Carsten Böhle (56) in Hörde von Auto erfasst „Auf dem Fahrrad ist man Freiwild“

Radfahrer Carsten Böhle (56) von Auto erfasst: „Man ist Freiwild“
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Langsam und schwerfällig bewältigt der Dortmunder Carsten Böhle (56) den Weg zum Kleingarten, den er gemeinsam mit seiner 83-jährigen Mutter besitzt. Jeder einzelne Schritt fällt ihm schwer – er quält sich sichtlich. Böhle stammt aus Hörde und fuhr bis 14 Tage vor dem Gespräch mit unserer Redaktion nach eigenen Angaben „tagtäglich“ mit dem Fahrrad, auch um für seine Mutter, die in Berghofen wohnt, da zu sein und sie zu versorgen.

„Das ist für mich das Training. Das Fahrradfahren ist für mich trotz aller Hindernisse im Verkehr noch die einzige Möglichkeit, Kraft in den Beinen zu bekommen“, erklärt er. Aktuell ist er weit davon entfernt, sich wieder auf seinen Drahtesel zu setzen – Böhle wurde am 31. Juli auf der Nortkirchenstraße in Hörde von einem Auto erfasst und auf die Fahrbahn geschleudert.

An den Unfall nur unweit der Kleingartenanlage erinnert sich der 56-Jährige genau. „Ich bin bei Grün aus der Wellinghofer Straße auf den Fahrradschutzstreifen auf der Kreuzung rüber in die Nortkirchenstraße gefahren. Ich wusste, dass ich vorfahrtberechtigt bin und aus dem Blickwinkel war auch das Auto nicht zu sehen.“ Und dennoch kommt es auf der Nortkirchenstraße zur Kollision.

Schwere Verletzungen

Die Polizei bestätigt auf Nachfrage den Hergang des Unfalls. Der Fahrradfahrer, in diesem Fall Carsten Böhle, sei vorfahrtsberechtigt gewesen. Der Autofahrer sei wiederum nach rechts in die Nortkirchenstraße abgebogen und hätte Böhle dann mit seinem Pkw erfasst. Der Dortmunder musste in der Folge mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. „Ich habe multiple Prellungen, eine Schlüsselbein-Fraktur rechts und eine Becken-Fraktur, ebenfalls rechts.“ Neun Tage habe er im Krankenhaus verbracht – eine Nacht sogar auf der Intensivstation.

Straßenkreuzung
An dieser Kreuzung bog der Autofahrer hinter dem Zebrastreifen und dem Schild „Vorfahrt gewähren“ auf die Nortkirchenstraße ab und kollidierte mit Carsten Böhle. © privat

Auch wenn Böhle sagt, dass jeder Mensch mal Fehler mache, könne er nicht nachvollziehen, weshalb der Autofahrer ihn nicht gesehen habe. „Der kam da sicher angebrettert. Und er hatte ja erst den Zebrastreifen und dann das Schild ‚Vorfahrt gewähren‘. Plakativer kann der Autofahrer es nicht haben.“

Im Moment des Unfalls habe er urplötzlich „einen Ruck“ gegen sein Fahrrad verspürt. „Dann habe ich geguckt, wo kommt das weiße Blech unter mir auf einmal her und dann habe ich eine Pirouette gedreht“, erinnert er sich. Hinter dem Auto, das Böhle erfasste, habe sich schon ein weiteres Auto genähert. „Dann bekam ich Angst, weil ich lag ja mitten auf der Fahrbahn. Dann habe ich mir gedacht: Wenn der mich nicht sieht, dann bin ich gleich überrollt. Das war für mich der absolute Horror.“

„Muss für andere mitdenken“

Für ihn als erfahrenen Fahrradfahrer, der normalerweise tagtäglich durch den Dortmunder Süden fährt, sei die Situation nicht nur auf der Nortkirchenstraße immer wieder brenzlig. Auch die Alte Benninghofer Straße und die Benninghofer Straße nennt Böhle als Gefahrenpunkte. „Das Auge muss man als Fahrradfahrer ganz weit vorauswerfen in alle Himmelsrichtungen. Das Bewusstsein für Fahrradfahrer ist in Dortmund einfach nicht da. Auf dem Fahrrad ist man Freiwild“, beklagt Böhle.

Fahrradschutzstreifen
Auf diesem Fahrradschutzstreifen fuhr Carsten Böhle. © privat

Der Fahrradschutzstreifen hätte laut Böhle ganz oft keinerlei Bedeutung. „Entweder parken da Geisterfahrer, Paketdienste, Pizzaboten oder es steht Müll drauf. Man muss immer für andere mitdenken.“

Er wünsche sich eine deutlichere räumliche Trennung zwischen motorisiertem Verkehr, Zweiradverkehr und Fußgängern. Und: ein stärkeres Bewusstsein für andere Verkehrsteilnehmer. Ganz verarbeitet habe er den Unfall noch nicht – nachts wache er schweißgebadet auf. „Ich habe immer noch Flashbacks“, sagt Böhle.

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