Musik-Zirkus“ macht den Ort zwischen Oststadt und Nordstadt populär. In den frühen 1990er-Jahren ist Kay Steeger , heute 44, regelmäßig hier. Er betreibt heute eine kleine Fan-Seite für den „Musik-Zirkus“ bei Facebook. Mit einem Problem: „Es gibt wenig Bildmaterial aus dieser Zeit.“ Einzige Dokumente sind skurrile Videoclips bei Youtube.
„Musik-Zirkus“ war mehr als eine Diskothek
„Der Musik-Zirkus war für viele deshalb interessant, weil hier jüngere Leute feiern konnten, die wenig Geld hatten. Es gab hier keinen Dresscode oder Türsteher, die einen nicht reingelassen haben, weil ihnen deine Nase nicht gepasst hat, wie in vielen anderen Diskos dieser Zeit“, sagt Kay Steeger.
Das „Big Island“ zieht uns damals in den beginnenden 00er-Jahren aus ähnlichen Gründen an. Es gibt eine verlässliche Rock-Playlist und ein „unbegrenzt Bier für 18 Mark“-Angebot – auch wenn es manchmal so geschmeckt hat, als wäre es mit Bierdeckeln vom Tresen ins Glas gewischt worden (was es wohl auch wurde).
Die unterschiedlichen Betreiber setzen unterschiedliche Schwerpunkte. In der „Musik-Zirkus“-Phase gibt es hier neben der Diskothek auch ein Kino. „Hier hatte man alle Möglichkeiten mit einem Kino, einem Restaurant, einem Biergarten und vielen Musikstilen“, sagt Kay Seeger. Auch er hat hier seine heutige Ehefrau kennengelernt - irgendetwas hat dieser Ort offenbar.
Der Sound der frühen 90er-Jahre
Die große Halle deckt das Bedürfnis nach Charts-Musik ab, nach Mitternacht läuft der Sound der 70er und 80er Jahre. 1991 kommen 3000 Besucher zu einer Depeche-Mode-Fan-Party, bis heute eines der größten Fantreffen dieser Band, die es jemals gab.
In der kleinen Halle sind die „Gruftis“ unter sich. Kommerzielle Techno-Musik wird in dieser Zeit gerade groß und wird auch im „Musik-Zirkus“ gespielt. Zugleich, so erinnert sich Kay Seeger wurden hier auch Songs der Flamenco-Pop-Band Gypsy Kings vom Publikum auf der Bierflasche begleitet.
Viele Konzerte zur Zeit der Ruhr-Rock-Hallen
Einige Jahre danach nimmt zur Zeit der Ruhr-Rock-Hallen die Zahl der Live-Konzerte stark zu. Hier sind zwischen 1995 und 1999 hochkarätige Künstler zu Gast, von den Fantastischen Vier über Helge Schneider bis zur Helden der Metal-Szene (Blind Guardian, Bruce Dickinson, Rage).
2003 schließt das Big Island aus wirtschaftlichen Gründen. In der Folge wird das Gebäude umfassend saniert. Dabei wird auch der Lärmschutz verbessert. Die Lautstärke ist über viele Jahre immer wieder Diskussionsthema bei Anwohnern, ebenso wie Polizeieinsätze wegen Auseinandersetzungen vor der Diskothek. Die gibt es heute immer noch vereinzelt, allerdings nicht in der Fülle wie noch Ende der 1990er-Jahre.

Feierpublikum in der „Rush Hour“. © Rüdiger Barz
„Rush Hour“ holt Stars nach Dortmund
Heute organisieren die Betreiber der „Rush Hour“ Partys mit Schwerpunkt auf ein russischstämmiges Publikum aus ganz NRW. Die Betreiber holten aber auch schon Stars wie Shaggy, Busta Rhymes oder Sean Paul nach Dortmund. Bis zu 4000 Gäste feiern hier an den Party-Abenden mit Mottos wie „Ladies Night“, „Back To The Heels“ oder „Feel the rush“.
Für die „Rush Hour“ wiederum gilt, ein wenig überspitzt formuliert: Ohne mich wären die nicht, was sie sind. Meine Frau und ich waren 2004 Teil eine Teams aus Studenten und Einrichtungsprofis, das vor der Eröffnung an der Einrichtung mitgebaut hat. Wir haben hier gestrichen, gesägt und gebastelt. Handwerklicher war ich bis heute nie unterwegs. Bei der Eröffnung feiern wir dann noch einmal am Ort des Kennenlernens, den wir selbst bis zur Unkenntlichkeit verändert haben und der doch immer besonders bleiben wird.
Seit 2010 Redakteur in Dortmund, davor im Sport- und Nachrichtengeschäft im gesamten Ruhrgebiet aktiv, Studienabschluss an der Ruhr-Universität Bochum. Ohne Ressortgrenzen immer auf der Suche nach den großen und kleinen Dingen, die Dortmund zu der Stadt machen, die sie ist.
