Es war ein launiger Abend Ende November in der neuen Akademie für Theater und Digitalität an der Speicherstraße. Eben hatte die Stadt bei einem Bürgerdialog die neuesten Entwicklungen rund um das geplante Digital-Quartier am Hafen präsentiert. Nun stand man mit einem Bier im Foyer der Akademie.
Mittendrin in der Menge unterhielten sich Oberbürgermeister Thomas Westphal und Jan-Henrik Gruszecki, lachten ausgelassen und prosteten sich zu. Ein durchaus bemerkenswerter Vorgang - schließlich ist Gruszecki, der BVB-Boss Hans-Joachim Watzke in Strategiefragen berät, nicht nur engagierter Nordstädter und Unternehmer, sondern auch ein möglicher Konkurrent von Westphal um das Amt des Oberbürgermeisters bei der Kommunalwahl kommenden September. Mitte November hatte unsere Redaktion exklusiv berichtet, dass die Grünen Gruszecki als OB-Kandidaten wollen.
Gruszecki war sich der Wirkung des Treffens in der Theater-Akademie sichtlich bewusst: „Das ist nicht die große Nachricht, die ihr glaubt, dass es ist!“, rief er vergnügt anwesenden Journalisten zu. Auf die Frage, ob er denn jetzt als OB-Kandidat antreten werde, antwortete er, dass er aktuell zu Nein tendiere, er die Entscheidung aber noch nicht getroffen habe.

Zwei Wochen später hat sich daran immer noch nichts geändert. „Die Tendenz ist momentan eher Nein, aber das ist dynamisch“, sagt Gruszecki am Freitag (13.12.) im Gespräch mit unserer Redaktion. Er stehe in der Sache „in täglichem Kontakt“ zu den Dortmunder Grünen.
Der 40-jährige tut sich mit der Entscheidung über eine OB-Kandidatur so schwer, weil sie für ihn privat so weitreichend ist: „Es würde mein Leben um 180 Grad drehen.“
Plötzlich stünde der zweifache Familienvater im absoluten Fokus der Öffentlichkeit. Ganz zu schweigen von den beruflichen Veränderungen, die auf Gruszecki im Falle eines Wahlsiegs zukämen. Der Job beim BVB wäre passé, und auch sein Engagement als Eigentümer der Borussia-Brauerei wäre wohl kaum mit dem Amt des OB vereinbar.
„Ich habe momentan den einen geilen Job und dazu noch Projekte, die mich total erfüllen“, sagt Gruszecki. „Ich bin so zufrieden mit meinem aktuellen Leben.“
Führung von 11.000 Mitarbeitern? „Ja, klar“
Doch gleichzeitig seien die Einflussmöglichkeiten, die ein Oberbürgermeister hat, auch enorm verlockend: „Das, was mich total reizt, ist zu wirken, die Stadt, die ich liebe, zum Positiven zu verändern.“
Ein zu geringes Selbstbewusstsein für den Job hat Gruszecki jedenfalls nicht. Ob er es sich zutraue, eine Verwaltung mit 11.000 Mitarbeitern zu führen? „Ja, klar!“, antwortet er, ohne nachzudenken.
„Alle sind total entspannt“
Gruszecki wägt immer wieder das Für und Wider einer Kandidatur ab. Dass die CDU - mit der die Grünen lange Zeit Gespräche zu einer etwaigen gemeinsamen OB-Kandidatur geführt hatten, in denen es auch um Gruszecki ging - mittlerweile mit Alexander Kalouti einen eigenen OB-Kandidaten aufgestellt hat? Stört ihn nicht: „Der Start der CDU-Kampagne gibt uns nicht das Gefühl, sonderlich unter Zugzwang zu sein.“
Auch von den Grünen selbst bekomme er keinen Druck, sich schnell zu entscheiden, sagt Gruszecki: „Alle sind total entspannt. Wir müssen uns die Zeit nehmen, die wir brauchen. Es muss noch nicht einmal in diesem Jahr entschieden sein.“
Grüne: „Wir sind absolut im Zeitplan“
Das sagt auch Hannah Rosenbaum, Kreissprecherin der Dortmunder Grünen: „Wir sind absolut im Zeitplan.“ Schließlich werde die Partei erst Anfang März, am ersten Wochenende nach der Bundestagswahl, ihre Kandidaten für die Kommunalwahl wählen. „Wir sind weiterhin guter Dinge, dass wir zur Kommunalwahl ein starkes personelles Angebot auf allen Ebenen machen können.“ Das gelte auch für den OB-Kandidaten.
Aber wird dieser dann Jan-Henrik Gruszecki heißen? „Dazu mache ich keine Aussage“, sagt Rosenbaum. „Ich bin keine Spielerin.“ Einen grünen OB-Kandidaten Gruszecki „könnten wir uns aber auf jeden Fall vorstellen“. Er habe „starke Qualitäten“: „Er ist nah an den Menschen, hat ein Auge für die Probleme vor Ort und die entsprechenden Lösungen.“
„Ich weiß es, wenn ich es weiß“
Und so warten die Grünen weiter auf Gruszeckis Entscheidung. Immerhin: Sein nach eigener Aussage „sehr gutes Verhältnis“ zum derzeitigen Oberbürgermeister, das er Ende November nach dem Bürgerdialog in der Theater-Akademie für alle sichtbar zelebrierte, spiele für ihn bei ihr keine Rolle. „Nur weil wir gemeinsam ein Bier trinken, bedeutet es nicht, dass ich nicht gegen ihn antreten kann.“
Wann die Entscheidung fallen wird, darauf will sich Gruszecki nicht festlegen lassen: „Ich weiß es, wenn ich es weiß.“