Diese Augen strahlen in gewisser Weise Zuversicht aus. Auch wenn der Mann auf dem Foto ernst guckt: Er hat eine Tiefe in seinem Blick, eine Vision, für die man sicher auch ihm bis heute dankbar sein kann: Norbert Kronisch ist im Oktober im Alter von 73 Jahren gestorben. In Castrop-Rauxel war der Emsländer in den 90er-Jahren Verwaltungsdirektor des Westfälischen Landestheaters, das die Theaterbühnen in Städten ohne feste Theater in ganz Westfalen mit seinem Programm bespielt. Am 1. Oktober 1997 wurde Kronisch vom bis heute amtierenden Direktor Günter Wohlfarth abgelöst.
„Unser Mitgefühl gilt seiner Familie“, schreibt das WLT jetzt in einer Mitteilung zum Tode vom 16. Oktober. Kronisch, geboren am 1.5.1950, übernahm 1989 die Verantwortung als Verwaltungs-Chef und prägte das Theater in dieser Funktion an der Seite der Intendanten Herbert Hauck und ab 1996 Harald F. Petermichl entscheidend mit.
Im Team mit den künstlerischen Leitern fielen in Kronischs Amtszeit erfolgreiche Inszenierungen wie Brechts/Weills „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“, Frischs „Andorra“, Hauptmanns „Die Weber“, Brechts „Leben des Galilei“, Horvaths „Italienische Nacht“, Mnouchkines „Mephisto“, Manns „Der Untertan“ und Shakespeares „Othello“.
Prägend aber war vor allem die Entwicklung des Kinder- und Jugendtheaters in dieser Phase: Er war maßgeblich beteiligt daran, sie zu einer anerkannten und erfolgreichen Sparte des WLT auszubauen. Bis heute sind die Kinderstücke für viele ganz junge Menschen in Castrop-Rauxel und Westfalen ein Ankerpunkt, an dem sie mit anspruchsvoller Kultur und qualitativ hochwertigem Theaterspiel in Verbindung kommen. Das Landestheater kommt in Einrichtungen und Schulen, hat aber auch immer wieder ganze Schulklassen zu Gast auf seinen Stamm-Bühnen in Castrop-Rauxel.
Kämpfe um die Finanzierung
Das war einer der vielen Kämpfe, die der Verwaltungsdirektor auszutragen hatte: Immer wieder ging es um die Frage der Finanzierung, die kniffelig war, obwohl die Sparte aus Castrop-Rauxel ein Vorzeigeprojekt für deutsches Kinder- und Jugendtheater war.
Auch ein Wunschtraum wurde damals geboren: Man arbeitete erstmals an dem Plan, eine eigene Spielstätte im oder am Zentrum von Castrop-Rauxel mit Proberaum, Werkstätten, Veranstaltungsräumen und einer kleinen, gemütlichen Theaterkneipe für Schauspieler und Publikum zu errichten. Einem Ort, an dem auch, aber nicht nur das WLT Theater macht.
Die Spielstätte ist weiterhin die Stadthallte und die Studiobühne. Auch weitere Einrichtungen sind in den Hallen der Forum GmbH am Europaplatz bis heute zu Hause. Aber in der direkten Nachbarschaft entstand ab 2017 für knapp 2 Millionen Euro ein Logistik- und Probenzentrum auf einer sanierten Altlasten-Fläche. Kronisch wechselte Ende der 90er-Jahre als Verwaltungsdirektor zum Theater Osnabrück.
Kinderbuchautor Helme Heine im Interview: „Freundschaft ist noch viel zeitloser als die Liebe“
Wie wird aus einem Krimi mit Bjarne Mädel ein Theaterstück?: Interview vor Premiere in Castrop-Rauxe
Irre Kosten für marode Stadt- und Europahalle: Castrop-Rauxel hofft auf Millionen vom Bund