
© Volker Engel
Wahlabend 2014 endete in Castrop-Rauxel für Rot-Grün mit einem Schock
Kommunalwahl
Am Sonntag stehen in Castrop-Rauxel die Kommunalwahlen an. Mal schauen, ob sie ebenso spannend werden wie die Wahlen vor sechs Jahren, als das Ergebnis erst nach Mitternacht feststand.
Der Abend der Kommunalwahl im Jahr 2014 dürfte vielen Protagonisten als einer der spannendsten Wahlabende der Castrop-Rauxeler Kommunalpolitik in Erinnerung geblieben sein. Die Ruhr Nachrichten erschienen am Montagmorgen mit der Schlagzeile „Wohl weiter mit Rot-Grün“, aber ohne amtliches Endergebnis. Am Dienstag dann hieß die Schlagzeile ganz anders: „Wahl-Krimi mit Schock für Rot-Grün“.
Denn tatsächlich hatte sich am Sonntagabend ein Wahl-Krimi bis weit nach Mitternacht abgespielt. Rot-Grün verlor noch die knappe Mehrheit, die sich zum Redaktionsschluss um 23 Uhr eigentlich abgezeichnet hatte.
Gut 7000 Stimmen der Briefwähler veränderten sehr spät das vermeintliche Wahlergebnis. Nur stockend wurden diese Stimmen damals im Rathaus ausgezählt. Fast zwei Stunden lang ließen die Ergebnisse für 14 Briefwahlbezirke auf sich warten.
Es reichte nicht für eine rot-grüne Mehrheit
Erst um 0.23 Uhr stellte SPD-Spitzenkandidat Rajko Kravanja vor dem noch im Agora-Kulturzentrum ausharrenden „harten Kern“ der Castrop-Rauxeler Sozialdemokratie fest: „Es reicht nicht, wir haben nach Berechnung der Überhangmandate keine rot-grüne Mehrheit.“
Was war passiert? Die SPD hatte zwar 20 von 23 Direktmandaten gewonnen, ihr Stimmenanteil sank aber auf den historischen Tiefstand von 40,1 Prozent. Selbst 1999, als die CDU mit ihrem Bürgermeisterkandidaten Nils Kruse die Kommunalwahl gewonnen hatte, hatte die SPD mit 40,7 Prozent einen etwas höheren Stimmenanteil verbucht.
Die Folge dieses Ausgangs: Die SPD hatte im Jahr 2014 plötzlich mehr Direktmandate, als ihr nach dem Wahlergebnis Sitze im neuen Rat zustanden.
Zu Beginn des Abends hatte sich die SPD noch siegesgewiss gegeben. Bürgermeister Johannes Beisenherz: „Das hatte ich so erwartet. Es gab keine Wechselstimmung.“ Und Fraktionschef Daniel Molloisch befand: „20 Direktmandate für die SPD sprechen eine deutliche Sprache. Es wurde die Gesamtpolitik vor Ort beurteilt – und bestätigt.“
Das Warten auf die Sitzverteilung durch die neu hinzu zu rechnenden Überhangmandate wurde für Kravanja & Co. dann aber zu zu einer Zitterpartie. Bis 23 Uhr am Wahlabend hatte im Ratssaal niemand die SPD-Überhangmandate auf dem Zettel gehabt. Nun war klar: Wenn die SPD mehr Sitze bekommt, als ihr nach dem Wahlergebnis zustehen, bekommen die anderen Parteien Ausgleichsmandate - damit im Rat eine Sitzverteilung erreicht wird, die die Stimmenanteile widerspiegelt.
Rat musste auf 50 Sitze aufgestockt werden
Der Castrop-Rauxeler Rat musste danach im Jahr 2014 von 46 auf 50 Sitze aufgestockt werden. SPD und Grüne bekamen davon 24, die anderen Parteien 26. Da nutzte dem damaligen Rot-Grün-Bündnis auch die zusätzliche Stimme des Bürgermeisters nichts. Man brauchte ein neues Mehrheitsbündnis.
„Rajko Kravanja hat sich schon gemeldet. Es werden Gespräche geführt, aber das Ende ist offen“, sagte der damalige, inzwischen verstorbene Linken-Fraktionschef Ingo Boxhammer von den Linken am Tag nach der Wahl unserer Redaktion.
Und Kravanja selbst erklärte: „Gemeinsam mit den Grünen habe ich alle kleinen, demokratischen Parteien angerufen.“ Ziel sei es, eine stabile Mehrheit auf die Beine zu stellen. Dafür mache die SPD auch der CDU ein Angebot zu Sondierungsgesprächen. Eine Große Koalition wurde damals nicht ausgeschlossen.
Es kam anders, nach den Verhandlungen und Gesprächen entstand seinerzeit die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und der FDP, die die Geschicke der Stadt dann bestimmte. Diese Koalition zerbrach am Streit um das Baugebiet Alter Garten in Henrichenburg im Jahr 2018. Seitdem wird in Castrop-Rauxel mit wechselnden Mehrheiten Politik gemacht.
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
