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Dorsten kann Geflüchtete aufnehmen - wie viele kämpfen sich durch?
Machtübernahme der Taliban
Dorsten hat Platz: In den Asylbewerberunterkünften der Stadt könnten umgehend 100 Menschen untergebracht werden. Der hohe Leerstand hat Gründe. Das könnte sich aber schnell ändern.
Dorsten hat nach und nach Mietverträge für Asylbewerberunterkünfte beendet. In den Jahren nach 2015/16 wurden Dorsten deutlich weniger Geflüchtete zugewiesen, da sich die Zahl der Schutz suchenden Menschen insgesamt deutlich verringert hat. „Etliche Plätze, insbesondere in Gemeinschaftsunterkünften, haben wir abbauen können. Diese Form der Unterbringung von Menschen führt wegen der Gemeinschaftsräume häufig zu Konflikten“, sagte Sozialamtsleiter Thomas Rentmeister am Dienstag im Integrationsausschuss. Es sei deshalb naheliegend gewesen, diese Unterkünfte wegen des stark gesunkenen Bedarfs aufzugeben.
Auf die Frage, ob angesichts der politischen Umwälzungen in Afghanistan und der wahrscheinlichen Flucht vieler Menschen aus dem Taliban-regierten Land noch genügend Plätze in Dorsten vorhanden sind, konnte Rentmeister die Fragesteller beruhigen: „Wir haben zurzeit 100 freie Plätze in sieben städtischen Unterkünften.“
Umfassendes Verfahren zur Aufnahme im Land
Bevor aber Asylbewerber dort vorübergehend wohnen können, bis sie ihren endgültigen Wohnsitz auf dem freien Wohnungsmarkt nehmen dürfen, müssen sie zunächst das üblichen Verfahren nach der Ankunft in Deutschland durchlaufen haben. Wie das aussieht, machte Rentmeister noch einmal deutlich: Zunächst Aufnahme in den Landeseinrichtungen, bis über das Asylbegehren entschieden ist.
Dann die Zuweisung an die Aufnahme-Gemeinde. In Dorsten werden Asylbewerber dann zunächst in der Zentralen Unterkunft des Landes an der Bochumer Straße untergebracht. „Diese Einrichtung ist momentan Corona-bedingt nur zur Hälfte belegt“, sagte Rentmeister. Es gebe also noch genug Kapazitäten, um auf Zuweisungen angemessen zu reagieren. Wer einen Aufenthaltstitel bekommt, kann dann in eine Wohnung wechseln - allerdings mit einer auf drei Jahre befristeten Wohnsitzauflage.
Ob und wie viele Menschen in den nächsten Monaten nach Dorsten durchdringen, ist ungewiss. Die einschlägigen Flüchtlingsrouten über den Balkan etwa oder über die Türkei und den Iran wurden abgeriegelt. „In der Türkei ist in den Grenzgebieten die Hölle los“, sagte Tekin Dagdelen, Mitglied des Integrationsrates. Er sagte, dass der Druck auf die Grenzgebiete enorm gewachsen sei und explosiven Zündstoff für Konflikte birge. „Viele Afghanen versuchen, über die Türkei nach Europa zu kommen, sitzen aber in den Grenzregionen fest, weil die Türkei nach der Aufnahme von 3,6 Millionen Syrern Probleme mit weiteren Zuzügen hat“, sagte Dagdelen.
Auch Thomas Rentmeister weiß nicht, was auf Dorsten möglicherweise zukommt. „Ich kann noch nichts dazu sagen, weil völlig offen ist, wie viele Schutzbedürftige es nach Deutschland schaffen.“
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
