Birgitta Wenger-Klein von der Interessengemeinschaft Saarlandstraße

Birgitta Wenger-Klein von der Interessengemeinschaft Saarlandstraße wäre froh, wenn es nicht so bald wieder eine Baustelle in der wichtigen Innenstadt-Straße gäbe. © Oliver Volmerich

Ärger und Erleichterung: Großer Straßenumbau in Dortmunds Innenstadt muss warten

rnVerkehrsplanung

Gleich zwei große Verkehrswende-Projekte plant die Stadt Dortmund in der Innenstadt. Eines davon muss zurückstehen - das ärgert die Politik. Geschäftsleute vor Ort sind eher erleichtert.

Dortmund

, 21.10.2022, 05:20 Uhr / Lesedauer: 3 min

Breitere Bürgersteige, mehr Grün, sichere Überwege und generell „mehr Aufenthaltsqualität“ - das versprechen die Stadtplaner mit der seit langem geplanten Neugestaltung der Saarlandstraße. Der Vorentwurf ist so gut wie fertig, verriet Planungsamtsleiter Stefan Thabe am Mittwoch (19.10.) im Ausschuss für Stadtgestaltung. Bis tatsächlich umgebaut wird, könnten aber noch viele Jahre vergehen.

Der Grund: Auf der Prioritätenliste der Verwaltung ist das als „Boulevard der Verkehrswende“ angekündigte Projekt nach hinten gerückt. Stattdessen soll ein anderes Verkehrswende-Vorhaben bevorzugt geplant und umgesetzt werden - nur wenige hundert Meter von der Saarlandstraße entfernt. Denn dafür stehen Fördermittel in Aussicht.

Grün statt Parkplätze im Neuen Graben

„Lebenswerter Neuer Graben“ ist der Titel des Projekts. Für die zentrale Ost-West-Achse mitten durchs Kreuzviertel haben Fachleute des Wuppertal-Instituts im Rahmen des NRW-Landeswettbewerbs „Zukunft Stadtraum“ ein Konzept für einen Komplettumbau entwickelt.

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Es sieht für den Straßenzug, der bislang vor allem von parkenden Autos beherrscht wird, breite Gehwege und mehr Grün vor - auf Kosten der Parkplätze. Von 140 blieben nur rund 70 reguläre Pkw-Stellplätze erhalten.

Ziel sei, „eine innovative, neue Straße mit einer anderen Aufteilung der Flächen herzustellen, die den Raum widerstandsfähiger hinsichtlich der klimatischen Veränderungen macht, die Lebenssituation der Anwohner verbessert, die Verkehrswende berücksichtigt und zu einem gesellschaftlichen Umdenken in unserem Verhalten beiträgt“, heißt es in der Darstellung der Verkehrsplaner.

Anwohner diskutieren im Neuen Graben

Das mit mobilem Grün symbolisierte Konzept für den Umbau des Neuen Grabens sorgte 2021 für heftige Diskussionen unter den Anwohnern. © RN

Tatsächlich ist das Projekt „Lebenswerter Neuer Grabens“ im Rahmen des Landeswettbewerbs „Zukunft Stadtraum“ prämiert worden. Die Stadt Dortmund ist nun aufgefordert, einen Antrag auf Städtebaufördermittel für die Umsetzung zu stellen. In Aussicht stehen Zuschüsse von 70 Prozent - bei geschätzten Gesamtkosten von 5,6 Millionen Euro.

Verwaltung hat Personal-Engpass

Doch es gibt gleich mehrere Haken: Die Fördermittel sind auf fünf Jahre ab Ausstellung des Förderbescheids befristet. Und mit dem Umbau steht auch die Kanalsanierung im Neuen Graben an.

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Die Zeit für Planung und Umsetzung ist also knapp - ebenso wie das Personal im Planungs- und Tiefbauamt. Deshalb soll der Umbau der Saarlandstraße im Jahresarbeitsprogramm des Tiefbauamtes zurückgestellt werden, schlägt die Verwaltung vor.

Da der Zeitplan für den Neuen Graben einen Umbau ab 2026 vorsieht, würde das bedeuten, dass die Neugestaltung der Saarlandstaße frühestens 2027 wieder ein Thema werden könnte.

Streit zwischen Bezirksvertretungen

In der für die Saarlandstraße zuständige Bezirksvertretung Innenstadt-Ost stieß das am Dienstag (18.10.) auf großen Unmut. Einstimmig lehnten die Politikerinnen und Politiker die Vorlage ab. Man bestehe auf „Durchführung des Umbaus der Saarlandstraße, wie ursprünglich angekündigt“.

Das wiederum ärgert die für den Neuen Graben zuständige Bezirksvertretung Innenstadt-West, die einen Tag später am Mittwoch (19.10.) tagte. Die Nachbar-Bezirksvertretung erscheine ihm als „‘beleidigte Leberwurst‘, die uns die Förderung und Umsetzung der Gestaltung des Neuen Grabens nicht gönnt“, meint West-Bezirksbürgermeister Friedrich Fuß.

Auch der Ausschuss für Stadtgestaltung schloss sich am Mittwoch (19.10.) allerdings der Kritik an der Verwaltung an. „Wir haben die Erwartung, dass die Saarlandstraße in der Priorität oben bleibt“, sagte Grünen-Ratsherr Matthias Dudde. „Wir wollen den provisorischen Zustand nicht noch über ein ganzes Jahrzehnt ertragen.“

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Die SPD-Fraktionsvorsitzende Carla Neumann-Lieven sprach von einer „schwierigen Gemengelage“. CDU-Planungssprecher Uwe Wassmann hält den Vorschlag der Verwaltung ebenfalls für „mehr als unglücklich“ und „nicht akzeptabel“. „Wir halten den Umbau der Saarlandstraße für bedeutender“, sagte Wassmann.

Geschäftsleute fürchten neue Baustelle

Für die Verwaltung verwiesen Planungsdezernent Ludger Wilde und Baudezernent Arnulf Rybicki auf die in Aussicht stehenden Fördermittel, die sonst verloren gingen. „Und ich glaube auch, dass die Anlieger der Saarlandstraße aktuell keine neue Baumaßnahme wollen“, sagte Rybicki.

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Damit dürfte er recht haben, wie Nachfragen bei örtlichen Geschäftsleuten zeigen. Denn die haben schon unter dem im Frühjahr 2021 beendeten Kanalbau in der Saarlandstraße massiv gelitten, wie Michaela Kuhlmann vom Elektro- und Spielzeug-Geschäft Kuhlmann bestätigt.

Man wäre durchaus froh, wenn es auch angesichts der aktuellen Wirtschaftslage nicht so bald eine neue Baustelle vor der Tür gäbe, ist sie sich mit Nachbarin Birgitta Wenger-Klein als Betreiberin der Landgrafen-Apotheke einig.

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Mit der nach dem Kanalbau provisorisch gestalteten Straße mit Tempo-30-Regelung können die Geschäftsleute offenbar gut leben. „Ich fände es gut, wenn es so bleibt, wie es jetzt ist“, sagt Birgitta Wenger-Klein als Vertreterin der Interessengemeinschaft Saarlandstraße.

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