Heiner Garbe will AfD-Oberbürgermeister werden „Wer keine Feinde hat, hat nichts erreicht“

Heiner Garbe will AfD-Oberbürgermeister werden: „Im besten Fall schaffe ich es“
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„In Mexiko ist es nicht mehr so schön, wie es einmal war. Aber in Kolumbien hat sich die Lage verbessert.“ Heiner Garbe kann das beurteilen. Viele, viele Male war er schon in Lateinamerika - in Honduras, Haiti, anderen Ländern.

Nicht als Pauschaltourist, sondern auf eigenen Wegen, ganz „unkonventionell“ - immer auch auf der Suche nach neuen Fischen. Schon als 13-Jähriger habe er sich „auf Buntbarsche fokussiert“. Und früher, sagt Garbe, sei es auch viel einfacher gewesen, die Tiere nach Deutschland einzuführen. Weniger Gesetze, weniger Formalitäten.

Schon früh „Privatier“

Heiner Garbe, der in diesem Jahr 70 wird, ist erster Oberbürgermeister-Kandidat der AfD in Dortmund. Privat erfreut er sich an den „sehr farbigen“ Fischen in seinen Aquarien, hegt und pflegt sie. Politisch möchte er, dass diejenigen, die in seinen Augen nicht hierher gehören, im großen Stil abgeschoben werden.

Eine „lückenlose Abdichtung der Grenze“ forderte er vor der Bundestagswahl. „Wir sind nicht das Weltsozialamt!“, sagte Garbe, der mit 50 Jahren schon als „Privatier“ leben konnte, wie er es selbst nennt: „Ich hatte im Grunde mein Geld verdient und keine Schulden.“

Journalist, Investor, Pressesprecher

Biologe wäre er gerne geworden, aber dafür reichte der Abiturschnitt nicht. Also studierte er Germanistik, Publizistik und Anglistik, doch noch vor dem Abschluss lockte ihn das Zeitungswesen. 21 Jahre lang war Garbe Redakteur der Ruhr Nachrichten in den Ressorts Wirtschaft und Politik.

Im Jahr 2000 - da war Garbe Mitte 40 - „wurde ich angesprochen von jemandem aus der Banken-Szene“. Es war die Hochzeit der Neuen Marktes - und Garbe war ohnehin gerade bereit, sich umzuorientieren. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase und dem Abrauschen der Kurse wurde Garbe Pressesprecher bei Ruhrgas.

Der Dortmunder AfD-Fraktionsvorsitzende Heiner Garbe trägt am Jackett einen 100-Mark-Schein.
Heiner Garbe am 25. Mai 2014 in der Bürgerhalle des Dortmunder Rathauses. Der angeheftete 100-Mark-Schein weist ihn als offensichtlichen Fan der nationalen Währung aus. © Stephan Schütze (Archiv)

„Man nahm uns die D-Mark“

„Typischer CDU-Wähler“ sei er gewesen, jahrzehntelang. Sein Vater sei ja auch Mitbegründer der Partei in Marten gewesen. Aber in den Jahren der Griechenland-Rettung wandte er sich von der Union ab.

„Als man uns die D-Mark nahm, hieß es: Kein Staat in der EU haftet für die Schulden eines anderen.“ Doch dann kam der Rettungsschirm für Griechenland - und Garbe trat erstmals in eine Partei ein.

Garbe ging den AfD-Weg mit

Das war noch die AfD von Bernd Lucke und dem ehemaligen BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel. Garbe war vom Gründungsparteitag 2013 an dabei. Ein Jahr später zog er in den Dortmunder Stadtrat ein, wurde Ratsherr und ist seitdem Fraktionsvorsitzender.

Lucke, Frauke Petry, Jörg Meuthen - sie alle waren irgendwann weg. Heiner Garbe blieb. Nicht mit allen Punkten im aktuellen AfD-Parteiprogramm sei er einverstanden, aber doch „mit 85 Prozent. Und ohne diese Häutungen hätten wir heute nicht den Erfolg, den wir haben.“

Extrem rechtes Vorbild

Garbe rückte ebenso nach rechts wie die Partei. Auch er spricht heute im Stadtrat lauter, provokanter als in seinen ersten Jahren. Fragt man ihn nach seinem politischen Vorbild, nennt er Matthias Helferich, seinen Dortmunder Stadtrats-Kollegen, der nicht nur am rechten Rand der AfD steht, sondern den auch immer weiter ausdehnt.

Wie groß allerdings der Stellenwert von Garbe in der Dortmunder AfD ist, zeigt sich an einem Abend Ende November im Rathaus. Die AfD-Fraktion feiert ihr zehnjähriges Bestehen, auf den Tischen im gut gefüllten Saal Tremonia stehen kalte Biere und Weingläser, am Rand wartet ein warmes Buffet.

Parteichefin: „Er ist der Boss!“

Garbe hält eine der beiden Festreden. Er ist sichtlich gut gelaunt, er ist hier unter Freunden. Sobald er in der Rede jedoch auf die anderen Parteien zu sprechen kommt, wird der Ton rau. Dann sagt er Dinge wie: „Damit unser Dortmund leben kann, muss die alte Politik sterben!“ Und es fällt ein Satz, der seine Art des Politikmachens der letzten zehn Jahre ganz gut zusammenfasst: „Wer keine Feinde hat, hat nichts erreicht!“

Am Ende der Rede gibt es begeisterten Applaus für Garbe. Seine Nachfolgerin im Parteivorsitz des Dortmunder AfD-Kreisverbandes, Patricia Hillemann, und Matthias Helferich überreichen ihm ein paar Geschenke. Dabei zeigt Hillemann auf Garbe und ruft ausgelassen ins Publikum: „Er ist der Boss!“

Drei Mitglieder der AfD-Fraktion im Stadtrat in Dortmund sitzen an ihren Plätzen während einer Sitzung.
Heiner Garbe sitzt vorne, hinter ihm haben Matthias Helferich (l.) und Peter Bohnhof ihre Plätze im Stadtrat. So ist es bei der AfD in Dortmund. © Stephan Schuetze

Stichwahl als „Etappenziel“

Aber Dortmunds Boss wird er doch nicht, oder? Bei der Oberbürgermeisterwahl im September 2025 ist er doch chancenlos, oder? „Das sehe ich anders. Wir haben unsere Wählerschaft verdoppelt und keiner weiß, was bis September noch passiert.“

Sein „Etappenziel“ sei die Stichwahl. Ohnehin hält Garbe mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Von Hintergrundgesprächen, wie sie manchmal zwischen Politikern und Journalisten geführt werden, hält er nicht viel. „Sie können alles, was ich sage, verwenden“, sagt er bei einem Treffen – trotz seiner Vorliebe für provokante Aussagen. „Meine Frau sagt manchmal im Scherz zu mir: ‚Manchmal wärst du gerne Diktator“, erzählt er beispielsweise mit einem süffisanten Lächeln über seine Arbeit als Fraktionschef.

Nazis in Deutschland? Einzelfälle

Garbes Ansichten zum Rechtsradikalismus und Antisemitismus in Deutschland sind abenteuerlich absurd. Ihm zufolge sei etwa der Judenhass ein Problem, das durch die „Masse der importierten Moslems“ nach Deutschland gekommen sei, ebenso wie der Rechtsextremismus. „Das sind diejenigen, die für Extremismus sorgen. Ansonsten sehe ich hier kein Problem mit gewachsenem Extremismus“, sagte er Ende Januar im Zuge eines Gesprächs zu seiner Kandidatur für den Bundestag.

Der NSU? Die lange Geschichte der Neonazi-Szene in Dortmund und im Rest der Republik? Alt-Nazis, die nach dem Zweiten Weltkrieg in den 50er-Jahren unbehelligt ihre Karrieren in der Politik und der Wirtschaft weiterführen konnten? Für Garbe alles zu vernachlässigende Einzelfälle: „Es mag in ganz wenigen Fällen rechtsradikalen Extremismus gegeben haben. Sowas hat jede Gesellschaft. Im deutschen Staatsvolk ist sowas in keinster Weise verankert.“

Abschieben - aber wie?

Generell werde ihm zu viel „gehitlert“ in den Medien. „Man hält diesen Schuld-Kult am Leben und das sehe ich sehr, sehr kritisch.“ Die fortdauernde Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nazi-Zeit, dem millionenfachen Mord an den Juden, findet Garbe offenbar lästig und unnötig. Die Nazi-Zeit sei in der Bevölkerung kein Thema mehr, behauptet er.

Garbe will eine harte Wende - auch in Dortmund. Die Stadt solle kein „Heimathafen“ mehr sein, sondern ein „Remigrationshafen“. „Man kann auch mal Flüchtlings-Aufnahmen verweigern.“ Und diejenigen ohne Bleiberecht in Deutschland wolle er endlich hinausschaffen.

Wie er das machen will als Dortmunder Oberbürgermeister, wie er sich etwa um Flüge und Abkommen mit fremden Ländern kümmern will - eine Antwort darauf bleibt Heiner Garbe schuldig. Lieber teilt er noch einmal aus gegen die anderen Parteien: „Ich will nicht mehr, dass SPD und CDU hier den OB stellen. Im besten Fall werde ich es.“