38 Jahre hat Klaus Ihling als Leiter des Wahlamtes in Dorsten gearbeitet. Jetzt geht er in den Ruhestand.

© Manuela Hollstegge

Nach 38 Jahren ist Schluss - Klaus Ihlings letzte Wahl

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38 Jahre waren die Wahlen in Dorsten untrennbar verbunden mit Wahlamtsleiter Klaus Ihling. Doch nach der Bundestagswahl ist Schluss für ihn. Nachtrauern wird er dem Job nicht.

Dorsten

, 09.09.2021, 16:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Am 15. Mai 2022 wird in NRW der Landtag gewählt. Für Klaus Ihling wird das ein komischer Tag. Nach 38 Jahren wird zum ersten Mal in Dorsten eine Wahl stattfinden, bei der er nicht als Leiter des Wahlamtes für den reibungslosen Ablauf verantwortlich sein wird. Nach 44 Jahren im Dienste der Stadt geht der 62-Jährige nach der Bundestagswahl in den Ruhestand.

38 Jahre lang war Ihling „Mister Wahl“. Viel hat er in all diesen Jahren erlebt - mal war es zum Schmunzeln, mal zum Haareraufen. So erinnert sich der Holsterhausener zum Beispiel mit Grauen an die Kommunalwahl im vergangenen Jahr. „Damals kam uns der Streik der Post dazwischen und Bürger haben teilweise sehr lange auf ihre Wahlbenachrichtigungen warten müssen. So was kann man nicht vorhersehen“, erzählt er.

Bei einer anderen Wahl habe ein Wahllokal nicht rechtzeitig öffnen können, da derjenige, der aufschließen sollte, am Abend zuvor zu tief ins Glas geguckt habe. „Wir haben auch schon spontan ein Wahllokal unter freiem Himmel eröffnet. Irgendwie haben wir es immer hinbekommen, dass die Menschen wählen konnten“, so Ihling.

„Da kann einfach ziemlich viel in die Hose gehen“

Er sagt aber auch, dass die Aufgabe, eine Wahl zu organisieren, immer fehleranfällig sei. Man könne nur versuchen, möglichst wenig Fehler zu machen. „Von der Ausstellung der Briefwahlunterlagen bis zur Auszählung - da kann einfach ziemlich viel in die Hose gehen.“

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So habe zum Beispiel ein Zahlendreher bei der telefonischen Übermittlung der Stimmen aus einem Wahllokal am Abend der Kommunalwahl 1984 dazu geführt, dass abends noch die CDU als Sieger ausgerufen wurde und am Morgen - nach der Kontrolle der Stimmen - sei es die SPD gewesen.

Vorgezogene Bundestagwahlen brachten Ihling zu seinem Job

Zu den Wahlen kam Klaus Ihling eher zufällig. 1983 kam es zu vorgezogenen Bundestagswahlen - innerhalb kürzester Zeit musste alles auf die Beine gestellt werden. „Die in Dorsten mit der Wahl betrauten Mitarbeiter brauchten dringend Unterstützung, ich war im für die Wahlen zuständigen Sachgebiet tätig, da war das selbstverständlich, dass ich helfe“, sagt der 62-Jährige.

Und dabei ist es geblieben. Seitdem gab es in Dorsten keine Wahl mehr ohne Klaus Ihling. Als eine der ersten Amtshandlungen schaffte er neue Wahlurnen an - die alten waren noch aus Holz. Er habe sich nie „mit Händen und Füßen“ gegen die Aufgabe gewehrt, erzählt Ihling.

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Zudem sei das ein Job, um den sich niemand so wirklich reißen würde. Schließlich sei man dabei auch nicht immer „Everbody’s Darling“, da man beispielsweise auch Mitarbeiter aus dem Haus für die Wahlvorstände verpflichten müsse.

Zudem seien die Monate vor der Wahl äußerst stressig - viel Arbeit in wenig Zeit eben. „An die Grenzen gegangen“ sei man, so Ihling, beispielsweise im Wahljahr 2009 mit Europa-, Kommunal- und Bundestagswahl innerhalb kürzester Zeit. Man dürfe nicht vergessen, dass die Wahlen auch ein Massengeschäft mit viel Verantwortung seien. In Dorsten gibt es aktuell 60.000 Wahlberechtigte und 44 Wahllokale. Rund um die Bundestagswahl Ende September werden hier rund 500 Menschen im Einsatz sein.

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„Zum Glück ist es über die Jahre immer einfacher geworden, genügend Wahlhelfer zu finden. Vor allem, seit es 50 Euro als Aufwandsentschädigung gibt“, erzählt Ihling. Corona sei in diesem Jahr sicherlich noch einmal eine Besonderheit. So könne man zwar die Wähler in den Lokalen nicht auf die 3G kontrollieren, die Wahlhelfer jedoch schon. Sie müssen geimpft, getestet oder genesen sein.

Mehr Briefwähler in Dorsten durch die Pandemie

Eine deutliche Entwicklung habe es im Laufe seiner Zeit als Leiter des Wahlamtes in Dorsten auch bei den Briefwahlen gegeben. „Das wurden schon immer mehr, seit Corona aber in einem ganz anderen Ausmaß“, sagt Ihling. Aktuell seien bereits 18.000 Briefwahlanträge gestellt worden - das sind 30 Prozent aller Wahlberechtigten. Besonders beliebt sei die Briefwahl momentan in den Bereichen Innenstadt, Hardt, Feldmark und Stadtsfeld.

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Wenn alle Wahlvorstände besetzt, alle Ergebnisse übermittelt sind, dann wird sich Klaus Ihling in diesem Jahr entspannt zurücklehnen können. Traurig, dass er dann nie wieder eine Wahl mitorganisieren werde, sei er nicht. „Wer ist schon traurig, wenn er diesen ganzen Stress nicht mehr an der Backe hat?“, sagt er und schmunzelt.

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Mit der Zeit danach hat der Holsterhausener sich noch nicht auseinander gesetzt. „Das würde meine Effektivität hemmen und ich würde mich vielleicht verzetteln“, sagt er ganz nüchtern. Aktuell laufe schon der Wissenstransfer an die für Wahlen zuständige Stelle. Einen direkten Nachfolger gebe es noch nicht. Ihm oder ihr wird Ihling aber auf jeden Fall auch bei der nächsten Wahl auf Wunsch noch beratend zur Seite stehen - 38 Jahre Erfahrung können bei dieser verantwortungsvollen Aufgabe wahrscheinlich recht nützlich sein.

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