
Die Brotzeit der Schützenkapelle Rhade war mit 1500 Besuchern die zugkräftigste Veranstaltung des diesjährigen Kultursommers. © Privat
Bilanz und Ausblick: Wie geht es mit dem Kultursommer in Dorsten weiter?
Kultursommer
Keine Promi-Künstler-Bühne auf dem Markt, dafür lokale Akteure über die Stadt verteilt: Der Dorstener Kultursommer veränderte in 2022 sein Gesicht. Wie geht es weiter? Es gibt eine Tendenz.
Früher, also vor der Corona-Zeit, fand der Dorstener Kultursommer alle zwei Jahre an einem September-Wochenende mit großem technischen und organisatorischen (Bühnen-)Aufwand als gesellschaftliches Ereignis auf dem Dorstener Marktplatz statt, das auch auswärtige Besucher in die Stadt lockte: Freitags mit großem Orchester-Besteck, samstags schlug fast immer Kabarettist Jürgen Becker mit aus TV- und Radio bekannten Kleinkunst-Kollegen im Gepäck in der Lippestadt auf.
In diesem Jahr war alles anders. Statt gebündelte Strahlkraft auch nach außen waren vielmehr kleinere Spots auf die interne Szene gerichtet. Dezentral und gut vier Wochen lang über die Stadt verteilt, mit vorherigem Bewerbungsverfahren und vor allem mit lokalen Akteuren.
Was eigentlich zunächst ausnahmsweise und lediglich als „Corona-Re-Start“-Hilfe für Dorstens Kreativ-Branche gedacht war, könnte sich nun zum dauerhaften Format entwickeln.
So ganz wollten die beiden Kooperationspartner (Vereinte Volksbank als Geldgeber und Stadt als Organisatorin) bei einem Bilanzgespräch noch nicht die Katze aus dem Sack lassen. „Wie es weitergeht, darüber müssen wir noch gemeinsam reden“, sagte Ingo Hinzmann (Vorstand Vereinte Volksbank).
Aber das Fazit, das sowohl er als auch Bürgermeister Tobias Stockhoff als städtischer Kulturdezernent nach dem Kultursommer 2022 zogen, deutet auf eine Wiederholung des Probelaufs hin.

Kultur-Premiere in Östrich: Bei der Offenen Bühne traten auch die "Boat People" auf. © Privat
„Das würde ich gerne weiter verfolgen“, sagte nämlich Ingo Hinzmann. „Wir würden uns nicht dagegen wehren“, ergänzte Tobias Stockhoff. Wobei Hinzmann aber auch als spontane Idee eine mögliche Variante ins Spiel brachte. „Zwar dezentral, aber nur an jeweils drei, vier unterschiedlichen Standorten in der Stadt.“
Bürgermeister Tobias Stockhoff griff den Faden auf: „Wenn erst einmal das Dach für das Amphitheater steht, wäre dafür zum Beispiel der Bürgerpark Maria Lindenhof gut geeignet.“
Deutlich mehr Menschen
So oder so: Der langgediente Kultursommer in Dorstens guter Stube wäre dann Vergangenheit. „Auf dem Marktplatz sind vielleicht insgesamt 1500 Besucher gekommen, diesmal haben wir deutlich mehr Menschen aus Dorsten erreicht und mehr als nur Orchester und Kabarett geboten“, so Hinzmann.
Tobias Stockhoff, der mehrere der Kultursommer-Veranstaltungen besucht hatte, sagte: „Ich habe da viele Menschen getroffen, die ich normalerweise nicht bei Kulturterminen sehe“. Die Kultur habe es also geschafft, „für ein Gemeinschaftsgefühl zu sorgen“.
Stockhoff hob vor allem die schöne Atmosphäre beim Open-Air-Kino- und Musikabend am Barkenberger See und bei der Brotzeit in Rhade hervor, die privat organisierte Offene Bühne in Östrich, aber auch das „liebevoll organsierte“ Weltmusikfestival des Musikvereins Dorsten, bei dem auch weniger eingängige Angebote wie zum Beispiel ein Konzert mit indischer Musik präsentiert wurden. „Denn Kultur muss in die ganze Breite der Bürgerschaft gehen, das ist die Aufgabe einer Stadt.“

Beim Kunstverein "Virtulle-Visuell" gab es eine Tanzvorführung der Barrie-Reece-Gruppe. © Privat
1500 Besucher bei der musikalischen Brotzeit der Schützenkapelle Rhade, 1000 Gäste beim Seefest am Barkenberger See, das waren zahlenmäßig die Publikumsbringer. Es gab aber auch Veranstaltungen, die nicht besonders gut zogen. „Der Vortrag von Professor Karim Fereidooni in der Neuen Schule hätte mehr Teilnehmer verdient gehabt“, sagt Sabine Fischer, Leiterin der Dorstener Stadtagentur, die für die Organisation des Kultursommers verantwortlich war.
Auch Kritikpunkte
Aber auch die ambitionierte Fußball-Film-Reihe mit anschließenden Podiumsdiskussionen von RW Dorsten und Central-Kino lockte leider kaum Menschen an. Kinobesuch bei großer Hitze? Das funktionierte nicht.
Dennoch: „Der Kultursommer war eine tolle Sache“, sagte Ingo Hinzmann. Aber: Es gab Kritikpunkte. Die Plakate und Flyer mit dem offiziellen Kultursommer-Logo für die Öffentlichkeitsarbeit bekamen die jeweiligen Kultur-Vereine reichlich spät.
Nicht immer wurde nach außen klar, dass eine Veranstaltung unter der Dachmarke „Kultursommer“ lief. „Es war eine Premiere, und das mit 18 Veranstaltern, was es nicht einfach machte“, so Ingo Hinzmann. „Den einen oder anderen unerfahrenen Akteur hätte man zudem im Vorfeld mehr an die Hand nehmen sollen.“
Auch dass der Kultursommer immer mal wieder mit anderen Kultur-Terminen in Dorsten in Konkurrenz stand, führte zu Missmut. „Die Häufung der Kulturveranstaltungen war Corona geschuldet“, so Sabine Fischer.

Eigens für den Kultursommer wurde ein literarischer Stadtspaziergang entwickelt. © Privat
„Es wurden in diesem Sommer viele Veranstaltungen nachgeholt, die in den vergangenen beiden Jahren ausgefallen waren.“ Aber selbst innerhalb des Kultursommer-Reigens gab es Terminüberschneidungen. „Wir hätten tatsächlich eigentlich mehr Zeit als diese fünf Wochen benötigt“, so Fischer.
Sollte es zu eine Wiederholung dieses Formats kommen, solle den interessierten Kulturschaffenden auch mehr Zeit bei der Bewerbungsfrist eingeräumt werden, so Stockhoff. Eine „Runden Tisch“, wo bereits im Vorfeld gemeinsam mit den ausgewählten Akteuren organisatorische Dinge besprochen werden, sowie eine „Manöverkritik“ dürfte es dann auch geben.
Und die Kultursommer-Macher hoffen, dass sich noch mehr kreative Dorstener, Ex-Dorstener oder anderweitig mit Dorsten verbundene Menschen und Initiativen am Kultursommer beteiligen wollen. Das diesjährige Programm mit seiner Mischung aus Musik, Filmen, Ausstellungen, Lesungen, Vorträgen und Diskussionsabenden kann für die Interessierten eine erste Blaupause sein. „Daran sehen sie, was alles möglich ist und was vielleicht noch fehlt“, heißt es.

Viele hundert Besucher waren bei der Kinovorführung der Sommernacht am Barkenberger See dabei. © Bludau
An einer ganz besonderen Aufgabe wollen sich die Macher des Dorstener Kultursommers bei der wohl im Jahr 2024 geplanten nächsten Auflage messen lassen: Dann wollen sie nämlich auch in Altendorf-Ulfkotte, Deuten und in der Feldmark kulturelle Duftmarken setzen. Aus diesen drei Stadtteilen kamen nämlich in diesem Jahr keine keine Bewerbungen.
Geboren 1961 in Dorsten. Hier auch aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach erfolgreich abgebrochenem Studium in Münster und Marburg und lang-jährigem Aufenthalt in der Wahlheimat Bochum nach Dorsten zurückgekehrt. Jazz-Fan mit großem Interesse an kulturellen Themen und an der Stadtentwicklung Dorstens.
