Vom Laufstall bis an die Unternehmensspitze Schwestern kauften mit Mitte 20 den Citybäcker

„Jede Nacht in der Backstube“: Wie Familie Rahenbrock Citybäcker führt
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Ein fast antiker Backofen der Firma Daub ziert die Zentrale des Citybäckers in Dortmund-Dorstfeld. „Cityback Werner Feldkamp“ steht über dem Backofen auf einem alten Firmenschild. So hieß das Unternehmen, bevor es sich in Citybäcker umbenannt hat. Der antike Ofen steht zwar längst still. Doch hinter der Ofenverkleidung stehen die Bäckermeister in den Räumen und bereiten Teig und Waren vor.

Hannah und Lena Rahenbrock führen das Familienunternehmen Citybäcker in dritter Generation. Wo sie aufgewachsen sind? „Na hier, in der Zentrale“, sagt die 30-jährige Lena Rahenbrock. Ihre Schwester Hannah ist rund zwei Jahre älter. Übernommen haben Sie den Citybäcker im Februar 2018. Damals waren sie 24 und 26 Jahre alt. Vor ihnen führten ihre Eltern den Betrieb über 25 Jahre lang. Das Unternehmen gibt es seit 1956.

Deshalb gehört der Citybäcker auch zu den bekanntesten Bäckereien in Dortmund. 14 der 20 Filialen sind über das Stadtgebiet verteilt, sechs weitere gibt es in anliegenden Städten. Und für zwei Produkte sind sie besonders bekannt: Ihre gar nicht so französischen Croissants mit Schokoglasur und das Feuerbrot, das auf den ersten Blick verbrannt aussieht, aber eine besondere Kruste hat und innen ganz weich ist.

Der alte Backofen ist eine Erinnerung an alte Tage. 1972 wurde hier die Zentrale des Citybäcker aufgebaut. Bis heute ist es der Unternehmenssitz.
Der alte Backofen ist eine Erinnerung an alte Tage. 1972 wurde hier die Zentrale des Citybäcker aufgebaut. Bis heute ist es der Unternehmenssitz. © Dennis Pesch

Der krisenfeste Citybäcker

Die harte Kruste steht fast sinnbildlich dafür, wie krisenfest das Unternehmen heute ist. Mit Ende 20 führten die beiden Unternehmerinnen den Citybäcker bereits durch eine historisch beispiellose Krise: die Corona-Pandemie. Zwei Jahre später folgte Russlands Überfall auf die Ukraine, eine rasant steigende Inflation und eine Energie- und Wirtschaftskrise.

Dabei begann ihr Leben im Unternehmen eher behütet. Im Laufstall, in einem Büro der Zentrale verbrachten die beiden Schwestern viel Zeit: „Unsere Mutter erzählt immer, dass es uns wichtig war, dass wir das Gleiche machen wie sie. Also hatten wir ein Telefon mit Wählscheibe im Laufstall“, erzählt Hannah Rahenbrock. Es ist eine von diesen Geschichten, die so ähnlich in Familienunternehmen häufig erzählt werden.

Dementsprechend haben Lena und Hannah Rahenbrock heute auch ein anderes Verständnis von Arbeit: „Wir arbeiten gerne und lieben es, wenn Menschen uns vertrauen, wenn wir uns mit Menschen im Unternehmen weiterentwickeln.“ Die Nähe zur Familie, die ständige Auseinandersetzung mit dem Betrieb und die Eltern als Vorbilder haben den Schwestern das Unternehmer- und Bäckergen eingepflanzt.

Hannah und Lena Rahenbrock kauften die Anteile

Später als Kinder halfen die beiden Bäckertöchter ihren Eltern im Verkauf. Das Ergebnis: Lena Rahenbrock ist selbst Bäckermeisterin und Lebensmittelspezialistin, während Hannah Rahenbrock Großhandelskauffrau und Betriebswirtin ist. Und so teilen sie sich heute auch ihre Aufgaben auf. Lena führt die Backstube, Hannah die Filialen. Und dann ist da noch ihre Mutter Ute, die sich um Teile der Finanzverwaltung kümmert.

Liebe zum Feuerbrot: Seit 2010 ist es das Markenbrot der Citybäcker.
Liebe zum Feuerbrot: Seit 2010 ist es das Markenbrot der Citybäcker. © Dennis Pesch

Der Citybäcker ist also im wahrsten Sinne des Wortes ein Familienunternehmen. Hier werden Traditionen gepflegt: Schon 1993 als ihre Eltern den Citybäcker übernahmen, kauften die ihre Anteile von den Großeltern ab. Genauso haben es Lena und Hannah Rahenbrock auch bei Ihren Eltern gemacht, wobei Mutter Ute noch ein kleiner Anteil gehört.

„Wir wollten das Unternehmen nicht geschenkt bekommen“, sagt Hannah Rahenbrock. Dennoch mussten die Schwestern sich mit Mitte 20 vor teils langjährigen Mitarbeitern beweisen – und vor einem Betriebsrat, der sich vor zwei Jahren aufgelöst hat. „Wir waren jede Nacht in der Backstube. Wir mussten erstmal zeigen, dass wir wissen, was wir tun“, erinnert sich Lena Rahenbrock.

Corona-Krise trifft Citybäcker hart

Und kurz nachdem das gelungen war, brach schon die erste Krise über die beiden Jungunternehmerinnen herein. Die Corona-Pandemie schockte die Welt und zerrissen so den gerade aufgebauten Alltag der Schwestern: „Unsere Verkäuferinnen waren panisch, weil sie nicht wussten, was jetzt passiert. Alle hatten Angst vor Corona“, sagt Lena Rahenbrock.

Statt sich zu isolieren, übernahmen die Geschäftsführerinnen Verantwortung. „Wir waren jeden Tag von morgens bis abends rund um die Uhr unterwegs in den Filialen und in der Backstube“, erinnert sich Hannah Rahenbrock. Akribisch bereiteten sie sich auf die Corona-Verordnungen vor, besorgten Desinfektionsmittel, Masken, Tests, organisierten Tische, Bänke und Stühle, so dass sie corona-konform waren.

In Zeiten der Corona-Pandemie mussten sich die Citybäcker-Filialen besonders am Anfang ständig an neue Regeln anpassen.
In Zeiten der Corona-Pandemie mussten sich die Citybäcker-Filialen besonders am Anfang ständig an neue Regeln anpassen. © Dennis Pesch

Die rund 200 Mitarbeiter von Citybäcker löcherten die Geschäftsführerinnen mit Fragen: „Und wir hatten immer eine Antwort“, sagt die 32-Jährige heute. Im Nachhinein zeigt sich, zu was das Unternehmen fähig ist. Schnelle Neuorganisation, Mitarbeiter halfen in anderen Filialen aus, wenn es positive Tests gab. Und das Ergebnis? „Wir haben nicht einen Laden in der ganzen Corona-Zeit geschlossen“, sagt Lena Rahenbrock.

Krisenerprobte Citybäcker

Doch noch mitten in der Pandemie überfällt Russland die Ukraine. Statt sich nun um die Mitarbeiter kümmern zu müssen, verschlechtert sich plötzlich die wirtschaftliche Lage. „Natürlich gab es Einbußen“, sagt Hannah Rahenbrock. Obwohl die Kosten für Energie enorm stiegen und damit auch Rohstoffe teurer wurden, konnten die Citybäcker die Preise nicht so stark anpassen.

Wieder standen die ende-20-jährigen Unternehmerinnen vor einer neuen Krise: „Statt nachts zu arbeiten, haben wir dann Schichten an den Tag verlegt, damit wir Nachtzuschläge sparen und wir haben noch viel genauer darauf geachtet, wie wir mit Produkten wie Käse oder Schokolade umgehen“, sagt Lena Rahenbrock. Noch heute haben sie wie viele Unternehmen mit den Folgeproblemen des Kriegs zu kämpfen.

Citybäcker: Unternehmerinnen und Mütter

Gleichzeitig führen die beiden Frauen nicht nur ein Leben als Unternehmerinnen. Beide sind auch engagierte Mütter. Ihre Kinder wachsen nun sogar teils im selben Raum auf, in dem die Schwestern damals aufgewachsen sind. „Wir wollen glückliche Unternehmerinnen und Mütter sein“, sagt Hannah Rahenbrock. Vorher sei sie nonstop unterwegs gewesen, „was halt jetzt ja nicht mehr machbar ist“.

Die Bäckerstöchter vor ihrer Filiale am Phoenix-See. Lena Rahenbrock hält ihren Sohn auf dem Arm.
Die Bäckertöchter vor ihrer Filiale am Phoenix-See. Lena Rahenbrock hält ihren Sohn auf dem Arm. © Dennis Pesch

Eine vierte Unternehmer-Generation könnte also irgendwann mal den Citybäcker weiterführen. „Wenn unsere Kinder schlafen, nutzen wir jede freie Minute, um zu arbeiten“, sagt Hannah Rahenbrock. Und als Gesellschafterin gilt für die Unternehmerinnen ohnehin: „Wir sind jederzeit für unsere Mitarbeiter erreichbar, auch wie damals nachts in der Backstube.“

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Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 5. August 2024.