
© Claudia Engel
Biogas von regionalen Bauern: „Wir liefern Gas und Strom aus Viehmist“
Autarkes Wohnen
Weithin sichtbar ist die Biogas-Anlage von Bauer Matthias Krampe. Sein Kraftwerk ist eine gut funktionierende Recyclinganlage. Aus Viehmist wird Strom, Gas und Düngemittel. Alles ist bio.
Matthias Krampe betreibt seit 2009 eine Biogas-Anlage auf einem Hof in der Region. Zunächst hat er die Anlage mit nachwachsenden Rohstoffen in Gang gehalten. „Ursprünglich lief sie auf Maisbasis. Davon bin ich aber abgerückt“, so Krampe. Zwar habe Mais einen sehr hohen Energiegehalt. Er hält es aber wegen der weltweit herrschenden Lebensmittelknappheit nicht für vertretbar, Getreide für seine Biogasanlage anzubauen und zu vergären. Außerdem: „Das wird gesellschaftlich nicht akzeptiert, auch die Politik ist davon abgerückt.“

Der Umwelt- und Planungsausschuss sah sich 2011 auf dem Hof Krampe um und informierte sich unter anderem über die Biogasanlage. © Claudia Engel (A)
Stattdessen sattelte Mattias Krampe auf Mist um. Den liefern 120 Milchkühe von seinem Hof und von 16 weiteren kooperierenden Biohöfen in Dorsten und Umgebung. Da kommt was zusammen, um in seiner Ökogasanlage verwertet zu werden. „Wir planen daher eine größere Lagermöglichkeit für die Mistanlieferungen“, sagt Krampe. Damit sei die Kapazität und elektrische Leistung dann aber ausgeschöpft.
Matthias Krampe füttert seine Biogas-Anlage zurzeit mit mehr als 75 Prozent Viehmist. Auch die Gülle kommt in die Anlage. „Mist und Gülle vergären unter dem Ausschluss von Sauerstoff.“ Deshalb stinken Biogasanlagen auch nicht, wie vielfach irrtümlich angenommen wird. Es ist meistens die Lagerung der Einsatzstoffe. „Wenn es eine Undichtigkeit gäbe, wäre das ganz schlecht“, sagt der Bauer. Denn das beim Vergärungsprozess entstandene Methan ist zunächst einmal ein umweltschädliches Treibhausgas. Bei dem anaeroben Prozess in der Biogasanlage, so nennt man das Verfahren unter Ausschluss von Sauerstoff, entsteht es. Nach weiterer Verarbeitung im geschlossenen Kreislauf der Biogasanlage wird dieses Gas in zwei Blockheizkraftwerken (BHKW) auf dem Hof verstromt.
Die Kuppel weist auf eine Biogas-Anlage hin
Die runde Kuppel der Biomasseanlage ist deshalb weithin sichtbares Zeichen dafür, dass sich auf dem Hof Krampe ein Kraftwerk befindet. Nur, dass es keine qualmenden Schlote, wie Kohlekraftwerke, hat. Die Bioqualität des Gases wird von Branchenkennern gelobt: „Gülle und Mist schneiden bei der Verwertung zu Biomethan im Vergleich zu einer alternativen Kompostierung am besten ab und führen im Ergebnis zu deutlichen Reduktionen der Treibhausgas-Emissionen“, schreibt etwa ein Gasforum und hebt die Erzeugung von Biomethan durch Gülle und Mist als „Schlüsseltechnologie“ hervor. Das liege auch daran, dass es sich bei ihnen um Reststoffe handelt und die Treibhausgas-Emissionen, die während der Produktion entstehen, nicht in die Bilanz mit eingerechnet werden. Und die Biogasanlage produziert sogar noch mehr aus dem Viehmist: Das gewonnene Gärsubstrat wird als hochwertiges Düngemittel wieder auf die Felder aufgebracht. So schließt sich der Kreislauf.
Die Agravis berichtet indes, dass es bundesweit etwa 9.400 Biogasanlagen gibt und sich die Zahl nur im geringen Ausmaß erhöhe. Das hat viel damit zu tun, dass eine Erweiterung oder ein Neubau politisch nicht gewollt waren. Werden aber in Bestandsanlagen die Technologien und Inputstoffe optimiert, so wie es auf dem Hof Krampe bereits geschehen ist, dann sind sie ein Zugewinn unter den alternativen Energieproduzenten.

Reststoffe verwandelt der Hof Krampe in Biogas und -strom. Die Energie wird ins öffentliche Netz eingespeist. © Claudia Engel
Das Umweltbundesamt würde es begrüßen, wenn weitere Anlagen auf Basis der Mist- und Gülleverwertung betrieben würden. Es hat eine Studie in Auftrag gegeben und kommt zu dem Ergebnis, dass „bei der Güllenutzung für Biogas eine Verdopplung auf circa 60 Prozent der anfallenden Gülle möglich ist. Bei der Vergärung von Bioabfall wird eine Steigerung auf mehr als das Doppelte als realistisch angesehen, wenn auch die getrennte Erfassung von Bioabfall gesteigert wird.“ Für einen Betreiber heißt eine solche Anlage erst einmal, kräftig zu investieren. Die Investitionen rechnen sich nur über planbare gesicherte Verkaufspreise des Biomethan oder der Stromerlöse.
Da Matthias Krampes Anlage technisch auf dem neuesten Stand ist, kann er die im Vergleich zu Mais geringere Energie des Tiermists wegen der hohen Mengen gut in Biogas und -strom auf seinem Hof umwandeln. Ziel von Matthias Krampe ist es, im nächsten Jahr die Biomasseanlage zu hundert Prozent mit Reststoffen zu betreiben. Umbauten dafür sind zurzeit auf dem Hof Krampe in Dorsten-Rhade geplant. Dass mehr Menge an Mist und die Gülle eingesetzt werden müssen, ist dem geringeren Energiegehalt der tierischen Ausscheidungen gegenüber Mais geschuldet. „2,3 Tonnen Mist ersetzen bei uns eine Tonne Mais“, veranschaulicht Matthias Krampe.
Durch das Biogas erzeugt der Hof Krampe den Biostrom und speist diesen ins öffentliche Stromnetz ein. Der Eigenverbrauch zum Anlagenbetrieb wird von den hofeigenen Photovoltaikanlagen erzeugt. Biogas und Sonnenstrom werden ergänzt durch Warmwasser, das in Fernleitungen gespeist wird. Über ein Blockheizkraft werden durch das Biogas Verbrennungsmotoren (BHKW) in einem separaten Bau angetrieben. Die Abwärme der Motoren wird für die Erwärmung von Wasser genutzt und dieses in die Leitungen des Fernwärmenetzes gespeist. Die Grundschule mit kleiner Turnhalle, Altenheime und mehrere Immobilien sowie der landwirtschaftliche Betrieb werden somit mit nachhaltiger Wärme versorgt. „Damit können jährlich etwa 80.000 bis 100.000 Liter Heizöl ersetzt werden.“

Der Biodünger ist ein neues Produkt vom Hof Krampe. © Claudia Engel
Mehr als 700 Haushalte kann der Rhader Hof zudem mit Strom beliefern. Krampe erzeugt den Strom bedarfsgerecht nach aktuellem Verbrauch im Stromnetz. Dieses wird durch Sonneneinflüsse, Wind und Verbrauchsverhalten minütlich angepasst. Hierbei werden meist tagsüber die Stromspitzen höher abgefahren und nachts ist die Anlage abgeschaltet. Das entstehende Gas wird dann verlustfrei gespeichert und steht auf Abruf bereit.
Der Hof Krampe in Dorsten-Rhade ist damit ein gutes Beispiel, wie man mit einer Biogasanlage umweltfreundlich Gas und Strom produzieren kann. „Biogas ist keine Lösung für alle, aber eine Nische“, meint Matthias Krampe. Und ein alternativer Weg, die Versorgungssicherheit unabhängig vom politischen Weltgeschehen zu gewährleisten.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
