„Crack hat den Diskurs zurückgeworfen“ Umgang der Stadt Dortmund mit Obdachlosen sorgt für Kritik

„Die Crack-Problematik hat den öffentlichen Diskurs sehr zurückgeworfen“
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Etwa 50 Aktivisten und Aktivistinnen haben am Samstagnachmittag (21.10.) in der Dortmunder City für mehr Solidarität mit obdachlosen Menschen demonstriert. Ein thematischer Schwerpunkt der Versammlung von „Schlafen statt Strafen“ war die Verbreitung der Droge Crack in Dortmund.

„Die Crack-Problematik hat den öffentlichen Diskurs sehr zurückgeworfen“, sagt Anna Flaake, Pressesprecherin von „Schlafen statt Strafen“. Die Bewegung kritisiert, dass Stadtverwaltung und Polizei im Umgang mit suchtkranken Menschen vor allem Verdrängung versuchten und wenige soziale Ansätze zur Lösung des Crack-Problems verfolgten.

Crack konsumierende Menschen würden zudem häufig ausschließlich als Problem dargestellt und nicht in die Diskussion einbezogen. „Es wird vergessen, dass wir über echte Menschen, mit echten Schicksalen, mit echten Leben sprechen. Man muss sich bewusst sein, dass Sucht eine Krankheit ist. Und auffälliges Verhalten ist letztendlich ein Symptom dieser Krankheit.“

Standortgarantie für Konsumraum

Entlang der Demo-Strecke vom Stadtgarten über den Wall, den Westenhellweg und die Kampstraße bis zur Katharinentreppe gab es mehrere Zwischenkundgebungen. Auch an der Drogenhilfeeinrichtung Café Kick machten die Demonstrierenden Halt. Dort sprach Andreas Müller, der seit 1996 in der Drogenhilfe arbeitet.

Er kritisierte die im Zuge der Ausbreitung von Crack verstärkten repressiven Maßnahmen gegen Drogenabhängige. Diese würden zwar von Stadtverwaltung und Polizei als Erfolg gesehen, seien aber tatsächlich kontraproduktiv. Der Standort des Drogenkonsumraums dürfe zudem nicht infrage gestellt werden.

Andreas Müller sprach bei einer Zwischenkundgebung einer Solidaritäts-Demonstration für Obdachlose in Dortmund.
Andreas Müller sprach bei einer Zwischenkundgebung einer Solidaritäts-Demonstration für Obdachlose in Dortmund. © Oliver Schaper

Stadtverwaltung und Polizei hatten einen Sonderstab einberufen, nach sich zahlreiche City-Händler und -Händlerinnen über Probleme mit Crack-Abhängigen beschwert hatten. Diese konsumierten in der Öffentlichkeit, erleichterten sich in Gebäudeeingängen und drohten in Einzelfällen Händlern Gewalt an.

Mehr bezahlbarer Wohnraum

Auch in einer Nebenstraße des Westenhellwegs machte die Demonstration halt. Dort war in der Nähe der Propsteikirche im Jahr 2020 der obdachlose Karsten „Teddy“ Scholz ums Leben gekommen. Ihm gedachten die Demonstrierenden.

Demonstrierende von "Schlafen statt Strafen" bei einer Versammlung auf dem Wall in Dortmund am (21.10.2023), begleitet von der Polizei.
Die Demonstrierenden zogen auch ein kurzes Stück über den Wall. © Oliver Schaper

Die Forderungen von „Schlafen statt Strafen“ bekräftigte Anna Flaake noch einmal zum Ende der Versammlung an der Katharinentreppe. Insbesondere drängt die Bewegung auf deutlich mehr kommunalen Wohnungsbau mit Fokus auf bezahlbare Wohnungen und die Einführung von „Housing First“. Zu dem sollen die Notschlafstellen allen Menschen unbürokratisch offen stehen und nicht mehr wie jetzt von einem gewinnorientierten Unternehmen geführt werden.

Weiterhin namensgebende Forderung von „Schlafen statt Strafen“ ist die Abschaffung des Campierverbotes und der damit verbundenen sogenannten Weckdienste.

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