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Krankenhaus-Chef: „Bei uns ist eine Corona-Infektion nahezu unmöglich“
Coronavirus
Der Corona-Notstand ist im St. Elisabeth-Krankenhaus noch nicht ausgebrochen. Trotzdem sind viele Patienten verunsichert. Der Ärztliche Direktor glaubt: „Wir sind besser als vor einem Jahr.“
Die Corona-Pandemie stellt das St. Elisabeth-Krankenhaus seit über eineinhalb Jahren vor besondere Herausforderungen. Das hat nicht nur mit der Zahl der Patienten zu tun, sondern auch mit der Belastung der Pflegekräfte, den Vorsichtsmaßnahmen - und manchmal auch mit Vorurteilen.
Im Interview erklärt der Ärztliche Direktor des Dorstener Krankenhauses, Dr. Wilhelm Gross-Weege, die aktuelle Situation und was getan wird, um auch Nicht-Corona-Patienten zu schützen.
Pflegenotstand, Engpässe auf den Intensivstationen, verschobene Operationen - davon ist derzeit viel die Rede. Wie ist die Situation aktuell im Dorstener Krankenhaus?
Noch nicht besorgniserregend, das kann ich sagen. Am vergangenen Mittwoch hatten wir insgesamt 34 stationäre Covid-19-Fälle in den vier KKRN-Krankenhäusern, davon acht auf den Intensivstationen. Zum Vergleich: In der Hoch-Zeit während der zweiten Welle hatten wir über 100 stationäre Fälle.
Können Sie sich die vergleichsweise niedrige Zahl erklären?
Das hat sicherlich mit der Impfquote zu tun. Sie ist hier höher als in anderen Regionen des Landes. Und es ist ja längst belegt, dass Geimpfte sich noch mal anstecken können, aber deutlich, deutlich seltener ins Krankenhaus müssen. Und auf die Intensivstation müssen sie eigentlich gar nicht mehr. In Dorsten haben sich mehr Menschen entschlossen, sich impfen zu lassen, und sind folglich auch besser geschützt.
Wieviele freie Betten gibt es derzeit noch auf der Intensivstation in Dorsten?
Die Belegung der Intensivstation ist immer nur eine Momentaufnahme, da sie sich schnell ändern kann. Aktuell sind in Dorsten zwei Intensivbetten von neun belegbaren Betten frei. Das trifft auch ähnlich auf die anderen Standorte zu
Wieviele Operationen sind in den letzten Wochen verschoben worden – entweder weil kein Platz war oder weil die Patienten wegen der aktuellen Lage nicht wollten?
Operationen mussten aufgrund der Intensivbelegung nur ganz vereinzelt verschoben werden, das hat es aber auch schon vor Corona gegeben. Insgesamt können wir unseren Versorgungsauftrag für die Dorstener Bevölkerung vollumfänglich erfüllen. Uns ist dabei besonders wichtig, dass Menschen, denen es gesundheitlich nicht gut, nicht zu lange warten, ins Krankenhaus zu gehen.
In anderen Bundesländern ist die Situation teilweise völlig anders, viel dramatischer. Hat es von dort schon Hilferufe gegeben, Patienten aufzunehmen?
Nein, wir behandeln derzeit ausschließlich Covid-19-Patienten aus der Region. Und die allermeisten sind nicht geimpft. Ich glaube: Wenn wir eine Impfquote von 85 bis 90 Prozent hätten, dann hätten wir ein Problem weniger.
Das Klinikum Vest wirbt aktuell Pflegekräfte aus Serbien und dem Kosovo an. Wie ist die Situation in Dorsten: Haben Sie überhaupt genügend Personal, um alle Patienten zu betreuen?
Wir haben natürlich auch einen Engpass, das wird in den nächsten Jahren sicherlich nicht besser werden. Für Dorsten kann ich sagen: Es ist knapp, aber wir kriegen es noch hin. In manchen Schichten und Bereichen ist die Beanspruchung aber sehr hoch. Hinzu kommt, dass wir bei Patientenkontakt wieder konsequent eine FFP2-Maske tragen. Wenn man acht Stunden mit einer solchen Maske arbeitet, ist man anschließend natürlich erschöpft.
Es gibt viele Menschen, die müssen nicht wegen Corona ins Krankenhaus, sondern wegen anderer Beschwerden. Spüren Sie eine Zurückhaltung von Patienten, die derzeit lieber nicht im Krankenhaus behandelt werden möchten?
Klar, wegen der vierten Welle überlegen viele Menschen, ob sie - erst recht vor Weihnachten - noch ins Krankenhaus gehen sollen. Das merken wir natürlich. Aber eigentlich sind die Sorgen unbegründet.
Warum?
Die Corona-Patienten liegen auf der Isolierstation, sind also streng abgeschirmt vom Normalbetrieb des Krankenhauses. Alle anderen Patienten bekommen einen PCR-Test. Ohne einen negativen PCR-Test kommt niemand ins Krankenhaus.
Was ist mit Notfall-Patienten, zum Beispiel nach einem Verkehrsunfall?
Wir haben im St. Elisabeth-Krankenhaus ein PCR-Schnelltest-Gerät, da liegen die Ergebnisse binnen einer Stunde vor. Solange bleiben die Patienten normalerweise in der Zentralen Aufnahme. Dieser Schnelltest ist teurer, aber qualitativ genauso gut. Das hilft uns im Alltag, diese Patienten schnell durchzuschleusen.

Viele Mitarbeiter des St. Elisabeth-Krankenhauses haben sich inzwischen boostern lassen. © KKRN
Und die Mitarbeiter im Krankenhaus?
Die sind fast alle doppelt geimpft und größtenteils schon geboostert. Ganz neu füllen sie auch eine Selbstauskunft aus, wie es ihnen geht. Die Geimpften machen außerdem zweimal wöchentlich einen Antigen-Selbsttest. Die wenigen Nicht-Geimpften müssen, wie bei anderen Arbeitgebern auch, täglich einen offiziellen Negativ-Test vorweisen.
Sind Sie eigentlich für eine Impfpflicht im Pflegebereich, die der Bundestag beschlossen hat?
Eindeutig ja. Wir arbeiten am Patienten, das ist unser Beruf und vielleicht auch unsere Berufung, da haben wir eine Verantwortung. Dazu gehört, dass man einen Patienten nicht infiziert, der sich in unsere Obhut begibt.
Zusammengefasst heißt das, der Ärztliche Direktor schließt aus, dass sich jemand im St. Elisabeth-Krankenhaus mit dem Coronavirus infizieren kann?
Ja, das können wir mit einer hohen Sicherheit annehmen. Wir ziehen wirklich alle Register, die wir haben, und sind deutlich besser aufgestellt als vor einem Jahr.
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
