Beate Zschäpe wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt
NSU-Prozess
Beate Zschäpe ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. In Dortmund hat der NSU 2006 den Kioskbesitzer Mehmet Kubasik ermordet. Für dessen Angehörige ist das Urteil kein Schlusstrich.

Beate Zschäpe steht neben ihrem Anwalt Mathias Grasel vor dem Vorsitzende Richter Manfred Götzl (3.v.r.) und den Vertreter des Staatsschutzsenats Gabriele Feistkorn (l), Peter Lang (2.v.l.) und Konstantin Kuchenbauer (2.v.r). © dpa
Im NSU-Prozess ist die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München stellte am Mittwoch zudem die besondere Schwere der Schuld fest – damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen.
Mit dem historischen Urteilsspruch folgte das Gericht dem Antrag der Bundesanwaltschaft und verurteilte Zschäpe als Mittäterin an den Morden und Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Darunter auch der Dortmunder Kioskbetreiber Mehmet Kubasik, der 2006 vom NSU erschossen wurde.
Möglicherweise geht Zschäpe in Revision
Der Mitangeklagte Ralf Wohlleben wurde als Waffenbeschaffer für den NSU zu zehn Jahren Haft verurteilt. Das Oberlandesgericht sprach ihn der Beihilfe zum Mord schuldig. Der Mitangeklagte Holger G. wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, der Mitangeklagte André E. zu zwei Jahren und sechs Monaten, der Mitangeklagte Carsten S. zu drei Jahren Jugendstrafe.
Damit endet nach mehr als fünf Jahren einer der längsten und aufwendigsten Indizienprozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Es wurde aber damit gerechnet, dass Zschäpes Verteidiger Revision einlegen. Dann müsste der Bundesgerichtshof das Urteil überprüfen.
Zehn Morde und zwei Anschläge gehen auf das Konto des NSU
Zschäpe hatte fast 14 Jahre lang mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die beiden Männer neun Gewerbetreibende türkischer oder griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin, zudem verübten sie zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten. Zwar gibt es keinen Beweis, dass Zschäpe an einem der Tatorte war. Die Anklage hatte Zschäpe allerdings eine maßgebliche Rolle bei der Tarnung des Trios zugeschrieben und argumentiert, Zschäpe habe „alles gewusst, alles mitgetragen und auf ihre eigene Art mitgesteuert und mit bewirkt“. Dieser Argumentation folgte das Gericht nun mit seinem Urteil. Zschäpe selbst hatte in schriftlichen Einlassungen geltend gemacht, sie habe von den Morden und Anschlägen ihrer Freunde immer erst im Nachhinein erfahren. „Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, was ich weder gewollt noch getan habe“, hatte sie in ihrem persönlichen Schlusswort ans Gericht appelliert.
Opferangehörige hatten während des NSU-Prozesses immer wieder die für sie unzureichende Aufklärung der Hintergründe bemängelt, zuletzt am Dienstag. Für Mittwochabend ist unter anderem in Dortmund eine Kundgebung geplant.
DPA