
© Michael Nickel (Archiv)
Corona-Bilanz bei Hörder Kulturzentren: „Es sind bittere Zeiten“
Kultur in Hörde
In fast allen Kulturzentren gibt es wieder Veranstaltungen. Vor allem Kleinkünstler und Bühnen haben in den letzten Monaten unter den Corona-Auflagen gelitten. Wie sieht es gerade aus?
„The ship is on the water“, sagt Marco Rudolph, Leiter des Veranstaltungszentrums „Wohnzimmer im Piepenstock“ – und gibt sich mit dieser Aussage zukunftsorientiert für seinen Kulturort. Aufhören ist nicht. „Es läuft ganz gut“, räumt Rudolph ein, „aber mit einer existenziellen Grundlage hat das überhaupt nichts zu tun“. Dieser Satz fasst zusammen, was viele Kulturangebote in Hörde momentan wiedergeben: Es läuft – man fragt sich nur, wie lange.
„Das Ende der Fahnenstange wäre irgendwann erreicht“, sagt Rudolph. Wie viele Künstler hat auch er ein Fördergeld bekommen, außerdem sei die Stimmung der Gäste in den vergangenen Vorstellungen immer sehr gut gewesen. Dennoch: Auf Dauer, findet der Künstler und Veranstalter, müssten für Kulturorte andere Konzepte her. Vor allem die Unsicherheit darüber, wie es in den nächsten Monaten weitergehen soll, mache ihm zu schaffen.
„Es ist eine Bedrohung, ja, aber ich möchte auch meinen Sinn für die Kulturarbeit nicht verlieren“, sagt er.
„Das ist natürlich ein Hammer“
Auch für das Cabaret Queue steht ein Aufführungsstopp vorerst nicht zur Debatte. Fred Ape ist einer der Programmchefs des Cabarets – sofern er nicht selbst auf der Bühne steht. „Es sind bittere Zeiten. Höhen und Tiefen hat es in der Kultur schon immer gegeben, aber das ist natürlich ein Hammer“, sagt er.
Das Cabaret an der Hermannstraße 74 hatte einen „schwierigen Start“ nach der Corona-Zwangspause, so Ape. Im August mussten die zwei ersten Veranstaltungen abgesagt werden, da die Karten schlichtweg nicht verkauft wurden.
Dabei kommen die Künstler den Veranstaltern entgegen: „Die Künstler sind bereit, zweimal an einem Abend aufzutreten – und bekommen nur einen bezahlt“, sagt Ape.
Die Dinner-Show, die laut Ape „die letzten zehn Jahre ein Erfolgskonzept“ im Cabaret war, läuft ebenfalls gerade nicht gut. „Wir veröffentlichen nur noch ein Programmheft für die nächsten zwei Monate. Nicht wie früher über eine ganze Spielzeit“, sagt er. „Das ist natürlich ein hoher Verwaltungsaufwand, in den wir unglaublich investieren müssen“, sagt er.
Allerdings: Die momentan im Cabaret Queue startenden Shows sind wieder ausverkauft, „zum Beispiel Doc Esser und Rene Steinberg am 30. September“, sagt Ape. Trotzdem: „Den Leuten fällt es sichtlich schwer, Karten zu kaufen“, sagt der Veranstalter. Das Vertrauen der Gäste fehle wohl noch.
Das Publikum vor Ort fühlt sich wohl
Ähnliches sagt auch Inga Strothmüller vom Hansa-Theater. „Viele trauen sich offensichtlich noch nicht“, sagt sie. Dennoch gibt sie sich weiterhin zuversichtlich: „Wir kämpfen weiter. Wir wollen auch nicht aufhören – obwohl es momentan einfacher wäre, nicht zu spielen.“
Mit zusätzlicher Werbung soll dagegen gesteuert werden. Die Gäste, mit denen Inga Strothmüller bisher gesprochen hat, seien auch in Corona-Zeiten mit den Shows des Theaters zufrieden: „Es fühlen sich alle wohl, das Feedback ist super“, betont sie. Auch die Künstler seien froh, dass sie wieder spielen können.

Das Hansa Theater hat durch die Renovierung bereits einige Vorteile für das Hygiene-Konzept, zum Beispiel große Fenster und eine gute Klimaanlage. © Hansa Theater
Das Haus Rode, Sitz des Vereins „Wir am Hörder Neumarkt“, lebt nicht allein vom Bühnenprogramm. „Wenn wir nur die Veranstaltungen als Einnahmequelle hätten, sähe es auch schlecht aus“, sagt Helmut Grundmann, der den Verein leitet. „Für uns ist es eine schwierige Situation, weil wir momentan auf regionale Künstler mit kurzer Anfahrt angewiesen sind“, sagt Grundmann.
Auch platztechnisch habe das Haus Rode leider nicht viel Abstand zu bieten, daher fallen die Veranstaltungen – „je nach Gruppe“, wie der Vereinsleiter betont – sehr klein aus. Allerdings seien diese dann auch ausverkauft. „Ich bin generell positiv überrascht, wie vernünftig und rücksichtsvoll die Leute sich verhalten“, sagt Helmut Grundmann. Dennoch sei es ein Kraftakt – für Künstler und Veranstalter gleichermaßen.