Die Dorstenerin, die in Wulfen-Barkenberg lebt, bekam im Oktober 2022 von ihrem Anbieter eine Strompreis-Erhöhung angekündigt. Beim Hochtarif von 21,66 Cent pro Kilowattstunde auf 1,0751 Euro und beim Niedertarif (Heizstrom) von 14,23 Cent auf 88,86 Cent. „Ich habe das Musterschreiben der Verbraucherzentrale genutzt und von meinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht.“
Die Dorstenerin kündigte per Einschreiben und schrieb eine E-Mail - keine Antwort. „Ich habe versucht anzurufen, habe E-Mails geschickt. Es ist kein Kontakt zustande gekommen.“
Statt einer Kündigungsbestätigung erhielt sie im November eine neue Ankündigung für eine Preiserhöhung. Nun sollte der Preis im HT auf 1,0973 Euro steigen, im NT auf 89,01 Cent. Alles ab dem 1. Januar 2023.
Zweite Kündigung
Die Dorstenerin versuchte erneut, Kontakt aufzunehmen. Wieder vergeblich. Sie kündigte erneut, obwohl der Strompreis im März wieder sank, und erhielt im März eine Bestätigung, dass diese zum 31. März wirksam werde.
Als trotz der ersten Preiserhöhung die Abschlagszahlung nicht erhöht wurde, habe sie gedacht, „das kann nur schiefgehen“, sagt die Dorstenerin. Sie habe im Winter viel mit ihrem Holzofen geheizt. Am 8. Mai erhielt sie die Endabrechnung ihres Stromanbieters, der eine Gesamtforderung von 9.000 Euro geltend machte. Was bedeuten würde, dass die Dorstenerin 7.000 Euro nachzahlen müsste.
„Eigentlich ein Guthaben“
Ruth Pettenpohl von der Verbraucherzentrale macht eine ganz andere Rechnung auf: „Eigentlich hat sie ein Guthaben von 1.000 Euro.“ Zum einen sei der Verbrauch der Dorstenerin enorm niedrig gewesen.
Zum anderen hatte die Dorstenerin ihren Vertrag ja ordnungsgemäß gekündigt - was sie nach dem 1.11.2022 verbrauchte, müsste laut Pettenpohl vom Grundversorger abgerechnet werden.
Pettenpohl entdeckte in den Preiserhöhungs-Schreiben aber auch noch, dass der Stromversorger nicht auf das damit verbundene Sonderkündigungsrecht hingewiesen hatte. Aus ihrer Sicht dürfte der Stromversorger deshalb nur zum alten Preis abrechnen. Dies alles wurde dem Stromversorger mitgeteilt und nun warten beide Frauen auf Antwort. Im Falle eines negativen Bescheids bleibe der Dorstenerin noch der Gang zur „Schlichtungsstelle Energie“.
Energie war Top-Thema
Die Barkenbergerin war nicht die einzige mit solchen Problemen im Jahr 2022. „Die Gaspreise haben sich im Schnitt verdreifacht, die Strompreise sind um 50 Prozent gestiegen“, sagt Pettenpohl. Rund in der Hälfte der Beratungen der Verbraucherzentrale ging es um das Thema Energie - das zeigt der Jahresbericht. Dahinter folgen Alltagsverträge und Reklamation (25 Prozent), „Digitale Welt“ (13 Prozent), Mietrecht (6 Prozent) und „Geld und Versicherungen“ (5 Prozent).
Dass in der Dorstener Verbraucherzentrale das Thema Energie mit 48 Prozent deutlich über dem Landesschnitt der Verbraucherberatungen (27 Prozent) liegt, begründet Pettenpohl damit, dass man Energieberatungen hier schon seit 25 Jahren anbiete. Und dies bei den Bürgern bekannt sei. Dass wie im Fall der Dorstenerin Energieversorger nicht erreichbar schienen, hat Pettenpohl häufiger wahrgenommen: „Land unter“ sei bei vielen Versorgern gewesen, an eine Antwort sei man nur schwer gekommen.
Nachfragen lassen nach
Auch die Verbraucherzentrale Dorsten wurde zwischenzeitlich an ihre Grenzen gebracht. 2.995 Verbraucheranliegen und davon 1.136 Rechtsberatungen und -vertretungen zählt der Jahresbericht auf. 28 Prozent davon entgeltfrei (sozialorientierte Beratung). „Die Nachfragen im Energiebereich lassen langsam nach“, sagt Pettenpohl nun, weshalb die Verbraucherzentrale die offene Energiesprechstunde nur noch montagnachmittags anbietet und freitags nach Terminvereinbarung.
„Sagen Sie es weiter“, gab Pettenpohl den Ratsuchenden auf den Weg, die wie die Dorstenerin mit ähnlichen Preiserhöhungen konfrontiert waren. „Damit auch der letzte aus diesem Wahnsinnspreis rauskommt.“ Die Dorstenerin wartet nun auf Antwort ihres Versorgers. Und sagt: „Wenn ich plusminus Null rauskomme, bin ich zufrieden.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 21. Juni 2023.
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