Anwohner Ted Bauknecht steht vor einem Bauzaun des Schulzentrums an der Bockenfelder Straße in Kirchlinde, in den Händen hält er den Eilantrag, den er ans Umweltamt Dortmund geschickt hatte. Hinter ihm ist ein Bagger zu sehen und eine Rasenfläche, wo bis vor Kurzem noch Bäume standen.

Anwohner Ted Bauknecht ist über die Abholzung der Bäume auf dem Gelände des Schulzentrums erbost. Mit einem Eilantrag ans Umweltamt Dortmund hatte er versucht, die Fällungen noch zu stoppen. © Maurice Prior

Bäume in Dortmund wegen Schulneubau abgeholzt: Anwohner nennt das „Skandal“

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Weil ein neues Schulgebäude gebraucht wird, wurden im Dortmunder Westen Bäume gefällt. Dagegen regt sich Protest. Betroffene Anwohner sind empört und fühlen sich zu wenig eingebunden.

von Maurice Prior

Kirchlinde

, 03.08.2022, 04:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ted Bauknecht ist sauer. Sein Ärger hat einen Grund: Ein Dutzend alter Bäume ist in seiner unmittelbaren Nachbarschaft gefällt worden. Die Stadt Dortmund hatte dafür grünes Licht gegeben. „Das ist einfach ein Skandal, dass diese Bäume abgeholzt wurden. In den Leuten hier brodelt es“, sagt Ted Bauknecht.

Der Bauzaun stand schon länger. Am Montagmorgen (1.8.) surrten dann die Kettensägen, die die Laubbäume abholzten. Wo sie bis vor Kurzem noch standen, soll ein neues Schulgebäude gebaut werden. Das Schulzentrum im Dortmunder Stadtteil Kirchlinde benötigt nämlich dringend mehr Gebäudefläche. Die soll jetzt an der Bockenfelder Straße entstehen, an der Grenze zum Stadtteil Westrich.

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Das BBG braucht mehr Platz

Auf dem Gelände des Schulzentrums Kirchlinde sind die Droste-Hülshoff-Realschule, eine Grundschule sowie mehrere Turnhallen und das Bert-Brecht-Gymnasium (BBG) beherbergt. Letzteres soll ein neues Oberstufenzentrum erhalten. BBG-Schulleiterin Sabine Schmidt-Strehlau kann den Unmut über den Verlust der Bäume verstehen. „Mir tut es um jeden Baum Leid. Das ist ein echtes Dilemma, aber ich habe als Schulleiterin auch nur begrenzten Einfluss.“ Gleichzeitig verteidigt sie den Bau des neuen Schulgebäudes: „Wir sind seit zwei Jahren offiziell ein fünfzügiges Gymnasium und stellen bald wieder auf G9 um. Wir brauchen unbedingt mehr Platz.“

Für Ted Bauknecht ist das durchaus nachvollziehbar: „Natürlich muss man über Lösungen nachdenken, um mehr Platz zu bekommen, aber die Frage ist wo.“ Das Fällen der Bäume hätte seiner Einschätzung nach vermieden werden können. Ursprünglich war sogar ein anderer Standort auf dem Gelände des Schulzentrums vorgesehen. Eine wild bewachsene Wiese auf der anderen Seite des Schulgeländes in Richtung Konradstraße.

Dieses Wiesenstück auf dem Gelände des Schulzentrums Kirchlinde war offenbar kein geeigneter Ort für den Neubau des BBG.

Dieses Wiesenstück auf dem Gelände des Schulzentrums Kirchlinde war offenbar kein geeigneter Ort für den Neubau. © Maurice Prior

Diese Stelle erledigte sich allerdings recht schnell als potenzielles Bauland. Dort zu bauen, hätte die Entsorgung von Abwasser erheblich verkompliziert. Das hätte dann zur Bockenfelder Straße hochgepumpt werden müssen. „Diese Standortsuche war wirklich komplex und da steckt viel mehr dahinter, als man als Laie so denkt“, so BBG-Schulleiterin Schmidt-Strehlau.

Gutachter nahm die Bäume vor der Fällung unter die Lupe

Auf Anfrage der Redaktion erklärt die Stadt Dortmund, dass das Fällen von Bäumen stets nur das letzte Mittel sei. Deshalb habe man besonders gründlich geprüft. Die Bäume seien vor der Abholzung intensiv und unabhängig begutachtet worden: „Dabei kam heraus, dass es sich weder um Naturdenkmäler handelt noch befanden sich aktive Nester in den Kronen.“ Die Fällung sei daher im Einklang mit dem Naturschutzgesetz durch das Umweltamt der Stadt Dortmund genehmigt worden.

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Sozialarbeiter Ted Bauknecht hält das auch klimapolitisch für verfehlt. Es müsse schließlich alles getan werden, um die Klimaziele zu erreichen: „Bäume binden CO₂ und spenden Schatten, den wir gerade an heißen Tagen dringend brauchen.“ Das Mindeste sei jetzt, die gefällten Bäume mit Aufforstungen zu kompensieren. Die Stadt Dortmund sagt das zu: „Eine Ausgleichspflanzung an anderer Stelle wird erfolgen.“

Anwohner Bauknecht lässt Vorgehen der Stadt juristisch prüfen

Den gefällten Bäumen nützt das nichts mehr. „Jetzt ist es zu spät. Weg ist weg“, zeigt sich Ted Bauknecht ernüchtert. Kurz vor der Abholzung hatte er noch einen letzten Rettungsversuch unternommen. Am Sonntag (31.7.) reichte er ein Eilersuchen beim Dortmunder Umweltamt ein, in der Hoffnung, das Fällen der Bäume noch verhindern zu können – vergebens.

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Mit Hilfe eines Anwalts will Bauknecht jetzt klären lassen, ob das Genehmigungsverfahren bei der Stadt ordnungsgemäß abgelaufen ist. „Den Eindruck habe ich nämlich nicht. Diese Aktion wurde völlig übereilt mitten in den Sommerferien durchgezogen.“ Für viele werde das nach den Ferien für ein böses Erwachen sorgen.

Viele Anwohner fühlen sich nicht gehört

Laut Ted Bauknecht, der sich im Ort für gut vernetzt hält, fühlten sich viele von der Stadt zu wenig über das geplante Bauprojekt informiert. „Ich hätte mir da einen runden Tisch gewünscht oder jedenfalls, dass man auf die Bürger hier zugeht.“ Die Anwohner berühre das Thema wirklich sehr: „Man muss hier nur mal mit seinem Hund spazieren gehen, dann kriegen Sie dazu schon was zu hören.“

Das bestätigt Anwohnerin Johanna, die regelmäßig mit Hund Benjy ihre Runde durch das betroffene Stück gedreht hat. „Man konnte hier schön spazieren gehen, die Kinder haben gerne hier gespielt.“ Von der Abholzung der Bäume hält sie gar nichts.

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