Eine junge Frau mit einem blauen Auge und Mundschutz in der Nonnenstiege in Dorsten.

© Stefan Diebäcker

Angreifer verprügeln Frau in Dorsten - sie werden nicht angeklagt

rnSchwere Körperverletzung

Eine junge Frau aus Dorsten hat schwere Verletzungen erlitten, als sie sich im Januar beherzt in eine Prügelei einmischte, um dem Opfer beizustehen. Ihre Angreifer kommen straffrei davon.

Dorsten

, 20.04.2022, 17:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Michael Schwankl ist Anwalt der Dorstenerin Noreen Elahi (24). Die junge Frau wollte im Januar einem Jugendlichen helfen, der in der Nonnenstiege von zwei jungen Männern und einer jungen Frau attackiert worden war. Für ihre couragierte Einmischung kassierte die 24-Jährige selbst Schläge. Und einen Jochbein- und Nasenbeinbruch. Die Täter flüchteten nach dem Angriff.

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„Sie konnten von der Polizei ermittelt werden“, sagt Michael Schwankl. Gleichwohl werden sie trotz der schweren Körperverletzung, die sie mutmaßlich begangen haben, mit einem blauen Auge davonkommen: „Die Staatsanwaltschaft Essen wird keine Anklage erheben.“ Das hat Michael Schwankl gerade schriftlich bekommen.

„Welche Signalwirkung geht davon aus“

Schwankl, ein erfahrener Strafrechtler, ist fassungslos. „Welche Signalwirkung geht von dieser Entscheidung wohl aus?“, fragt er. Für ihn ist der Angriff auf seine Mandantin juristisch als schwere Körperverletzung zu werten. „Seit der Attacke ist sie arbeitsunfähig und in psychologischer Behandlung“, so Schwankl. Dass das Strafverfahren gegen die Angreifer gar nicht erst eröffnet wird, kann er nicht nachvollziehen. Schon gar nicht die Begründungen, die die Staatsanwaltschaft für ihre Entscheidung anführt.

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„Die Beschuldigten bestreiten die Tat“, heißt es in dem Schreiben an ihn. Schwankl hat den Ermittlungsakten indes entnommen, dass einer der drei mutmaßlichen Angreifer gar keine Aussage gemacht hat. „Der lag auf der Intensivstation im Krankenhaus“, so Schwankl. Und sei danach nicht mehr zum Sachverhalt befragt worden.

Schwankl nennt auf Anfrage weitere Einzelheiten aus dem Schreiben der Staatsanwältin an ihn: „Beweismittel, die die Beschuldigten bedenkenfrei überführen, liegen nicht vor.“ Mangels hinreichendem Tatverdacht werde keine Anklage erhoben. Eine Anklage könne auch deswegen nicht erhoben werden, weil „keiner der Sachverhaltsschilderungen ein höherer Beweiswert beigemessen werden kann“.

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Nach der Strafprozessordnung ist eine Einstellung eines Ermittlungsverfahrens möglich, wenn es aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht genügend Anlass zur Erhebung einer Anklage gibt, also kein hinreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten oder ein Verfahrenshindernis vorliegt. Die Anklagevertreterin aus Essen stützt sich in ihren Ausführungen auf Paragraf 170/Absatz 2 der Strafprozessordnung.

Anwalt erwägt Beschwerde

Michael Schwankl erwägt, Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm einzulegen. Er hat dazu 14 Tage Zeit. Seiner Mandantin hat er die Entscheidung bereits mitgeteilt: „Sie hat sich aber noch nicht zurückgemeldet.“ Die Chancen für Noreen Elahi, Genugtuung zu bekommen, sind durch Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen die Beschuldigten gesunken. Auch zivilrechtlich ist es jetzt schwierig, einen Anspruch auf Schmerzensgeld durchzusetzen.

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