AfD-Besuch auf Zeche Zollern eskaliert Antifa und Partei-Anhänger geraten aneinander

Auseinandersetzungen auf Zeche Zollern bei Besuch von AfD-Vertretern
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Rund um das Gelände der Zeche Zollern im Dortmunder Westen lief am Tag der Arbeit (1. Mai) ein großer Einsatz der Polizei Dortmund. Grund dafür war eine Auseinandersetzung zwischen Antifa-Aktivisten sowie Personen aus dem Umfeld der AfD.

Polizeisprecher Tobias Boccarius teilte auf Anfrage dieser Redaktion mit, dass die Antifa „körperlich mit AfD-Anhängern aneinander geraten“ sei. Die Polizei habe beide Gruppen voneinander getrennt. Dabei sei ein Beamter leicht verletzt worden, habe aber im Dienst bleiben können.

Der Dortmunder AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich.
Der Dortmunder AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich besuchte gemeinsam mit rund 50 AfD-Anhängern die Zeche Zollern. © Karsten Wickern

Die Polizei war mit starken Kräften und mehr als einem Dutzend Fahrzeugen vor Ort. In einer Pressemitteilung gab die Behörde zudem bekannt, dass drei Strafanzeigen gefertigt wurden: „gegen zwei Personen der AfD aufgrund einer Körperverletzung und gegen zwei Personen aufgrund einer Körperverletzung und Vermummung“. Unter einer Strafanzeige können mehrere Personen gefasst werden. Die Zahl der Strafanzeigen muss deshalb nicht zwangsläufig mit der genannten Zahl an Personen übereinstimmen.

Eine Gruppe von 50 Personen um den AfD-Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich hatte sich am Donnerstagvormittag vor dem Museum versammelt. Auch der Dortmunder Oberbürgermeisterkandidat Heiner Garbe (AfD) sowie Vertreter der Partei aus Thüringen waren anwesend. Die Gruppe wolle sich „die Industriekultur anschauen“, hieß es.

Der linke Gegenprotest blockierte bereits am Vormittag zwischenzeitlich zwei Straßen und versuchte die Gruppe um den Dortmunder AfD-Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich am Zutritt zu hindern. Es kam zu einem Handgemenge, an dem Akteure beider Seiten beteiligt waren.

Polizeibeamte versuchten, die Gruppen zu trennen. Dabei gingen auch Personen zu Boden. „Man habe das Recht, sich den Weg freizuräumen“, kommentierte Matthias Helferich den Vorfall am Eingang. Er betonte, dass der Rundgang keinen politischen Charakter habe. Es seien einfach mehrere AfD-Mitglieder gemeinsam unterwegs. Später werde es aber noch Vorträge geben. Er teilte mit, dass unter der AfD-Besuchergruppe auch drei Personen aus Thüringen seien.

Ein Polizeibeamter schiebt einen Gegendemonstranten zurück.
Ein Polizeibeamter schiebt einen Gegendemonstranten zurück. © Karsten Wickern

Darunter der AfD-Bundestagsabgeordnete Robert Teske, der Thüringer Landtagsabgeordnete Daniel Hasseloff und Benedikt Kaiser, Autor und Publizist der Neuen Rechten. Der ehemalige Neonazi Kaiser ist Mitarbeiter der AfD. Er versteht den Besuch in Dortmund als Möglichkeit, „sich zu vernetzen und auszutauschen“, wie er am 1. Mai sagte.

Er sieht strukturelle Ähnlichkeiten zwischen dem Ruhrgebiet und dem Osten Deutschlands. „Die Achse NRW und Thüringen macht deshalb nicht nur politisch Sinn“, sagt Kaiser. Er werde später noch einen Impulsvortrag halten, kündigte er an.

Gegen 13 Uhr waren sowohl die AfD-Vertreter als auch die Demonstranten aus dem linken Spektrum vom Gelände der Zeche abgereist. Nach dem Besuch an der Zeche Zollern fuhr die Gruppe um Helferich in ein Lokal am Lütgendortmunder Markt. Rund ein Dutzend Gegendemonstranten versammelte sich davor. Auch Polizeibeamte bezogen davor Stellung.

Gerüchte um Höcke-Besuch

Das LWL-Museum Zeche Zollern veröffentlichte bereits am Mittag ein Statement zum Besuch der AfD-Vertreter in den sozialen Netzwerken. „Sie sind nicht zufällig hier: Es ist eine organisierte Veranstaltung anlässlich des 1. Mai, bei der sie gezielt unseren Ort nutzen, um ihn für ihre Zwecke zu vereinnahmen“, heißt es. „Das LWL-Museum Zeche Zollern steht für Vielfalt, Toleranz und ein demokratisches Miteinander.“

Die Polizei war vor der Zeche Zollern mit starken Kräften im Einsatz und war mit Beamten auch auf dem Gelände unterwegs, das für andere Besucher weiter geöffnet war.
Die Polizei war vor der Zeche Zollern mit starken Kräften im Einsatz und war mit Beamten auch auf dem Gelände unterwegs, das für andere Besucher weiter geöffnet war. © Karsten Wickern

Nach Angaben des LWL-Museums hatten die AfD-Mitglieder keine Gruppenführung gebucht. Im vergangenen Jahr hatte die Zeche Zollern den AfD-Mitgliedern den Zutritt verwehrt und dies mit der politischen Neutralität des Kulturortes angesichts der Nähe zu den Europawahlen im Jahr 2024 begründet.

Die Leitung des Museums sah einen politischen Charakter in dem Besuch der Gruppe, auch weil damals der Thüringer AfD-Landesvorsitzende und Partei-Rechtsaußen Björn Höcke mit angereist war. Es hatte Gerüchte gegeben, dass Höcke auch an diesem 1. Mai wieder in Dortmund sein werde. Er war jedoch nicht vor Ort.

„Wir sind ein offenes Haus, distanzieren uns aber von jeglicher Form der Instrumentalisierung unseres Ortes“, sagte Pressesprecherin Christiane Spänhoff. Man habe die Gruppe darauf hingewiesen, dass nur ausgebildete Kulturvermittler Führungen geben dürften.

Museums-Mitarbeiter bedrängt

„Über unsere Ansagen wurde sich einfach hinweggesetzt“, sagte Anne Kugler-Mühlhofer, Leiterin des LWL-Museums Zeche Zollern. „Die Situation war sehr unangenehm.“ Sie sei geschubst worden. In einem Video eines Museums-Mitarbeiters ist zu sehen, wie Kugler-Mühlhofer vermeintliche Fehler im Vortrag des ehemaligen JA-Funktionärs Gerald Christ kritisierte und sagte, dass die Führung nicht gestattet sei.

Es kam zu verbalen Auseinandersetzungen. „Halten Sie den Mund“, fuhr ein Mann aus der AfD-Gruppe in dem Video die Leiterin an, die sich nicht als solche zu erkennen gegeben hatte, aber einen LWL-Ausweis an der Kleidung trug. Danach bedrängt der Mann den Mitarbeiter und fragte, wie er heiße. Es seien Drohungen ausgesprochen worden, dass das Verhalten des Museums Konsequenzen haben werde, heißt es von Kugler-Mühlhofer.

Anne Kugler-Mühlhofer, Leiterin des LWL-Museums Zeche Zollern.
„Über unsere Ansagen wurde sich einfach hinweggesetzt“, sagt Anne Kugler-Mühlhofer, Leiterin des LWL-Museums Zeche Zollern. © Lukas Wittland

„Es geht darum, die Themen Kultur und Bildung für sich zu besetzen“, schätzt Dr. Kirsten Baumann, Direktorin der acht LWL-Museen, die Intention des Besuchs ein. Sie war vor Ort, weil sich ein Besuch der AfD-Mitglieder abgezeichnet hatte.

Laut Polizeiangaben haben etwa 30 Personen aus dem linken Spektrum gegen den AfD-Besuch protestiert.
Laut Polizeiangaben haben etwa 30 Personen aus dem linken Spektrum gegen den AfD-Besuch protestiert. © Karsten Wickern

Auch 2024 war es zu Protesten der Antifa wegen eines Museumsbesuchs von AfD-Anhängern gekommen. Gemeinsam mit Matthias Helferich und weiteren AfD-Politikern hatte er die frei zugängliche Kokerei Hansa besucht, nachdem sie an der Zeche Zollern abgewiesen worden waren.

Matthias Helferich ist Bundestagsabgeordneter der AfD und sitzt im Rat der Stadt. Bundesweite Bekanntheit erlangte der Dortmunder als er sich – seinen Angaben zufolge ironisch – in einem Chat als „freundliches Gesicht des NS (Anm. d. Red.: Nationalsozialismus)“ bezeichnete.

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