
Conny Sander kümmert sich um Streunerkatzen
Neues Projekt
Katzen liegen Conny Sander sehr am Herzen, die rasant anwachsenden Kolonien der Streuner aber schwer im Magen. Deswegen gründete die Dorstenerin ein Projekt, für das sie um Mithilfe wirbt.
Tochter Michelle hätte ihr kein besseres Geschenk zum Muttertag machen können: „Jetzt brauche ich keine Jutetasche mehr und kann alle notwendigen Utensilien wunderbar in diesem stabilen Koffer verstauen“, freut sich Conny Sander. Zum Beweis öffnet sie den silbernen Kasten und greift in die einzelnen Fächer: Diese Salbe ist gegen Flöhe, die andere wird in entzündete Katzenaugen gedrückt. Die Pinzette macht lästigen Zecken den Garaus. Fieberthermometer und Wundspray stecken in der linken Kofferecke. Und was zieht Conny Sander da aus der großen Schachtel heraus? „Einmalhandschuhe. Ohne die fasse ich kein fremdes Tier an“, erklärt die Expertin.
Ein Herz für Tiere
Conny Sander hat ein Herz für Tiere. Für die Igelhilfe und auf der Schildkrötenauffangstation von Barbara Klobusch ist sie schon seit vielen Jahren ehrenamtlich im Einsatz. Doch schnurrende Samtpfoten haben es ihr besonders angetan. So wie ihre beiden Haustiger: „Gismo stammt von einem Bauernhof“, sagt sie und streichelt der zwölfjährigen Katze liebevoll das rote Fell. Den dunklen Balou hat sie vom Marler Katzen-Gnadenhof. Mit seinen jungen zwei Jahren ist er sehr munter und verspielt. Die Miezen scheinen sich bei Familie Sander pudelwohl zu fühlen. Aber was ist mit den vielen Streunern, die durch das Stadtgebiet streifen und sich unkontrolliert vermehren?

„Schul- und Spielstunde" mit ihren eigenen Katzen: Gismo (12) und Balou (2) fühlen sich bei Conny Sander und deren Familie pudelwohl. © Anke Klapsing-Reich
„Katzen bringen im ersten Jahr nach rund 60 Tagen Tragzeit drei Würfe - also rund zwölf Junge - zur Welt. Wenn davon die Hälfte weiblich ist, streunen drei Jahre später mehr als 1000 Katzenkinder durch die Gegend“, rechnet Conny Sander hoch. Und dann die ständige Suche nach Futter und Schlafplätzen, Krankheiten, die unbehandelt bleiben, eisige Kälte, liebestolle Kater und bedrohliche Jägerflinten - ein Streunerleben ist nicht wirklich lustig.
Conny Sanders Meinung dazu: „Die Streuner einfangen, kastrieren.“ Die Kitten - so nennt man die Kleinen - werden im Tierheim geimpft, gechipt und kastriert. Nach einer Quarantänezeit kommen sie dann in die Vermittlung. Das kastrierte Muttertier, das sich vielleicht nicht mehr an eine Familie gewöhnen will, kann dann wieder in ihr altes Revier ausgewildert werden. Ein Konzept, das nicht alle Tierschützer teilen, aber das lässt die Stadtsfelderin nicht wanken.
Nach Halterner Vorbild
Dann hörte sie im vergangenen Jahr von dem bereits etablierten Streunerkatzen-Projekt in Haltern und der Stein kam ins Rollen: „Ist das nicht auch was für Dorsten?“, regte die Halterner Initiatorin Tina Franzgrotte an. „Ich habe hin und her überlegt“, gesteht Conny Sander. Schließlich bedeute diese Aufgabe ein hohes Maß an ehrenamtlichem Einsatz. Außerdem sei sie zudem auf Spenden angewiesen: „Kastration und tierärztliche Versorgung kosten Geld. Das kann ich ja nicht alleine stemmen.“
Doch ihre Überzeugung besiegte die Zweifel und so rief Conny Sander am 1. April 2019 offiziell das Streunerkatzen-Projekt Dorsten ins Leben. Die Facebook-Seite ist online. „T-Shirts und Spendendosen mit einem Katzenkopf als Logo hat mein Mann gespendet“, freut sich Conny Sander über familiäre Mithilfe. In enger Zusammenarbeit mit dem Dorstener Tierheim, dem Gnadenhof in Marl und auch auf private Anfragen und Hinweise macht sich die Dorstenerin auf den Weg.

So sieht die Fangbox aus, mit der Conny Sander streunende Katzen einfängt. © privat
„Anfangs habe ich mir die Fangboxen vom Tierheim ausgeliehen, aber jetzt habe ich mir zwei eigene angeschafft.“ Die Metallgitterboxen platziert sie nach einer Ortsbegehung an den Plätzen, wo sich Streuner herumtreiben. Um an das Futter im Napf zu kommen, müssen die Vierpfoter über einen Tritt laufen, der einen Mechanismus auslöst und die vordere Boxklappe schließt. Doch bevor Conny Sander den Mechanismus aktiviert, wertet sie erst die Fotos ihrer Wildtierkamera aus, die die Box beobachtet. Denn manchmal ist es auch ein Freiläufer, ein Marder oder Igel, die sich das ausgelegte Leckerchen schnappen.
„Ich muss erst wissen, ob es sich bei dem Besucher wirklich um eine streunende oder ausgebüxte und gesuchte Katze handelt und um welche Uhrzeit sie auftaucht, damit ich sie anschließend zeitnah aus der Box befreien kann“, erklärt die Fachfrau. Hat sich der Streuner an die Box gewöhnt, wird zum finalen Fangvorgang das Gourmet-Mahl serviert: „Brekkies raus und Thunfisch rein. Der duftet und schmeckt“, sagt die Katzenfängerin.
Helfer und Spenden gesucht
Mit viel Geduld und Einsatz hat Conny Sander schon manchen Streuner eingefangen. Dass auch Bürgermeister Tobias Stockhoff ihr Projekt unterstützt, freut sie sehr: „Im Juni hat er mich zu einem Gespräch eingeladen, damit ich ihm und dem Ordnungsamt die Aktion im einzelnen vorstellen kann.“ Aktuell sucht sie nach Mitstreiterinnen, die ihr bei den Kontrollgängen helfen: „Sie müssten katzenerfahren sein und ein Auto haben“, sagt die Dorstenerin, die weiß: „Jede Katze kann ich nicht glücklich machen, aber jede einzelne mehr, ist auch schon ein Gewinn!“
In Dorsten aufgewachsen, in Trier studiert, im Dortmunder Pressehaus „Reportage und Reise“ gemacht und 1999 zurückgekehrt. Seitdem begrüße ich die Leser gerne mit „Guten Morgen“-Glossen“ und anderen Geschichten aus dem Kultur- und prallen Alltagsleben.
