30.000 Teilnehmer bei Groß-Demo gegen AfD in Dortmund Wie ermittelt die Polizei diese Zahl?

30.000 Teilnehmer bei Groß-Demo: Wie ermittelt die Polizei diese Zahl?
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„Aktuelle Teilnehmendenzahl: 30.000“, schrieb die Polizei Dortmund am vergangenen Samstag (20.1.) um 16.20 Uhr auf X (vormals Twitter) zur Groß-Demonstration gegen die AfD in der Innenstadt.

Damit hatte sie ihre vorherige Schätzung von 15.27 Uhr mit rund 15.000 Teilnehmern noch einmal nach oben korrigiert. Elf Minuten zuvor, um 15.16 Uhr, hatte sie das erste Mal eine Schätzung abgegeben: 10.000 Menschen. Aber mit dem Zusatz, dass es noch immer Zulauf gebe, „eine höhere Teilnehmendenanzahl ist also möglich“. Aber wie kommt die Polizei zu diesen Zahlen?

Eine festgelegte Methode gibt es bei der Dortmunder Polizei nicht, teilt Polizeisprecher Felix Groß auf Anfrage mit. Es sei eher eine Mischung aus verschiedenen Methoden und Erfahrungswerten von Beamten. So ließe sich bei bekannten Plätzen wie dem Friedensplatz sagen, wenn er zu Zweitdritteln gefüllt sei, müsste in etwa Summe „x Personen“ da sein, sagt Groß. Auf Wikipedia ist eine Kapazitätsgrenze des Friedensplatzes von 15.000 bis 20.000 Personen angegeben.

Für den Platz-der-Deutschen-Einheit, auf dem am vergangenen Samstag die Kundgebung stattgefunden hatte, habe man solche festen Größen nicht, erklärte der Polizeisprecher. Dann versuche man das Aufkommen mit anderen Demonstrationen zu vergleichen.

Südtribüne als Vergleich

„Da greifen unsere Polizeiführer, die schon zahlreiche Demonstrationen begleitet haben, auf ihre Erfahrung zurück“, sagt Groß – auch aus anderen Bereichen würden bekannte Größen hinzugezogen, wie etwa die Südtribüne, auf der bei jedem BVB-Spieltag rund 25.000 Menschen Platz finden.

Am Platz-der-Deutschen- Einheit könne man sich aber auch die Gegebenheiten zu machen und von der Katharinentreppe aus in erhöhter Position ein Bild der Lage verschaffen. Eine Methode sein dann, abzuzählen, wie viele Personen auf einer quadratischen Fläche stehen und sie in „fassbare Päckchen“ einzuteilen.

Dann lege man gedanklich ein Raster über die gesamte Fläche der Demonstration und könne so die Personenzahl hochrechnen. „Die Kolleginnen und Kollegen stehen während einer Demonstration immer im Austausch miteinander und beraten sich“, sagt der Polizeisprecher. Bei kleineren Demonstrationen mit nur wenigen Teilnehmenden ließe sich die Zahl durch Zählen natürlich genauer bestimmen.

Teilnehmerzahlen weichen immer wieder ab

Klar wird nach den Schilderungen der Dortmunder Behörde aber auch: Eine hundertprozentig akkurate Methode steht der Polizei nicht zur Verfügung. Die Bestimmung der Teilnehmendenzahl basiert auf Erfahrungswerten und Schätzungen. Dadurch kommt es auch immer wieder dazu, dass die kommunizierte Teilnehmerzahl der Organisatoren von denen der Polizei abweicht.

Erfahrungsgemäß seien die Veranstalter optimistischer in ihren Schätzungen, weil sie ein Interesse haben, möglichst hohe Zahlen zu verbreiten. Die Polizei dagegen rechne defensiver, sagte Dr. Stephan Poppe dem WDR. Poppe befasst sich an der Uni Leipzig mit der Teilnehmerzählung bei Veranstaltungen und Demonstrationen. Die typischen Schätz- und Messfehler lägen im Durchschnitt bei 20 bis 30 Prozent. Hinzu käme, dass die Zeitpunkte, an denen die Zahlen erhoben werden, voneinander abweichen können.

„Bauchschätz-Methoden“

An der Darstellung zu Beginn dieses Artikels ist zu erkennen, wie entscheidend der Zeitpunkt ist. Da die Demonstration auch nach dem eigentlichen Beginn um 15 Uhr weiter Zulauf bekam, musste die Dortmunder Polizei ihre Zahl weiter nach oben korrigieren.

Die Luftaufnahme zeigt die Kundgebung vor dem Hauptbahnhof gegen Ende. Einige Menschen hatten den Platz und den Wall da schon wieder verlassen.
Die Luftaufnahme zeigt die Kundgebung vor dem Hauptbahnhof gegen Ende. Einige Menschen hatten den Platz und den Wall da schon wieder verlassen. © David Döring

Er habe den Eindruck, dass es zu oft „Bauchschätz-Methoden“ seien, kritisiert Poppe gegenüber dem WDR: „Der eine sagt, ich glaube, es sind 20.000, der andere sagt 40.000. Dann machen wir 30.000.“ Der Wissenschaftler wünscht sich von den Behörden mehr Transparenz. Gleichwohl könne er kein Muster erkennen, dass Behörden Zahlen größer oder kleiner rechnen. AfD-Politiker hatten nach den Großdemonstrationen versucht, die Teilnehmerzahl der Demonstrationen kleinzureden.

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