Henrik Kuhlmann fährt gerade Mist. Viel Mist. Sein landwirtschaftlicher Betrieb in Altendorf-Ulfkotte umfasst fast 50 Hektar Ackerfläche und liegt auf beiden Seiten des Rapphoff Mühlenbachs. Eine Brücke über den Bach sorgt für kurze Wege. Jetzt wird sie für ein Jahr gesperrt.
Sieben Kilometer Umweg muss er ab sofort für eine bisher 700 Meter lange Strecke in Kauf nehmen. Das kostet Zeit und Geld. „Wenn ich, wie in diesen Tagen, Mist fahre, mache ich bestimmt zehn Fuhren am Tag“, berichtet der Landwirt. Sieben Kilometer hin, sieben zurück, mal zehn: Der Umweg kostet ihn rund 140 Kilometer am Tag.
Das sei eine Katastrophe, sagt auch sein Vater Heinrich Kuhlmann. Dass der Lippeverband mit den Umbauarbeiten am Rapphofs Mühlenbach eigentlich Bergschäden beseitige, bedeute nicht, dass das Familienunternehmen für die Kosten und Erschwernisse während der Bauzeit aus dieser Kasse entschädigt werde.
Die Landwirte ärgert besonders, dass eine vorhandene Brücke, die ihnen in der Übergangszeit kurze Wege ermöglicht hätte, falls der private Grundstückseigentümer dem zugestimmt hätte, entgegen früheren Absprachen mit dem Lippeverband verfrüht abgerissen worden sei.

Diese Brücke auf dem Gelände eines Hofes hätte sich auch Hendrik Berendson für die Schulkinder der kleinen Siedlung gewünscht. Er ist davon überzeugt, dass die Kinder auf dem Weg zum Schulbus diese auf privatem Grund gelegene Brücke hätten benutzen dürfen. „Aber sie wurde schon abgerissen, und jetzt sind unsere Kinder zu einem unzumutbaren Umweg gezwungen.“
Der führt die jungen Radler und Fußgänger entweder weit durch den Wald oder über die Buerer Straße, wo Autos 70 km/h fahren dürfen und es keinen Rad- oder Fußweg gibt. Der Schulbus sammelt die Kinder bereits früh um 7 Uhr ein. Berendson: „Wir können die Kinder doch nicht im Dunkeln diesen Weg fahren lassen.“ Also bleibe nur das Eltern-Taxi, wenn man es denn einrichten könne, die Kinder womöglich mehrmals täglich herumzukutschieren. „Sammelfahrten“ seien schwer zu organisieren, weil unterschiedlich alte Kinder auf verschiedene Schulen gehen.
Sicherheitsrisiko für Kinder
Die Eltern hätten sich wenigstens eine Behelfsbrücke für Fußgänger am Polsumer Weg gewünscht, Landwirtsfamilie Kuhlmann irgendeine geschotterte Überfahrt über das durch Rohre gesicherte Bachbett. Mit ihren Vorschlägen hätten sie beim Lippeverband auf Granit gebissen, erklären Kuhlmann und Berendson unisono. Jetzt seien sie nicht einmal über den Baubeginn informiert worden, berichten sie verärgert. „Wir haben‘s aus der Zeitung erfahren.“
Die Emschergenossenschaft verweist auf Nachfrage auf umfangreiche Abstimmungsgespräche zwischen dem Lippeverband, der RAG und der Stadt Dorsten. Verschiedene Möglichkeiten seien intensiv geprüft und diskutiert worden, unter anderem auch die Möglichkeit einer Behelfsbrücke. Doch die möglichen Alternativen hätten sich als mit technisch und ökonomisch vertretbarem Aufwand nicht durchführbar erwiesen.
Eine Sprecherin erklärte am Dienstag: „Eine mögliche Behelfsbrücke hätte aufgrund der intensiven Bautätigkeit weit außerhalb dieses Bereichs errichtet und die Zuwegungen dorthin weiträumig über die umliegenden landwirtschaftlichen Flächen (allesamt Privatflächen) geführt werden müssen. Die Umleitung führt nun über die Umgehungsstraße Altendorfer Straße (L601) und beträgt mit dem Auto nur wenige Minuten.“ Die Brücke am Grümer Hof sei nicht als öffentliche Umleitungsstrecke geeignet gewesen, weil sie über ein Privatgrundstück führe.
Am Dienstag haben die Bauarbeiter Hendrik Kuhlmann und seinen Mist noch durchfahren lassen. „Wenn endgültig gesperrt wird, ist das ein Jahr lang ganz großer Mist“, sagt der Jungbauer mit Blick auf eins seiner Maisfelder.
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