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Ein Dorstener Afghane sitzt in Kabul fest - Freunde bangen um ihn
Machtübernahme der Taliban
Ein junger Afghane aus Dorsten sitzt in der afghanischen Hauptstadt Kabul fest. Der Mann kam 2015 nach Dorsten und absolviert hier eine Ausbildung. Ob er zurückkommt? Das ist ungewiss.
In Dorsten lebt eine Vielzahl von Geflüchteten aus Afghanistan. 2015/16 kamen zahlreiche Afghanen nach Dorsten, darunter auch einige unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Ein junger Mann, der in Deutschland in Sicherheit war, hat sich unbeabsichtigt in Todesgefahr begeben. Er wollte seine sterbenskranke Mutter in Kabul noch einmal sehen. Aus dem geplanten Rückflug am Samstag wurde aber nichts. „Seitdem haben wir keinen Kontakt mehr“, sagt eine Bekannte des Auszubildenden.
Wir sprachen mit Betreuern, Integrationslotsen und einer afghanischen Familie in Dorsten, der 2015 die Flucht vor den Taliban gelang. „Ich war als Polizist im Kundus tätig. Nach der Ermordung meines Vaters haben wir mit meiner Mutter und unseren vier Kindern das Land verlassen“, sagt uns ein Familienvater am Telefon. Mit Bangen beobachtet die Familie die politische Entwicklung in ihrem Heimatland: „Meine Großeltern sowie ein Großonkel leben noch in dem Dorf im Kundus. Sie werden von den Taliban terrorisiert“, so der Mann. Leider könnten die Angehörigen ihr Land nicht verlassen: „Meine Großeltern sind 86 Jahre alt und können nicht gut laufen. Mein Onkel bleibt bei ihnen.“
Angehörige sitzen in Grenzgebieten fest
Einem anderen Angehörigen sei die Flucht mit der Familie vor einigen Wochen geglückt. „Sie sitzen jetzt irgendwo an der iranischen oder türkischen Grenze fest“, meint der Dorstener. Wo genau, kann er nicht sagen. Ob sie sich bis nach Deutschland durchschlagen können? „Ich glaube nicht daran“, meint der Verwandte. Zu hoch sei der Druck in den Grenzgebieten zum Iran und der Türkei. Abertausende von Afghanen sind bereits auf der Flucht.
Der junge Mann aus Dorsten, den die Sehnsucht nach seiner Mutter nach Hause zurückgetrieben hat, kommt nicht mehr aus Kabul raus. Das bestätigt eine Bekannte aus Dorsten. Wie es ihm geht und ob er die Möglichkeit hat auszureisen, weiß sie nicht. „Das ist wirklich eine tragische Geschichte. Er kam 2015 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, hat nach der ersten Betreuung mit Erreichen der Volljährigkeit eine eigene Wohnung bezogen und eine Lehre begonnen. Und jetzt das“, so die Dorstenerin.
Letzter Kontakt zur Familie liegt Jahre zurück
Ein heute 26-jähriger Afghane hat in Dorsten seinen Weg gemacht. Er wird in diesem Jahr seine Ausbildung beenden. Eigentlich wollte er sich Geld zusammensparen, um dann in seinem Heimatland nach seinen Eltern und Geschwistern zu suchen. „Er hatte 2017 das letzte Mal Kontakt“, sagt ein Betreuer. Nach einem Gespräch mit einem Onkel am Wochenende sei sein Schützling am Boden zerstört gewesen. Seine Rückkehr nach Afghanistan ist in weite Ferne gerückt.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
