Warum zwei Dorstener Klima-Gruppen aneinander vorbei arbeiteten
Fridays for Future
Kurz vor dem Klimastreik am Freitag in der Altstadt arbeiteten zwei Dorstener Gruppen von „Fridays for Future“ unwissentlich gegeneinander. Uneinigkeit besteht auch mit der Kreis-Ortsgruppe.
Am Freitag ist Großkampftag bei „Fridays for Future“ – weltweit ruft die Bewegung zum Klimastreik auf. In 2000 Städten wollen Menschen auf die Straßen gehen, kurz vor dem UN-Gipfel in New York. In fast 500 deutschen Städten sind Demos angemeldet, so auch in Dorsten. Um 10.30 Uhr wollen die Dorstener auf dem Marktplatz Flagge zeigen für den Klimaschutz.
Umso verwunderlicher, dass eine Instagram-Seite mit dem Account-Namen @fridaysforfuturedorsten dazu aufruft, gemeinsam nach Oberhausen zu fahren, um die dortige Demo zu unterstützen.
Dahinter steckt nicht etwa inhaltlicher Streit, sondern eine kuriose Organisations-Panne: Sechs Wochen lang hatten zwei Dorstener Organisations-Teams im Namen von Fridays for Future aneinander vorbeigearbeitet, ohne voneinander zu wissen.
Wie konnte das passieren? „Ich und ein paar andere Jugendliche haben vor einiger Zeit wieder angefangen, die Bewegung nach Dorsten zu holen“, sagt Tim Ziegel (15), der die Instagram-Seite leitet. Dass es bereits eine Gruppe gibt, die noch aktiv ist, ahnten die Schüler nicht. Nach der großen Demo im April habe er nichts mehr von der Bewegung in Dorsten gehört. Diese wurde vor allem von den Abiturienten getragen, die aber inzwischen in alle Welt verstreut sind.
Nicht gefunden trotz Whatsapp und Instagram
Auch moderne Kommunikations-Medien halfen nicht. Während eine Gruppe per Whatsapp kommuniziert und sich ansonsten bei der Klimainitiative trifft (alle zwei Wochen donnerstags im Leo), nutzt die andere Instagram und eine eigene Whatsapp-Gruppe. Er habe die bestehende, aber inaktive Instagram-Seite von einem Schulkollegen übernommen und wiederbelebt, sagt Tim Ziegel. „Da sind in unserem Alter die meisten aktiv.“
Gemeinsam organisierten die Jugendlichen eine Aufräum-Aktion im Bürgerpark Maria Lindenhof. Eine eigene Demo meldeten sie nicht an, weil keiner von ihnen volljährig war. Deshalb fuhren die Jugendlichen zur Demo nach Essen. Und zuletzt warb die Gruppe für den Klimastreik in Oberhausen.
Nur durch Zufall habe er von der geplanten Demo in Dorsten erfahren - und sich gewundert, sagt Tim Ziegel. „Natürlich finden wir es nicht so schön, dass es mittlerweile zwei Gruppen hier gibt und die aneinander vorbei organisieren.“
Schaden Demos in Dorsten der Bewegung?
Irritationen gab es in der Whatsapp-Gruppe des bisherigen Teams, aber auch um den generellen Umgang mit kleinen Ortsgruppen. So rief ein Mitglied der Kreis-Ortsgruppe Recklinghausen dazu auf, sich der dortigen Demo anzuschließen. Schließlich vertrete diese die Kreisstadt und bestehe schon länger als die Dorstener Gruppe.
Wüste Vorwürfe inklusive: Die Gründung kleinerer Ortsgruppen würde der Bewegung schaden, weil dies den Protest zersplittere. „Dann kann FFF sich bald auflösen.“ Angeblich empfehle auch die Bundes-Organisation der Bewegung die Bündelung in großen Städten. Auf eine entsprechende Nachfrage dieser Redaktion reagierte das Presseteam der Bundes-Organisation nicht.
Die Dorstener sehen dies aber ganz anders. „Nicht alle können und wollen in andere Städte fahren“, wendet Ilja Sajchattarov (29) ein. „Ich finde es wichtig, auch in den kleineren Städten Demos zu veranstalten, um zu zeigen, dass wir da sind“, sagt seine Mitstreiterin Anna Nitzsche (18). Sonst werde es schwer, die Leute vor Ort zu erreichen. „Und auch die Stadt Dorsten muss was tun.“
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Fridays for Future-Demo in der Dorstener Altstadt
Mehr als 150 Schüler und und auch Erwachsene nahmen am 12. April an der Fridays für Future-Demo in der Altstadt teil.
Immerhin in dieser Frage sind sich die Dorstener schon mal einig. Oder doch nicht? Tim Ziegel und seine Mitstreiter wollen am Freitag nach Oberhausen fahren, weil die Fahrt schon geplant und angekündigt war. Künftig soll es aber in Dorsten weitergehen.
Für die Zukunft jedenfalls wollen sich die Gruppen zusammenschließen. „Wir wären ja schön blöd, wenn wir weiter aneinander vorbei arbeiten würden“, meint Anna Nitzsche. Und auch Tim Ziegel betont: „Wir sind bereit, uns anzuschließen und gemeinsam weiterzumachen.“ Schließlich geht es ja um die gemeinsame Sache.
Um 10.30 Uhr treffen sich die Demonstranten auf dem Marktplatz in der Altstadt. Später ziehen sie über die Recklinghäuser Straße zum Platz der Deutschen Einheit.
Schülern, die dem Unterricht fernbleiben, drohen weiterhin Konsequenzen von unentschuldigten Fehlstunden bis zu Bußgeldern.
Die Landesschülervertretung (LSV) NRW unterstützt die Proteste und fordert ein Streikrecht für Schüler. „Unsere Stimme muss gehört werden“, so Carlotta Gehring aus dem Landesvorstand.
Eine Möglichkeit sei es, die Lehrer zu überzeugen, eine Exkursion zu FFF zu machen.
Aufgewachsen im tiefsten Münsterland, Volontariat bei Lensing Media, Redakteur der Dorstener Zeitung. Immer auf der Suche nach den Geschichten, die diese Stadt schreibt.