
© picture alliance / dpa
Illegales Biken: Wälder „gleichen einer kommerziellen Cross-Strecke“
Mountainbikes
Aufgescheuchtes Wild und Boden wie Beton: Illegale Biker-Strecken gibt es zuhauf in den Wäldern des südlichen Dortmunder Stadtgebiets. „Es gibt regelrechte Hotspots“, sagt ein Förster.
Sascha Hillgeris liebt nicht nur das Wasser, sondern auch den Wald. Doch findet der Hörder Bezirksbürgermeister in den schönen Wäldern im Dortmunder Süden wenig Entspannung. Viel zu sehr ärgern ihn Mountainbiker, die rücksichtslos durchs Unterholz preschen.
„Wenn man etwas sagt, wird man noch angepöbelt“, sagt der Hörder Bezirksbürgermeister. Vom Parkplatz an der Irminsulstraße am Golfplatz aus zögen sich regelrechte Schneisen in den Wald. „Inzwischen gleichen einige Forstbereiche eher einer kommerziellen Cross-Strecke als einem schutzwürdigen Lebensraum.“

Bezirksbürgermeister Sascha Hillgeris möchte etwas gegen das illegale Treiben im Wald unternehmen. © Archiv
Die Stadt Dortmund kennt das Problem, wie eine Nachfrage ergab: „Die bewaldeten Hänge des Ardeygebirges sind besonders beliebt bei Mountainbikern, die abseits fester Wege auf schmalen Pfaden fahren, sogenannten Singletrails oder Lines“, teilt Sprecher Maximilian Löchter mit.
Strecken mit Sprungschanzen und Steilkurven
„Die Pfade bilden sich durch wiederholtes, widerrechtliches Fahren abseits der Forstwege. Häufig werden im Verlauf der Strecke Sprungschanzen oder Steilkurven eingebaut.“ Solche illegal errichtete Strecken fänden sich in fast allen Wäldern des südlichen Stadtgebiets. Schwerpunkte seien die Bittermark, Romberg-Holz, Reichsmark, Buchholz und die Steilhänge am Hengsteysee.
Die Verwaltung sieht ebenfalls eine Zunahme des Problems. Das habe auch mit der Veröffentlichung der Strecken im Internet zu tun und den derzeitigen Bedingungen: „Durch das gute Wetter in Verbindung mit vermehrter Freizeit von Schülern, Studenten und jungen Erwachsenen haben die widerrechtlichen Aktivitäten seit Beginn der Corona-Krise noch einmal zugenommen.“
Sascha Hillgeris will über die Bezirksvertretung anfragen, wie Umweltamt, Forstbetrieb und Ordnungsamt das Verhalten der Radfahrer kontrollieren und den Schutz des Waldes sicherstellen wollen. Er fordert „nachhaltige Maßnahmen gegen dieses Phänomen der konsequenten Missachtung von Gesetzen zum Schutz der Umwelt“.

Viele Mountainbiker sind in den Wäldern unterwegs. Die Wege verlassen dürfen sie nicht – viele tun es aber immer wieder. © picture alliance / dpa
Grundlage für Maßnahmen ist das Bundeswaldgesetz. Darin heißt es, „das Radfahren (...) ist nur auf Straßen und Wegen gestattet“. Zudem regelt das Landesforstgesetz NRW, dass sich im Wald jeder so zu verhalten hat, dass die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung nicht gestört werden.
All diese Grundregeln würden in den südlichen Stadtforsten seit Jahren zunehmend verletzt, beobachtet Hillgeris. Für die Waldtiere und den Nachwuchs sei das fatal.
Förster Andreas Weber von „Wald und Holz NRW“, zuständig für den Forstbetriebsbezirk Dortmund, teilt die Beobachtungen von Hillgeris und auch dessen Sorge. Vor allem beim sogenannten Downhill griffen die Fahrer massiv in die Landschaft ein. „Es gibt regelrechte Hotspots im Bezirk.“
Für spannende Pisten würde Astmaterial verbaut, es würden Grabungen vorgenommen und Aufschüttungen für höhere Sprünge. Ein noch größeres Problem aber sei die Verdichtung des Bodens. „Der wird hart wie Beton“, so Weber.
Dauerhafte Störung schadet dem Wald
„Das Ökosystem Wald wird gestört, und das permanent.“ Forstmaßnahmen dagegen seien immer nur temporär. Material und Technik für diese Sportart würden immer besser und erlaubten immer anspruchsvolleres Gelände.
E-Mountainbikes bringen die Biker immer wieder den Berg hinauf, beobachtet Weber. „Früher waren sie nach dem dritten Mal groggy, jetzt fahren sie, so lange der Akku hält.“ Das ist vor allem im Frühjahr fatal, wenn die Tiere im Wald Nachwuchs bekommen.
Die Stadt appelliert an die Menschen, sich auch in Corona-Zeiten an die Spielregeln zu halten, besonders in geschützten Gebieten. „Alles andere fügt unserer heimischen Natur immensen Schaden zu und macht jahrelange Bemühungen um die Entwicklung der wertvollen Naturräume mit einem Schlag zunichte“, so Maximilian Löchter.
Das Fahren abseits der Wege stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, die vom Regionalforstamt des Landesbetriebes Wald und Holz geahndet werde. „Die Forstbehörde kann allerdings nur tätig werden, wenn die Personalien der Radfahrer bekannt sind. Die Verwaltung hat daher auch die Polizei um Hilfe gebeten.“
Um die Störung für den Naturhaushalt zu verringern, baut die städtische Forstverwaltung bekannte Strecken und Hindernisse im Stadtwald regelmäßig zurück. Für Verbotsschilder hat die Verwaltung im Jahr 2017 rund 12.000 Euro ausgegeben.
„Die Schilder, die auf das Radfahrverbot abseits der Wege hinweisen, werden jedoch schnell zerstört“, so Löchter. „Daraus lässt sich schließen, dass viele Mountainbiker die Regeln kennen und sich bewusst nicht daran halten.“ Es werde geprüft, ob in Einzelfällen neue Schilder aufgestellt werden.
Legale Biker-Strecken könnten die Lösung sein
Eine Lösung gegen die Querfeldeinfahrer im Wald könnte die Öffnung legaler Bikerstrecken sein. Doch das ist wegen der Haftungsfragen schwierig, wie Andreas Weber erklärt. „Wenn es einfach wäre, hätten wir es schon längst gemacht.“
So bleibt nur der Appell an die Radler, das Ökosystem Wald und seine Bewohner zu respektieren. Und der Hinweis auf Strafen, die das unerlaubte Fahren abseits der befestigten Wege nach sich ziehen kann, besonders wenn illegale Pisten angelegt werden. Weber: „Diejenigen könnten für den Rückbau der Strecke in Regress genommen werden, und das kann richtig teuer werden.“
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
