Tod durch Einsamkeit: Pflegedienst-Betreiberin appelliert unter Tränen an die Angehörigen
Pflegedienst
Martina Rosenberger ist tief betroffen. Sie und ihr gesamtes Pflegepersonal stoßen in Kampf gegen das Coronavirus an ihre Grenzen. Unter Tränen ruft sie die Angehörigen auf: „Kümmert euch!“

Martina Rosenberger und ihr Pflegeteam stoßen derzeit an ihre Grenzen. © Matthias Stachelhaus
Martina Rosenberger betreibt das Pflegenetz Martina Rosenberger. Was sie in den vergangenen Tagen und Wochen erlebt hat, zerrt an ihren Kräften, sagt sie. Dass sie nun wegen der Coronakrise auch noch die Tagespflege einstellen musste, trifft sie aber besonders.
Einstellen der Tagespflege bedeutet Einsamkeit
Tagespflege ist ein Angebot für Menschen mit körperlicher oder geistiger Einschränkung, die noch in den eigenen vier Wänden leben können, aber bei alltäglichen Aufgaben Unterstützung brauchen. Anders als bei ambulanter Pflege kommt das Pflegepersonal nicht nach Hause.
Tagespflege findet in extra Räumlichkeiten in kleinen Gruppen statt. Den Menschen wird so die Möglichkeit gegeben, am sozialen Leben teilzunehmen. Das fördert die Kommunikation sowie die geistige und körperliche Stabilität. Das Betreuungsprogramm kann ganz unterschiedlich aussehen: Gymnastik, Backen, kulturelle Ausflügen - alles ist dabei.
Der Pflegedienst von Martina Rosenberger bietet eine Tagespflege an. Normalerweise. Doch in diesen Coronavirus-Zeiten musste sie sie jetzt einstellen.
„Die Stimmung bei uns ist gedrückt. Wir geben unser Bestes, aber wir kommen immer wieder an unsere Grenzen“, erklärt die Geschäftsführerin im Gespräch mit unserer Redaktion. Für viele alte und krank Menschen sei die Tagespflege die einzige Möglichkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. „Es gibt schon Todesfälle durch Vereinsamung“, erklärt sie, und ist dabei tief betroffen.
Rosenberger: „Kümmert euch!“
Martina Rosenberger appelliert: „Kümmert euch! Ruft eure Eltern, Großeltern oder die Leute an, die niemanden mehr haben! Diese Menschen dürfen nicht vergessen werden.“ Angehörige seien jetzt dazu aufgerufen, die digitalen Medien zu nutzen, damit pflegebedürftige Menschen nicht vereinsamen, sondern ihnen noch ein Stück Lebensqualität geschenkt werde.
„Nur einen Tag, nachdem die Tagespflege eingestellt wurde, hatten wir unseren ersten Todesfall. Das ist einfach ein ganz schwerer Tag für uns alle und es trifft mich tief“, sagt Rosenberger. „Die Leute müssen sich jetzt noch mehr um ihre älteren Angehörigen kümmern. Das brauchen wir jetzt.“
Hinweis der Redaktion: Das Pflegenetz Martina Rosenberger arbeitet nicht mit dem Pflegedienst Susanne Rosenberger zusammen. Dieser Eindruck könnte entstanden sein. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Anbieter in Castrop-Rauxel.
So ist der Stand beim Pflegedienst Susanne Rosenberger
- Wie ist die aktuelle Situation beim Pflegedienst S. Rosenberger und im Tagespflegezentrum am Nordbad?
Unser Tagespflegezentrum wurde vorerst bis zum 19.04.20 von den Behörden geschlossen. Sobald wir wieder öffnen dürfen, werden wir alle unsere Gäste kontaktieren. Aber und das ist die gute Nachricht: Im Bereich der ambulanten Pflege können wir immer noch nach Hause zu den Patienten fahren und diese versorgen. - Werden nur noch Schwerstpflegebedürftige gepflegt oder auch noch ganz normal Besuche gemacht, bei denen es beispielsweise um Hilfe im Haushalt geht?
Wir können und werden alle Pflegeeinsätze, die bislang bei unseren Patienten geplant wurden, auch weiterhin durchführen, es sei denn, ein Patient ist tatsächlich und nachweisbar an Corona erkrankt. - Wie sieht es denn mit Pflegehilfsmitteln aus?
Schutzausrüstung, insbesondere Schutzmasken oder Handschuhe sind derzeit schwer zu bekommen, da die Lieferanten selbst Lieferengpässe beklagen. - Wie könnt ihr weitermachen, wenn es damit eng wird?
Wir versuchen weiterhin Schutzkleidung zu bekommen, da es zum Schutz der Mitarbeiter und Patienten in der derzeitigen Lage unumgänglich und notwendig und somit unverzichtbar ist. Die Preise dafür sind allerdings stark steigend. - Nehmt ihr derzeit weitere zu Pflegende an?
Ja. Bei allen Patienten, die wir seit Mitte März neu aufgenommen haben, gelten allerdings besondere Schutzmaßnahmen. - Was ratet ihr den älteren Semestern?
Bleibt zu Hause und telefoniert lieber mit Bekannten und Freunden. Inzwischen gibt es viele Initiativen, die einem bei den Einkäufen helfen können. Aber auch unsere Mitarbeiter können Einkäufe und Botengänge erledigen.