Anja Fay steht vor dem Getränkemarkt Hinsken in Lembeck, im Hintergrund sind leere Bier- und Cola-Kisten zu sehen.

Anja Fay muss den "Getränkestar Hinsken" schließen. © Niklas Berkel

Getränkemarkt in Dorsten schließt nach über 52 Jahren

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Nach mehr als 52 Jahren schließt ein Getränkemarkt im Dorstener Norden. Für Inhaberin Anja Fay und ihre Kunden öffnet sich aber eine neue Tür.

Lembeck

, 12.10.2022, 05:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein paar Tränen laufen Anja Fay (48) übers Gesicht, als sie das Aus für ihren traditionsreichen Getränkemarkt verkündet. Seit 52 Jahren wussten nicht nur die Lembecker, dass sie hier im Dorstener Norden ihre Getränke kaufen können. In Folge der aktuellen Krise muss „Getränkestar Hinsken“ nun schließen.

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Vor zwei Jahren hat Anja Fay den Markt von ihrer Mutter Hannelore übernommen. Hannelore Hinsken stand noch mit über 80 Jahren hinter der Verkaufstheke. Im September 2020 übernahm schließlich die Tochter das Unternehmen – das nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihrer Eltern war.

Es begann in den 70ern mit einem Milchwagen

Papa Johann Hinsken hat das Unternehmen 1970 gegründet. Damals fuhr er mit einem Milchwagen durch den Ort und verkaufte Milch. Als da Geschäft später wuchs, stellte er als Verkäuferin seine spätere Frau Hannelore ein. Und der Getränkehandel Hinsken etablierte sich im Ort.

Immer im Fokus: die Kunden. Für Anja Fay stehen sie an erster Stelle. „Ich habe älteren Kundinnen auch schon mal zwei Wasserkisten einfach so hochgeschleppt“, sagt sie. Eine Eigenschaft, die besonders Gregor Possemeyer (66) an ihr bewundert.

Johann Hinsken steht mit einer Milchkanne vor einem Bulli im Jahr 1970.

1970 begann Johann Hinsken mit einem Milchwagen. © Privat

Denn auch wenn Getränkestar Hinsken schließt, müssen sich Anja Fays Kunden nicht umgewöhnen. Sie beliefert sie weiterhin mit Getränken - dank dem Getränkefachhandel Possemeyer in Lembeck.

Hinskens Aus kam kurzfristig zustande. „Schon seit dem Sommer habe ich Probleme, beliefert zu werden“, erklärt die 48-Jährige. Aufgrund eines Kohlensäure-Mangels habe sie ihre bestellte Ware nicht mehr vollständig erhalten. Coca Cola habe sie beispielsweise schon vor dem Sommer nicht mehr bekommen und musste auf Pepsi umsteigen. „Die Menschen gehen dann woanders hin“, sagt sie.

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Ein zweites Problem: „Der Sommer und damit das Saisongeschäft ist vorbei.“ Neben einem geringeren Umsatz im Winter kommen hohe Gas- und Stromkosten aufgrund der aktuellen Energiekrise hinzu. Das Geschäft hat sich nicht mehr rentiert.

„Wollte meine Kunden nicht im Stich lassen“

Kurzfristig begab sich Fay deshalb auf die Suche nach einer Lösung - vor allem für ihre Kunden. „Ich wollte meine Kunden nicht im Stich lassen“, sagt sie. Und in der Branche bleiben wollte sie ebenfalls. Seit Anja Fay ein Kind ist, ist sie im Getränkehandel zuhause. Sie genießt den Kontakt mit ihren Kunden - und wollte ihn nicht verlieren.

Anja Fay und Gregor Possemeyer schütteln vor einem LKW von Getränke Possemeyer die Hände.

Gregor Possemeyer (r.) arbeitet jetzt mit Anja Fay zusammen. © Niklas Berkel

Hilfe fand sie bei Gregor Possemeyer, der selbst zuletzt einen Getränkemarkt in Dorsten schließen musste. Er fängt Fay auf und stellt sie als Mitarbeiterin ein. Dann kann sie weiterhin ihre alten Kunden beliefern. „Es ist einfach toll, dass er das macht“, sagt sie.

Für sie ist es eine positive Geschichte in einer schwierigen Zeit. „Der Ukraine-Krieg tobt quasi vor unserer Haustür, die Energiekrise trifft viele Menschen im Land. Trotzdem halten wir zusammen.“

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Auch Possemeyer freut sich über die Zusammenarbeit. „Der Entschluss kam schnell. Für uns beide ist der Umgang mit den Kunden das Wichtigste“, sagt er. Die Gemeinsamkeiten sind also da. Mit Fays „sehr persönlicher Art und Weise“ stelle sie ein Gewinn für seinen Getränkemarkt dar. „Wir wollen unsere und ihre Arbeit fortführen.“ Klar ist: Der Kunde steht weiterhin im Mittelpunkt.

Und ein positiver Nebeneffekt stellt sich vielleicht sogar für Fay ein: „Sie war zuletzt immer alleine, durfte nicht krank werden und konnte keinen Urlaub nehmen. Jetzt kann sie auch mal in den Urlaub fahren und hat mehr Zeit für ihre Tochter“, sagt Gregor Possemeyer.

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