
Am Wochenende waren Steampunker beim Jubilee am Schiffshebewerk Henrichenburg unterwegs. © Lydia Heuser
Steampunk Jubilee 2022 am Schiffshebewerk: „Wir sind alle ein bisschen verrückt“
LWL-Industriemuseum
Am Schiffshebewerk Henrichenburg steht am Wochenende alles unter dem Zeichen des Retro-Futurismus. Was das bedeutet, und was die Szene der Steampunker ausmacht, haben Festival-Besucher verraten.
Wir schreiben das Jahr 1899, das Schiffshebewerk Henrichenburg wird eingeweiht und niemand geringes als der Kaiser höchstselbst kommt, um der Inbetriebnahme des Bauwerks am Dortmund-Ems-Kanal beizuwohnen. Die Zukunftsvisionen dieser Zeit haben Jules Verne und H. G. Wells in ihren Romanen niedergeschrieben.
Heute nennt man diese historischen Zukunftsvorstellungen der Vorreiter von Science-Fiction Retro-Futurismus. Und Menschen, die diese Fantasiewelt auferstehen lassen, Steampunker. Eine Szene, die sich in den 1980er-Jahren entwickelt hat und sich am Wochenende (13. und 14. August 2022) in passender Location am Schiffshebewerk Henrichenburg zum Steampunk Jubilee trifft.
Von Drachenfamilien und fleischfressenden Pflanzen
Familie Magnus Dragonis ist mit ihrer Drachenfamilie und der eigens entwickelten Zeitmaschine auf dem Gelände des LWL-Industriemuseums unterwegs. Im normalen Leben wohnen sie in Gladbeck, im Jahr 2022. Doch Jacqueline und Jens-Uwe Magnus und ihre Kinder reisen auch schon mal in die Vergangenheit. Von einer dieser Reisen haben sie ihre Drachen mitgebracht, die sie im Zeitreisekinderwagen umherschieben. Die großen, ausgewachsenen Tiere haben sich um sie geschmiegt.
Steampunk am Schiffshebewerk
Theodor von Lefcuié hat in einem Zelt ihre Pflanzen ausgestellt, die sie von ihren Zeitreisen aus aller Welt mitgebracht hat. „Ich habe eine Sondergenehmigung“, sagt sie. Denn eigentlich ist es verboten, Dinge mitzunehmen. Aber da die gelernte Floristin die fleischfressenden Pflanzen pflegt, sie nimmt nur verletzte und unterversorgte Pflanzen mit, und sie hinterher wieder zurückbringt, darf sie die Pflanzen mitnehmen.
„Wir sind alle ein bisschen verrückt. Wir haben viel Spaß daran“, sagt sie. „Das ist unser Hobby.“

Familie Flux aus Wanne-Eickel besucht am Wochenende das Steampunk Jubilee. © Lydia Heuser
Zeitreisen und Gewandungen
Ihr Begleiter, Jefferson Harvey Crawford, ist Tüftler durch und durch. Draußen vor dem Zelt steht seine Zeitmaschine, die tatsächlich fahrbereit ist und überall blinkt und rattert.

Theodor von Lefcuié hat eine Baby-Alraune dabei, die ungeduldig in ihrem Käfig jammert. © Lydia Heuser
Am Sonntag können Besucher zwischen 10 und 18 Uhr über das Gelände flanieren und sich die besonderen Gewandungen der Steampunker anschauen.

Theodor von Lefcuié aus Papenburg ist im wahren Leben Floristin. Von ihren Zeitreisen bringt sie fleischfressende Pflanzen mit. © Lydia Heuser
Besonders wichtig ist den Steampunker, dass sie für ihre Erfindungen alte, gebrauchte Sachen nutzen. Auf Trödelmärkten findet Kathariene Matejka ihre Utensilien: alte Schlüssel, Zahnräder, Muscheln. Daraus gestaltet sie Schmuck, den sie auf dem Festival verkauft.
Sie ist extra aus Bayreuth angereist. „Für Steampunker ist das Ruhrgebiet der Mittelpunkt der Szene“, sagt sie. Aber ein bisschen enttäuscht sei sie schon. Es sei viel weniger los als üblich. Vermutlich die Sonne. Das glauben viele der Gäste und Schausteller.
Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
