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Wahlprogramm: SPD Castrop-Rauxel setzt auch auf originäre CDU-Themen
Kommunalwahl
Jetzt hat auch die SPD Castrop-Rauxel ihr Kommunalwahlprogramm verabschiedet. Darin geht es viel um die Familie, aber auch um die Themen Sauberkeit und Sicherheit. Und es enthält Sprengkraft.
Vergleicht man allein den Umfang der Wahlprogramme von CDU und SPD, hat die CDU klar gewonnen. Gut 14.000 Worte lang ist das Kommunalwahlprogramm der CDU unter dem Motto „Castrop-Rauxel wird vor Ort gemacht!“, auf nur knapp 7500 Worte bringt es das der Redaktion in einer Rohform vorliegende Programm der SPD unter der Überschrift „ZusammenLeben“.
Nun ist Länge bekanntlich kein Wert an sich, ist sicherlich noch keine Wahl allein durch ein Wahlprogramm entschieden worden. Nachdem wir uns aber bereits intensiv mit dem Programm der Christdemokraten befasst hatten, wollten wir uns auch den Vorhaben, Zielen und Versprechungen der Castrop-Rauxeler Sozialdemokraten genauer widmen.
Keine wirklichen Überraschungen
Dabei kam es, um das als Erkenntnisse vorweg zu nehmen, erstens zu keinen großen Überraschungen und zweitens zu keinen diametral entgegengesetzten Zielen im Vergleich von CDU- und SPD-Programmatik.
Die SPD setzt ähnlich wie die CDU natürlich auf einen ganzheitlichen Ansatz. Eine potenzielle „Regierungspartei“ darf selbstverständlich in ihrem Programm keinen der rund 75.000 Bürger respektive der rund 62.000 Wahlberechtigten gänzlich außen vor lassen.
Und so finden sich im SPD-Programm Aussagen zu den Themenbereichen Soziales (Kita, Schule, Senioren, Integration), Mobilität, Wirtschaft, Stadtentwicklung und Wohnen, Sicherheit und Sauberkeit, Klima, Energie und Umwelt sowie Bürgerbeteiligung, außerdem Ziele für die einzelnen Ortsteile, um auch hier im Wahlkampf mit der CDU als Hauptwidersacher zu konkurrieren.
Die SPD setzt in ihrem Programm allerdings einen ganz klaren Schwerpunkt beim Thema Familie. Es gehe darum, Castrop-Rauxel aktuell und perspektivisch zu einem Ort zu machen, in dem Familien gut wohnen, arbeiten und leben können, so der generelle Tenor des Papiers.
Auch SPD besetzt das Sicherheits-Thema
Auf dieses Ziel werden alle Forderungen, Anregungen, Vorhaben, Versprechungen ausgerichtet. Ein Hebammenkompass müsse her, um Familien den Start ins Leben zu erleichtern. Eine Wohnraumbörse soll eingerichtet werden, um Familien die passende Wohnung finden zu lassen. Die Grünflächen sollen entwickelt werden, um Familien Raum zum Durchatmen zu geben.
Damit nicht genug: „Zu einer familienfreundlichen Stadt gehört auch ein sauberes Stadtbild und die Gewissheit, sich jederzeit in seiner Heimatstadt sicher zu fühlen“, textet die SPD wörtlich und besetzt auch damit ein Feld, auf das die CDU in ihrem Programm ein Hauptaugenmerk geworfen hat.

Müll, Scherben, abgemeldete Autos: Die SPD will sich für Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt stark machen und besetzt damit ein klassisches CDU-Thema. © Franz Niewelt
Die SPD spricht sich dabei einerseits für die Eigenverantwortung der Bürger aus, setzt aber gleichzeitig auf eine „erhöhte Präsenz des Kommunalen Ordnungsdienstes und eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit dem Bereich der städtischen Sozial- und Jugendarbeit. Darüber hinaus fordern wir die Intensivierung der Zusammenarbeit des kommunalen Ordnungsdienstes mit der Polizei.“
Und die Linie wird konsequent durchgehalten: „Grundvoraussetzung für eine familienfreundliche Stadtentwicklung ist für uns der Schutz der Umwelt, die Förderung regenerativer Energien, Maßnahmen gegen den Klimawandel im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens und Vorsorge für bereits eingetretene Klimaveränderungen“, so die Sozialdemokraten.
Ziel: „Familienfreundlichste Stadt im Ruhrgebiet“
Die Familie steht schließlich auch im Zentrum der Überlegungen der SPD in Sachen Bürgerbeteiligung, Mitbestimmung und Bürgerengagement. So soll ein Beirat für junge Menschen und Familien geschaffen werden, um den „18- bis 26-Jährigen eine Stimme zu geben, mit der sie die Stadt für die Bedürfnisse junger Menschen und Familien noch attraktiver gestalten können“, heißt es dort.
In allen Bereichen, daran lässt die SPD erwartungsgemäß nach den vergangenen 16 Jahren als Mehrheitspartei im Rat keinen Zweifel, sei man in Castrop-Rauxel schon recht gut aufgestellt. Aber man wolle noch mehr: „Unser Herz schlägt für Castrop-Rauxel, deshalb sorgen wir dafür, dass Castrop-Rauxel die familienfreundlichste Stadt im Ruhrgebiet wird.“
Ein Anspruch, an dem man die Sozialdemokraten sicherlich messen wird, wenn die Wähler ihnen im September erneut das Mandat geben werden, die Geschicke der Europastadt als größte Fraktion im Rat und mit einem Bürgermeister Rajko Kravanja an der Verwaltungsspitze zu bestimmen.
Wohnflächen und Mobilität bergen Sprengkraft
Spannend sind zwei Aussagen zu Situationen, die zuletzt in der Stadt für Verwerfungen geführt haben. So heißt es unter anderem: „Angesichts der geänderten Bedürfnisse an unseren Wohnraum werden aber auch künftig noch weitere Wohnbauentwicklungsflächen notwendig sein. Es ist unsere Aufgabe, diese Wohnbauflächen im Spannungsfeld zwischen nachhaltiger Stadtentwicklung und ökologischer Aspekte auszuweisen.“
Laut SPD ein „Spannungsfeld, dass über Jahre hinweg zu sehr konstruktiven Ergebnissen im Sinne unserer Stadt geführt hat“. Eine Aussage, bei der die Sozialdemokraten aber nicht nur von politischen Gegnern, sondern auch von vielen „normalen“ Castrop-Rauxelern angesichts der Debatten um das „Wohnen an der Emscher“ und die Ausweisung weiterer Wohnbauflächen Widerspruch erwarten dürfen.
Ebenfalls auf Gegenrede dürfte die SPD in Sachen Verkehr stoßen. „Grundsätzlich geht es der SPD Castrop-Rauxel darum, den Model Split in unserer Stadt zugunsten von Fußgängern, Fahrradfahrern und Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zu verändern.“ Damit dürfte man vielen Autofahrern auf die Füße treten.
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
