Lügde, Wuppertal, Bergisch Gladbach: Nachdem unfassbare Missbrauchstaten das Land erschüttert haben, hat NRW ein bundesweit beachtetes Kinderschutzgesetz verabschiedet. Eingeflossen sind dabei Erkenntnisse über Mängel und Lücken beim Kinderschutz, die die Täter zulasten der missbrauchten Kinder für sich nutzen konnten. Das künftig zu verhindern, lässt sich das Land auch etwas kosten.
Jedes Jugendamt muss nun eine „Koordinierungsstelle für das Netzwerk Kinderschutz“ einrichten. Der wenig griffige Titel aus dem Gesetzestext heißt in Dorsten kurz „Kinderschutzbeauftragte“ und hat seit dem 1. Februar auch ein Gesicht: Ute Lorenz ist für Jugendamtschef Stefan Breuer die „perfekte Besetzung“ für diese Aufgabe.
Netzwerk frühe Hilfen
Die Sozialpädagogin und Diplom-Pädagogin ist schon seit fast 30 Jahren beim Jugendamt beschäftigt, besonders im „Netzwerk frühe Hilfen“. Für sie ist Kinderschutz also nichts Neues. Dass der Kinderschutz jetzt allerdings in einer solchen Form gesetzlich verankert ist, hält sie für einen beachtlichen Fortschritt: „Wir müssen aus möglichen Fehlern der aufsehenerregenden Missbrauchsfälle lernen. Und es hat sich gezeigt, dass wir die Netzwerke verbessern und stabilisieren müssen. Alle Akteure im Umgang mit Kindern brauchen mehr Sicherheit im Miteinander, um die schutzwürdigen Interessen der Kinder besser vertreten zu können.“

Klingt theoretisch und ist es vielleicht auch. Denn es geht in Lorenz‘ Arbeit unter anderem um die Koordinierung und Begleitung des Netzwerks, zu dem neben dem Jugendamt Polizei, Gerichte, Schulen, Kitas und Jugendeinrichtungen gehören. Für diese Gruppen will Ute Lorenz auch Workshops und Fortbildungen organisieren und ihnen bei der Erarbeitung von Schutzkonzepten helfen. „Es ist hilfreich, wenn die Prozessabläufe sich ähneln und nach vereinbarten Standards ablaufen“, erklärt Lorenz.
Ansprechpartnerin für „Profis“
Die Kinderschutzbeauftragte ist ausschließlich Ansprechpartnerin für Menschen, die beruflich mit Kindern zu tun haben. So kann zum Beispiel die Kita-Erzieherin zunächst mit Ute Lorenz über ihr Unbehagen und ihre Sorgen um ein Kind sprechen. Anonym und zeitnah ist hierbei die Devise. „Nach einer gemeinsamen Gefährdungseinschätzung würde ich der Erzieherin dann Ratschläge für ihr weiteres Vorgehen geben. Ihr womöglich empfehlen, den Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes einzuschalten.“ Den Schritt müsse die Erzieherin dann allerdings selbst gehen.
Die Kinderschutzbeauftragte, auch wenn sie Mitarbeiterin des Jugendamts ist, soll den neutralen Blick bewahren und den Kollegen keine „Fälle“ beschaffen. Selbstverständlich richte sich dieser neutrale Blick aber auch auf die eigenen Strukturen im Haus, betonen Ute Lorenz und Stefan Breuer. „Die Kollegen und die Kinderschutzbeauftragte sind miteinander im Gespräch.“
Fallzahlen steigen erheblich
Für Nachbarn oder Verwandte, die sich Sorgen machen um das Wohl von Kindern in ihrem Umfeld, ist die Kinderschutzbeauftragte nicht als Ansprechpartnerin gedacht. Nur wer im beruflichen Kontext mit Kindeswohlgefährdungen konfrontiert ist, kann bei Ute Lorenz landen. Für alle anderen sind die Kolleginnen und Kollegen vom Allgemeinen Sozialen Dienst da.
Eine Möglichkeit, die immer häufiger genutzt wird, wie Stefan Breuer berichtet. Dass die Zahl der Meldungen in den letzten Jahren deutlich zugenommen habe, bringe fürs Jugendamt zwar eine Menge Arbeit mit sich, sei aber absolut positiv zu bewerten. Denn die steigende Zahl der Meldungen, die der Amtsleiter als ein Zeichen für Aufmerksamkeit von Erwachsenen für den Kinderschutz wertet, geht einher mit einer steigenden Zahl von Fällen, in denen der Anfangsverdacht sich als gerechtfertigt erweist und das Eingreifen der Behörde zum Schutz eines Kindes nötig macht. Lüdge, Wuppertal und Bergisch Gladbach sollen sich ja möglichst in Dorsten nicht wiederholen.
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