Das Motto lautet: „Jeder Straße ihre Sitzbank“

Anwohnerin will mehr Sitzbänke in Dortmund

Marie Wolf will etwas verändern. Sie will, dass junge Menschen wieder öfter draußen sind und dass Senioren unter Menschen kommen. Dafür hat sie eine einfache Lösung: Es soll in Dortmund wieder mehr Sitzbänke geben.

Dortmund

, 09.04.2018, 15:55 Uhr / Lesedauer: 3 min
In einem Hinterhof am Neuen Graben steht eine Bank aus Holz direkt am Spielplatz. Das ist schon mal nicht schlecht. Aber Marie Wolf will mehr Bänke fürs Kreuzviertel.

In einem Hinterhof am Neuen Graben steht eine Bank aus Holz direkt am Spielplatz. Das ist schon mal nicht schlecht. Aber Marie Wolf will mehr Bänke fürs Kreuzviertel. © Stephan Schütze

Im Innenhof am Neuen Graben singen Vögel am frühen Morgen. Ansonsten ist es ruhig. Fast zu ruhig. Marie Wolf steht zwischen den Häusern, sie spricht vom fehlenden Leben auf den Straßen, aber vor allem von Parkbänken – die es trotz ihrer Wichtigkeit immer seltener gibt.

Marie Wolf ist Österreicherin und „der Liebe wegen“ vor sechs Jahren nach Dortmund gezogen. Genauer gesagt, ins Kreuzviertel. Sie liebt, dass es hier so grün ist: „Das weiß man zu schätzen, wenn man von woanders kommt“, sagt sie.

Als vor einiger Zeit ihre Lieblingsbank verschwunden ist, fiel ihr auf, dass es ansonsten wenig vernünftige Sitzmöglichkeiten in dem Viertel gibt. Außerdem fiel ihr auf, dass immer mehr Sitzmöglichkeiten verschwinden.

Ein erster Erfolg: Die erste Bank wird auf der Schillingstraße gegenüber der Peter-Vischer-Grundschule stehen.

Ein erster Erfolg: Die erste Bank wird auf der Schillingstraße gegenüber der Peter-Vischer-Grundschule stehen. © Stephan Schütze

Irgendwie ließ das Marie Wolf nicht los, sie stellte Fragen – und bekam schließlich ihre Antwort: Die Bank sei von der Stadt entfernt worden, da sich Anwohner über den vermüllten Platz und Lärm beschwert hätten. Die Bank habe, als Treffpunkt, die ganzen Probleme verursacht.

Völliger Quatsch, findet Marie Wolf. Auch heute, ohne Parkbank, sei der Platz von Betrunkenen vermüllt. „Sie pöbeln, ob da eine Bank steht oder nicht.“

„Stadt soll mehr Sitzbänke schaffen“

Durch Reaktionen auf der Online-Nachbarschaftsplattform „Nebenan.de“ sei ihr dann erst mal bewusst geworden, dass sich auch viele andere Menschen im Kreuzviertel mehr Sitzbänke wünschten. 

Marie Wolf liest einen Kommentar aus einer dicken Mappe mit Unterlagen vor: „Ich finde es prima, wenn Leute den öffentlichen Raum nutzen, sich sichtbar machen und öffentliches Leben weiter ermöglichen“, schreibt ein Nachbar. Die Österreicherin guckt begeistert hoch. Man merkt: Genau so sieht sie das auch.

Vor allem in Zeiten, in denen sich viele immer mehr in ihre Wohnung zurückziehen und kaum noch Zeit draußen verbringen, werden Bänke gebraucht. 

Ihr Motto ist deswegen: „Jeder Straße ihre Sitzbank“. Dies sei natürlich schwer umzusetzen. Allein aus finanzieller Sicht werde die Stadt nicht in jeder Straße – ob nur im Kreuzviertel oder in der ganzen Stadt – Bänke anschaffen, in manchen Straßen sei es auch aus Platzgründen gar nicht möglich. Das ist Marie Wolf klar. Aber ihr geht es ums Prinzip.

Anstatt dass die Stadtverwaltung Sitzbänke über Nacht verschwinden lasse, solle sie lieber mehr Sitzbänke schaffen, findet sie.

Ein wenig hat sie schon erreicht: Die Bezirksvertretung hat den Vorschlag angenommen. Die erste Parkbank wird auf der Schillingstraße gegenüber der Peter-Vischer-Grundschule aufgestellt.

Bänke mit Sitzlehnen und Griffen

Aber damit gibt sich Marie Wolf noch nicht zufrieden. „Die Bänke sind gerade im Alter sehr wichtig zum Verschnaufen“, sagt die Anwohnerin. Für Senioren, die nicht mehr so mobil sind, ist eine Bank nicht nur eine Bank: Sie sei eine Motivation dafür, vor die Haustür zu gehen. Und da reicht nicht eine Bank, um von der Haustür zum Supermarkt, zur Apotheke und wieder zurück zu kommen. 

Es müssten außerdem nicht nur mehr Bänke angeschafft werden; sie müssten auch Sitzlehnen und Griffe zum Festhalten haben. Nur dann seien sie wirklich nützlich.

Ein Bild aus besseren Bank-Zeiten. Vor dem Hauptbahnhof gab es mal eine Menge Sitzmöglichkeiten

Ein Bild aus besseren Bank-Zeiten. Vor dem Hauptbahnhof gab es mal eine Menge Sitzmöglichkeiten © Stephan Schütze

Marie Wolf ist noch gut zu Fuß, zählt sich selbst nicht zu „den Älteren“. Trotzdem setzt sie sich stark für Senioren ein. Woher dieses Engagement käme? „Da habe ich auch schon mal drüber nachgedacht“, sagt sie. Zu einer Antwort sei sie nicht wirklich gekommen. „Das kommt vermutlich daher, weil ich mal eine Ausbildung als Ehrenamtliche in einem Hospiz gemacht habe.“

Aber nicht nur für Senioren sei die Initiative wichtig. Im Kreuzviertel leben auch viele junge Menschen und Familien. Diese könnten ebenfalls von dem Vorschlag profitieren. Vorausgesetzt, dass sich auch Menschen, die mitten im Leben stehen, mal eine Minute Zeit für eine Atempause nehmen.

Natürlich seien die Sorgen von einigen Anwohnern, dass die Bänke als Treffpunkt für Obdachlose, trinkende Jugendliche oder laute Fußballfans dienen, auch berechtigt.

Doch Marie Wolf scheinen diese lauten Menschen nicht zu stören: „Ich will lieber eine lebendige Stadt, als eine klinisch saubere Stadt, die tot ist.“  

Sie scheint auch Angst zu haben. Angst davor, dass sie als eine derjenigen gesehen wird, die ständig über alles meckern und doch nichts erreichen.

Marie Wolf ist keine von denen: Sie wird erst aufhören, wenn sie an ihrem Ziel angekommen ist.

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