Künstlerin und Tisa-Preisträgerin Claudia Piepenbrock, Projektleiterin Josefine Voss (Tisa-Stiftung) und zwei Mitarbeiter der ausführenden Baufirma in der entstehenden begehbaren Skulptur am Tisa-Archiv

Künstlerin und Tisa-Preisträgerin Claudia Piepenbrock, Projektleiterin Josefine Voss (Tisa-Stiftung) und zwei Mitarbeiter der ausführenden Baufirma in der entstehenden begehbaren Skulptur am Tisa-Archiv © Lea Rokitta

Tisa-Archiv Dorsten: Künstlerin macht Gelände zu begehbarem Kunstwerk

rnZechengelände

Claudia Piepenbrock ist aktuelle Trägerin des Tisa-Kunstpreises. Derzeit wird nach ihren Plänen das Außenareal des Tisa-Archivs auf dem Zechengelände in Dorsten zur begehbaren Installation.

Dorsten

, 11.08.2022, 05:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Eigentlich sollte es zunächst nur eine Innen-Installation sein, mit der sich die aktuelle Trägerin des Tisa-von-der-Schulenburg-Preises am Stiftungssitz in Dorsten mit einer öffentlichen Ausstellung präsentiert. Doch wenn sich die Künstlerin Claudia Piepenbrock erst einmal intensiv eines Ortes annimmt, dann kann es durchaus sein, dass er anschließend ganz neue und ungeahnte Strukturen erhält.

„Irgendwie sind wir alle nach und nach über uns hinausgewachsen“, beschreibt Josefine Voss, Projektleiterin der Tisa-Stiftung, den monatelangen kreativen Planungsprozess in Abstimmung mit der Ruhrkohle AG, bei der sich nun auch das Außenareal des neuen Tisa-Archivs auf der ehemaligen Zechenfläche verändert und zur erlebbaren Gelände-Installation wird.

Fruchtbares Spielfeld

Wenn sie ein neues Gelände für ihre Kunst betrachte, beschäftigen die in Bremen lebende Claudia Piepenbrock vor allem zwei Fragen: „Was interessiert mich an dem Ort und was bringt er selbst mit“, sagt sie.

Ein exponierter Zechenschächte-Standort mit alles überragendem Fördergerüst ist da natürlich ein fruchtbares Spielfeld für jemanden, der ein solch unbestechliches Gespür und intuitives Gefühl für Räume hat wie Claudia Piepenbrock.

Künstlerin Claudia Piepenbrock

Auch die 40 gestifteten Klimabäume der RAG hat die Künstlerin Claudia Piepenbrock in Form von Baumkreisen in ihr Gesamtkunstwerk integriert. © Lea Rokitta

Mit ihren Installationen will sie Orte „erfahrbar machen“, neue Spannungsfelder und Begegnungsmöglichkeiten kreieren. Und so wächst in ihrem künstlerischen Konzept für das Grundstück an der Fürst-Leopold-Allee 65 nicht nur etwas über sich hinaus, sondern auch unter sich hinein. In die Erde nämlich - und bildet damit quasi auch ein Stück Untertage-Erinnerungskultur.

1,70 Meter tiefe Skulptur

Denn an der Südseite des Tisa-Archivs entstand in den vergangenen Tagen eine begehbare und bleibende Stahlskulptur, in Betonkörpern verankert und bis zu 1,70 Meter in das Erdreich eingelassen. Die Künstlerin hat die Einzelteile rosten lassen, hat sie selbst geschweißt.

Über vier Rampen können die Besucher hinunter und wieder hinauf, über dem Bodenniveau flankiert von einer eisernen Lamellen-Konstruktion, „die unterschiedliche Blickachsen erlaubt“ - und ein interessantes Wechselspiel mit dem Umfeld offenbart.

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Angeordnet ist die Skulptur als Kreuz, symbolisch aufgeladen, diverse Interpretationsmöglichkeiten erlaubend, bis hin zu aktuellen Bezügen. Von oben ist die Kreuzform besonders gut erkennbar - wie überhaupt das Gesamtkonzept für das Areal wie aus der Vogelperspektive heraus entwickelt wurde.

Denn zum umgesetzten Entwurf gehören auch die 40 „Klimabäume“, die die Ruhrkohle schon vorab hier vorgesehen hatte und deren räumliche Anordnung Claudia Piepenbrock dann selbst unter ihre Obhut nahm.

Die Aufbauarbeiten der begehbaren Installation der Künstlerin Claudia Piepenbrock aus der Vogelperspektive

Die Aufbauarbeiten der begehbaren Installation der Künstlerin Claudia Piepenbrock aus der Vogelperspektive © Volker Wiciok

Ende Mai waren die Zieräpfel und Edelebereschen auf dem Gelände in drei unterschiedlich großen Radien rund um den Wasserhaltungs-Sicherungsschacht in die Erde gepflanzt worden, „sie versinnbildlichen die Schwingungen und Kräfte, die sich an dem Ort ausbreiten“, sagt sie. Zwei Bäume außerhalb des eingezäunten Bereiches schlagen die Brücke zur öffentlichen Wegeführung.

Weitere Planungen

Geplant ist ein vierter Baumkreis rund um das denkmalgeschützte Fördergerüst. Geplant ist von der Künstlerin auch, mithilfe von insgesamt 150 Meter langen gebogenen Schienen, wie sie unter Tage eingesetzt wurden, als „Intarsienarbeit“ an die zirkulierende Beförderung von Gütern zu erinnern.

„Doch bis es dazu kommt, sind noch Gespräche mit der Ruhrkohle und der Denkmalstiftung nötig“, sagt Lambert Lütkenhorst, Vorsitzender der Tisa-Stiftung.

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Bis zur Ausstellungseröffnung am 4. September (Sonntag) fertig ist indes die achteilige Innen-Skulptur aus fast sechs Meter hohen Papiersäulen, nachhaltiges „Kunst-Recycling“ gewissermaßen, weil so ähnlich schon einmal beim Kunstverein Hannover gezeigt.

Übrigens: Wie sie ihr Gesamtkunstwerk für Dorsten nennen wird, das weiß Claudia Piepenbrock nicht. „Und wenn die begehbare Skulptur in dieser Woche fertig ist, dann mache ich erst einmal Feierabend“, sagt sie. „Aber vielleicht fällt mir auf dem Weg nach Hause etwas ein.“